Migration: Innenminister Dobrindts Härte an der Grenze
16. Mai 2025
Kiefersfelden! Dieser Ort in Bayern hat bei vielen deutschen Urlaubern einen wohligen Klang. Von München kommend schlängelt sich hier die Autobahn nach Südosten, Richtung Alpen, hinter Kiefersfelden ist Österreich. Es locken die Berge, vielleicht sogar Italien nach der Fahrt über den Brenner. Hinter Kiefersfelden beginnen die schönsten Wochen des Jahres!
Jetzt steht der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) in Kiefersfelden und spricht darüber, dass hier, an der Grenze, ein neuer Ton herrscht. Er ist mit seinem Parteifreund, dem bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder, dem Chef der Bundespolizei, Dieter Romann, und zahlreichen Journalisten an den Grenzübergang gekommen. Es regnet an diesem Donnerstag Mitte Mai in Strömen. Seit einer Woche, so Dobrindt, wird an den deutschen Grenzen, nicht nur hier in Bayern, noch schärfer kontrolliert. Die neue Regierung hat der illegalen Zuwanderung den Kampf angesagt, im Wahlkampf schon, jetzt will sie liefern. Anders als bisher werden auch Asylbewerber an der Grenze zurückgewiesen, also nicht ins Land gelassen. Nur bei bestimmten Gruppen wie Schwangeren und Kindern wird noch ein Auge zugedrückt.
Alexander Dobrindt: "Werden diese Machenschaften unterbinden!"
Jahrelang galt: Wer es nach Deutschland geschafft hatte, auf welchen Wegen auch immer, und bekundete, dass er Asyl beantragen möchte, der durfte erstmal ins Land kommen. Das ist jetzt anders. Auf die Frage der DW, was sich jetzt konkret ändere, was das Signal der neuen Regierung sei, antwortet Dobrindt: "Ich will all denen sagen, die meinen, sie könnten Geld mit dem Leid von Menschen verdienen, indem sie durch Schleusungen versuchen, die Menschen in ein anderes Land zu bringen, dass wir alles dafür tun, diese verbrecherischen Machenschaften zu unterbinden."
Fast stolz fügt der CSU-Politiker hinzu: Seit einer Woche, also seit Amtsantritt der neuen Regierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), seien 739 Versuche, illegal ins Land zu kommen, vereitelt worden. In der Woche vorher seien es nur 511 gewesen, was eine Steigerung von 45 Prozent bedeute. Das gehe nur, sagt Dobrindt dann, weil zusätzlich 3000 Bundespolizisten zum Dienst an der Grenze abkommandiert worden seien. Vorher waren es 11.000, jetzt sind es 14.000.
Einige von ihnen stehen jetzt hinter oder neben dem Minister. Er wendet sich direkt an sie und bedankt sich für die Arbeit, oft zwölf Stunden am Tag, wie er nicht vergisst, zu erwähnen. Dobrindt weiß, dass Bundespolizei-Präsident Romann, der auch nach Kiefersfelden geeilt ist, schon seit Monaten über die Mehrbelastung seiner Mitarbeiter klagt. Denn schon die Vorgängerregierung von SPD, Grünen und FDP hatte mit stärkeren Grenzkontrollen begonnen.
Für die Arbeit der Beamten verspüre er hohen Respekt, sagt Dobrindt: "Ich würde mir wünschen, dass dieser Respekt, der heute von uns zum Ausdruck gebracht wird, auch deutlicher wieder in der Gesellschaft formuliert wird. Es sind unsere Polizistinnen und Polizisten, die dafür sorgen, dass unsere Sicherheit in Deutschland erhöht wird. Die dafür sorgen, dass wir massiv gegen kriminelle Schleuserbanden angehen."
Abrechnung mit Angela Merkels offener Asyl-Politik
Kriminelle Schleuser, illegale Migration: Immer wieder benutzt Dobrindt diese Vokabeln. Die neue Härte bei der Zuwanderung ist auch eine endgültige Abrechnung mit der Politik der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die hatte vor allem in den Jahren 2015 und 2016 viele hunderttausend Geflüchtete, aus Syrien und Afghanistan, aus vielen Staaten Afrikas, ins Land gelassen und den Satz "Wir schaffen das" geprägt.
Zwar hat auch der neue Bundeskanzler Merz in seiner Regierungserklärung Mitte dieser Woche fast beruhigend betont, Deutschland bleibe ein Einwanderungsland. Aber mit Blick auf die Polizisten formuliert Dobrindt hier in Kiefersfelden etwas kompliziert, die Beamten würden jetzt dafür sorgen, dass bei der "Kombination von Humanität und Ordnung" wieder mehr auf die Ordnung geachtet werde. Dazu würden jetzt noch mehr Drohnen eingesetzt, noch mehr Wärmebildkameras und Hubschrauber.
Donald Tusk an Friedrich Merz: "Die AfD ist Ihr Problem!"
Der heutige Bundeskanzler Merz hatte im Wahlkampf versprochen, am ersten Tag im Amt werde er eine andere Migrationspolitik anordnen. Sicher auch mit Blick auf die hohen Wahlerfolge der in Teilen rechtsextremen "Alternative für Deutschland" (AfD), die mit ihrem scharfen Nein zu jeder Form der Migration in den letzten Jahren Punkte in Deutschland gemacht hat.
Aber nicht überall in Deutschland und in Europa kommt die neue deutsche Schärfe gut an. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit vor gut einer Woche erfuhr Merz etwa bei seinem Besuch beim polnischen Minister-Präsidenten Donald Tusk in Warschau, dass der östliche Nachbar zwar auch die illegale Zuwanderung bekämpfen will, aber eher an den EU-Außengrenzen, nicht an der deutsch-polnischen Grenze. Polen werde keine Geflüchteten aus Deutschland aufnehmen, sagte Tusk direkt an Merz gewandt: "Die AfD, das ist Ihr Problem, Herr Bundeskanzler", fügte Tusk hinzu. Merz entgegnete höflich: "Wir wollen gemeinsam die europäische Einwanderungs- und Asylpolitik fortentwickeln und wir werden auch Grenzkontrollen vornehmen in einer Art und Weise, die für unsere Nachbarn verträglich ist."
Auf 100.000 Menschen pro Jahr wolle er die Zahl der Geflüchteten künftig begrenzen, hatte Merz im Wahlkampf angekündigt. Im vergangenen Jahr hatten 229.751 Menschen erstmals in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Wesentlich weniger als 2015, als rund eine Million Menschen nach Deutschland kamen. Aber immer noch fast zweieinhalb mal so viele wie Merz künftig haben möchte. Zahlen, an denen sich die neue Regierung jetzt messen lassen muss.