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Politik

Mehr Schutz für Juden in Deutschland

Friedel Taube
18. Oktober 2019

Noch immer sitzt der Schock über den Anschlag von Halle tief. Die Innenministerkonferenz hat jetzt Maßnahmen vereinbart, um Juden in Deutschland in Zukunft besser zu schützen.

Halle am Tag nach dem Anschlag
Bild: Reuters/F. Bensch

Es hätte nicht viel gefehlt, und Stephan B. hätte in Halle an der Saale ein Massaker angerichtet, wie es Deutschland in der Nachkriegszeit noch nicht erlebt hat. Mit zahlreichen Schüssen und mit selbstgebauten Sprengsätzen hatte der 27-Jährige versucht, am Jom Kippur am 9. Oktoberin die örtliche Synagoge einzudringen , um dort möglichst viele Juden zu töten. Nur die massive Holztür konnte eine noch größere Katastrophe verhindern. Stattdessen ermordete der mutmaßliche Rechtsterrorist zwei zufällig ausgewählte Passanten.

Die Polizei war zu dem Zeitpunkt noch nicht vor Ort. Und das, obwohl die polizeiliche Bewachung vor jüdischen Einrichtungen anderswo in Deutschland Standard ist, und zwar rund um die Uhr. So zum Beispiel vor der Neuen Synagoge in Berlin-Mitte. In Halle aber fehlte dieser Schutz.

Mehr Polizei vor Synagogen

Die Innenministerkonferenz, ein regelmäßig tagendes Abstimmungsgremium der Innenminister und -senatoren der Länder mit dem Bundesinnenminister als Gast, will das jetzt ändern. Bei einem Treffen im schleswig-holsteinischen Kiel verständigten sie sich am Freitag auf ein ganzes Paket von Maßnahmen. Dazu gehört ein besserer Schutz jüdischer Einrichtungen durch die Polizei und durch bauliche Vorrichtungen.

Polizeischutz vor der Neuen Synagoge in BerlinBild: Getty Images/AFP/M. Tantussi

Zudem sollen das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz besser für den Kampf gegen Rechtsextremismus ausgestattet werden. Das Paket sieht zudem konsequente Vereinsverbote vor. "Der Schutz jüdischer Einrichtungen soll in ganz Deutschland verbessert werden", so Bundesinnenminister Horst Seehofer. "Nie wieder sollen Juden in Deutschland Angst haben, das ist unsere historische Verantwortung und unsere gemeinsame Pflicht", so der CSU-Politiker weiter.

Mobile Wache vor Synagoge Halle

Konkret für Halle gibt es eine Sofortlösung: Eine mobile Polizeiwache soll künftig die Synagoge im Paulusviertel schützen. Diese Polizeiwache sei kurzfristig von der Landespolizei Niedersachsen zur Verfügung gestellt worden, meldete das sachsen-anhaltische Innenministerium am Freitag.

Unabhängig von konkreten Sicherheitsmaßnahmen sprachen die Innenminister aber auch über die Ursachenbekämpfung rechter Gewalt. Besonders das Internet bietet vielen ein Forum für Hassbotschaften. Auch der mutmaßliche Attentäter von Halle hat sich wohl im Netz radikalisiert - unbemerkt von den Behörden. Hier wollen die Innenminister in Zukunft stärker aktiv werden und Plattformen in die Pflicht nehmen, strafrechtlich relevante Inhalte zu melden. Denn Hass im Internet sei nicht selten die Vorstufe zur Gewalt, so die Minister. Außerdem wollen sie das Waffenrecht verschärfen. Seehofer machte am Freitag klar, dass "Waffen in den Händen der Extremisten nichts zu suchen haben".

Unterstützung für "Exit" geht weiter

Will das Aussteigerprogramm "Exit" auch weiter fördern: Franziska GiffeyBild: Imago Images/snapshot/F. Boillot

Auch sonst ist die Prävention rechtsextremer Taten seit dem Anschlag von Halle auf der Prioritätenliste wieder ganz nach oben gerutscht. Familienministerin Franziska Giffey hat verkündet, von der ursprünglich vorgesehenen Mittelkürzung der nichtstaatlichen Neonazi-Aussteigerorganisation "Exit" abzusehen. Ihr Sprecher Andreas Audretsch bestätigte am Freitag auf Nachfrage der Deutschen Welle, dass die Förderung "in der Art und Weise wie in der letzten Förderperiode vonstatten geht".

"Exit" hat nach eigenen Angaben seit seiner Gründung im Jahr 2000 mehr als 700 Menschen beim Ausstieg aus der rechten Szene geholfen. Die Organisation muss aber immer wieder aufs Neue Mittel beantragen, da nichtstaatliche Aussteigerprogramme auf Bundesebene nur gefördert werden, wenn sie "Modellcharakter" haben. Und genau den müssen sie regelmäßig nachweisen.

Insgesamt lässt sich die Bundesregierung ihr zivilgesellschaftliches Förderprogramm "Demokratie leben!", aus dessen Topf auch "Exit" finanziert wird, gut 115 Millionen Euro im Jahr kosten. Programme wie "Exit" bilden eine Ergänzung zu staatlichen Aussteigerprogrammen. Diese gibt es beim Bundesverfassungsschutz und zusätzlich in mehreren Bundesländern.

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