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Politik

Innenminister-Sorgen: Terror, Asyl, G 20

12. Juni 2017

Die Konferenz der Innenminister in Dresden ist die letzte vor der Bundestagswahl. Da will jeder schnell noch seine Forderungen und Wünsche loswerden. Bei vielen Themen besteht Einigkeit, es gibt aber auch Streitpunkte.

Symbolbild Innere Sicherheit Polizeikontrolle
Bild: picture-alliance/dpa/T. Hase

16 plus eins ist das Format, in dem sich die Innenminister regelmäßig treffen. Im vergangenen Jahr war das Saarland Gastgeber, 2017 begrüßt Sachsen die 16 für Innere Sicherheit zuständigen Landesminister und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Es ist die erste Begegnung in dieser Runde nach dem Terroranschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt, bei dem im Dezember zwölf Menschen getötet wurden. Entsprechend groß ist der Gesprächsbedarf. In vier Blöcke sind die Beratungen aufgeteilt: Terror-Bekämpfung, Asyl, Polizeieinsätze sowie Cyber- und IT-Sicherheit.   

Strikt voneinander zu trennen sind diese Themen allerdings kaum. Denn wenn es um die Vermeidung oder Aufarbeitung von Terroranschlägen geht, ergeben sich schnell Schnittmengen. Geradezu exemplarisch steht dafür der Fall des Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri. Er war den Behörden als sogenannter Gefährder bekannt, galt also als potentieller Attentäter. Im Rahmen des Asyl- und Aufenthaltsrechts hatte sich der Tunesier mehrmals unter verschiedenen Namen registrieren lassen. Und weil er ständig in Deutschland unterwegs war, vor allem zwischen Berlin und Nordrhein-Westfalen, hatten Polizisten und Ausländerbehörden mehrerer Bundesländer mit ihm zu tun.

Anis Amris Attentat steht wie ein Menetekel über dem Treffen

Irgendwann verschwand Amri aus dem Blickfeld der Sicherheitsbehörden und konnte unbehelligt seinen tödlichen Terroranschlag ausführen. Der sich daraus ergebende Handlungsbedarf lässt sich teilweise bis ins Detail bei einem Blick auf die Tagesordnung der Innenministerkonferenz nachlesen. "Gefährderüberwachung" lautet ein Stichwort. Angestrebt wird eine für alle Bundesländer verbindliche Regelung, welche Kriterien dabei künftig berücksichtigt werden sollen. Amri konnte offenbar auch deshalb vom Radar der Behörden verschwinden, weil es bislang keine gemeinsamen Standards gibt.

Anis Amri war sein richtiger Name, den Behörden war er aber auch unter anderen Namen bekannt Bild: Reuters

Wenn die Innenminister über die "Harmonisierung der Informationsarchitektur" der Polizei beratschlagen, geht es um die Verbesserung der Kommunikation. Die krankt anscheinend auch daran, dass es in den 16 Bundesländern verschiedene Software gibt. Darunter leidet ein zuverlässiger Datenaustausch, schlimmstenfalls misslingt er total. Auch über bessere Verfahren zur Identitätsprüfung von Asylbewerbern soll in Dresden gesprochen werden. Der Bezug zu Amri ist hier besonders deutlich.

Auch die "Reichsbürger" werden ein Thema sein

Die Runde unter Vorsitz des sächsischen Innenministers Markus Ulbig (CDU) will außerdem die im März erstmals von Polizei und Bundeswehr gemeinsam durchgeführte Terror-Abwehr-Übung (GETEX) auswerten. Auch ein besserer Schutz von Großveranstaltungen wie Fußballspielen, Musik-Festivals oder Kirchentagen wird eine Rolle spielen. Eine Diskussion, die drei Wochen nach dem Anschlag auf ein Pop-Konzert in Manchester mit 22 Toten und knapp einen Monat vor dem G 20-Gipfel in Hamburg noch relevanter geworden ist.

Premiere: Polizei und Bundeswehr bei einer gemeinsamen Terror-Abwehr-Übung (GETEX) im Saarland Bild: DW/M. von Hein

Neben dem islamistischen Terror wollen sich die Innenminister aber auch mit dem Phänomen der sogenannten Reichsbürger beschäftigen. Dabei handelt es sich um eine Bewegung, die den deutschen Staat nicht anerkennt und sich deshalb unter anderem weigert, Steuern oder Bußgelder zu zahlen. Nach Angaben des Verfassungsschutzes bekennen sich inzwischen mehr als 12.000 Anhänger zu dieser Organisation. Ein Teil von ihnen soll rechtsextrem sein. Nachdem im Oktober 2016 in Bayern ein Polizist von einem Reichsbürger erschossen wurde, ist nun ein generelles Waffenverbot für Mitglieder dieser Gruppierung im Gespräch.

Thomas de Maizière will Federführung für seinen Verfassungsschutz

Angesichts der vielen Risiken und Bedrohungslagen sind sich die in Dresden versammelten Innenminister einig, personell und technisch aufrüsten zu wollen. Unumstritten und teilweise schon beschlossen ist eine Aufstockung der Polizei beim Bund und in den Ländern. Streit gibt es allerdings bei der Frage, wie der Verfassungsschutz künftig strukturiert sein soll. Bundesinnenminister de Maizière plädierte schon zu Beginn des Jahres für eine zentrale Rolle des Bundesamtes für Verfasschungschutz (BfV). Dem widersetzen sich unter anderem Bayern und Sachsen. Sie sind gegen die Auflösung einzelner Landesämter, weil sie die lokale und regionale Expertise für unverzichtbar halten.

Auch die als "Schleierfahndung" bezeichnete verdachtsunabhängige Personenkontrolle gefällt nicht allen. Bayern fordert, sie bundesweit anzuwenden. In Berlin, Bremen und Nordrhein-Westfalen wird diese umstrittene Methode der Gefahren-Abwehr nicht praktiziert. Auch deshalb spricht Sachsens gastgebender Innenminister Ulbig von einem "Flickenteppich" in der Gesetzgebung und verlangt eine Harmonisierung. "Defizite" wie im Fall Amri dürften sich nicht wiederholen.  

 

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