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Politik

Innenminister wollen WhatsApp überwachen

14. Juni 2017

Im Anti-Terror-Kampf wollen die Innenminister von Bund und Ländern künftig an einem Strang ziehen. Zur Abwehr möglicher islamistischer Verbrechen werden sie bei Bedarf auch auf verschlüsselte Messengerdienste zugreifen.

Messenger-Dienste
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kastl

Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich darauf geeinigt, dass künftig auch Messengerdienste wie WhatsApp von Sicherheitsexperten überwacht werden können. "Es kann nicht sein, dass es für die Verfolgung von Straftaten faktisch rechtsfreie Räume gibt", betonte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zum Abschluss der Konferenz mit seinen Länderkollegen in Dresden. Die Sicherheitsbehörden müssten rechtlich und technisch in die Lage versetzt werden, etwa zur Terrorabwehr auch Nachrichten auf Messengerdiensten abgreifen zu können, wie es bereits bei Telefon und SMS möglich ist. Der Bund wird hierfür in Kürze laut de Maizière durch eine Änderung der Strafprozessordnung die Voraussetzungen schaffen.

WhatsApp hatte im April vergangenen Jahres die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung eingeführt, bei einigen kleineren Konkurrenten gibt es sie schon länger. Auch Facebook bietet seit dem vergangenen Sommer für seinen Messenger eine - wenn auch freiwillige - Ende-zu-Ende-Verschlüsselung an.

Ende-zu-Ende bedeutet, dass Inhalte auf dem Gerät des Absenders verschlüsselt und erst beim Empfänger wieder entschlüsselt werden. Auf dem Transportweg durch das Internet und auf den Servern des jeweiligen Dienstanbieters bleiben die Daten geschützt. Würde jemand eine Nachricht unterwegs abfangen, erhielte er nur unverständlichen Datensalat.

Verschlüsselt werden können grundsätzlich unterschiedliche Datenarten wie Text, Fotos und Videos. Eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist aber auch für Telefongespräche über das Internet möglich. Neben Messengern wie WhatsApp ist die Technologie vor allem bei E-Mail-Diensten verbreitet.

Ein neues "Musterpolizeigesetz"

Um im Kampf gegen islamistische Terroristen und Cyberverbrechen besser aufgestellt zu sein, und um Pannen wie im Fall des tunesischen Weihnachtsmarktattentäters Anis Amri künftig zu vermeiden, verständigten sich die Innenminister generell auf ein "Musterpolizeigesetz", wie es in den 1970er Jahren schon einmal aufgelegt worden war. Es soll deutschlandweit für einheitliche Sicherheitsstandards sorgen. Bundesinnenminister de Maizière sprach von einem Durchbruch. "Wir brauchen keinen Flickenteppich bei der inneren Sicherheit", erklärte er. Künftig benötige ein Bundesland schon gute Gründe, wenn es von den gemeinsamen Regelungen abweichen wolle.

Zur Identitätsprüfung soll künftig auch von Flüchtlingskindern ein Fingerabdruck genommen werden Bild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

Vereinbart wurde ferner, zur Identitätsüberprüfung von Asylbewerbern gegebenenfalls bereits bei Sechs- bis 14-Jährigen die Fingerabdrücke zu nehmen, wie der Vorsitzende der Konferenz, der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU), mitteilte. So sollen eventuelle Mehrfachidentitäten aufgedeckt werden.

Um die Sicherheit bei Großveranstaltungen zu erhöhen, sollen künftig Hilfskräfte besser überprüft werden. "Ziel muss sein, dass jede Zugangsberechtigung etwa für Aufbauhelfer für das Veranstaltungsgelände künftig mit einem Lichtbild versehen wird, so dass eine eindeutige Identifizierung der Personen möglich ist", sagte Innenminister Roger Lewentz (SPD) aus Rheinland-Pfalz. Vor kurzem war dort das Festival "Rock am Ring" wegen Terrorverdachts geräumt worden. Grund war ein Schreibfehler in den Namen zweier aus Syrien stammender Helfer.

Die Minister und Senatoren befürworteten zudem den Beschluss, Abschiebungen nach Afghanistan bis auf wenige Ausnahmen vorerst auszusetzen. Auf eine bundesweite Einführung der Schleierfahndung konnte sich die Innenministerkonferenz dagegen nicht einigen.

Nach Angaben des Bundes Deutscher Kriminalbeamter fehlen in Deutschland allein 50.000 Polizisten Bild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

Mehr als 70.000 Stellen zuwenig

Mit scharfer Kritik reagierte der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), der den Ressortchefs eine verfehlte Personalpolitik vorwarf. Sie machten sich "offenkundig keine Gedanken darüber, wer die Maßnahmen, die sie diskutieren, letztlich umsetzen soll", wies Vize-BDK-Chef Sebastian Fiedler darauf hin. Derzeit gehe die Mehrzahl der Länder noch davon aus, Streifenbeamte fortbilden zu können, um sie anschließend bei der Bekämpfung von transnationaler Bandenkriminalität oder ähnlichem einzusetzen. "Das ist in Zeiten von Terror und Cybercrime eine abwegige Personalentwicklungspolitik", kritisierte Fiedler. Nötig seien stattdessen "immer mehr Spezialisten".

Angesichts der Herausforderungen etwa durch die Terrorbekämfpung seien deutschlandweit 50.000 zusätzliche Polizisten erforderlich. Bei den Kriminalbeamten gehe es um mindestens 15.000 bis 20.000 zusätzliche Stellen; beim Verfassungsschutz um mehr Personal im vierstelligen Bereich. 

se/sti (dpa, afp, epd)

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