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Inseln des Anstoßes

Julia Elvers14. Januar 2005

Für Russland sind es die "südlichen Kurilen", für Japan die "nördlichen Territorien": vier Inseln an der Nordspitze Japans, die die Sowjetunion 1945 besetzt hat und die Japan zurück verlangt – bislang vergeblich.

Schiffswrack vor der Küste der Kurileninsel KunashiriBild: dpa


Es geht um Etorofu, Kunashiri, Shikotan und die Habomai: Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die zuvor japanischen Kurilen- Inseln gefallen. Die rund 10.000 japanischen Bewohner mussten die Kurilen verlassen, heute leben dort 15.000 Russen.

Japan beharrt nach wie vor auf einer Rückgabe der vier südlichen Kurilen. Wegen des Gebietsstreits befinden sich Russland und Japan de jure noch immer im Kriegszustand. Japan weigert sich, den Friedensvertrag mit Russland zu unterzeichnen, solange Russland nicht alle vier Inseln zurückgibt. Russland aber will nur zwei der vier Kurilen-Inseln zurückgeben – und auch das nur unter der Bedingung, dass Japan den Friedensvertrag unterzeichnet.

Wenig Aussicht auf Erfolg

"Es fehlt ein Friedensvertrag, der einen Schlussstrich unter die Territorialstreitigkeiten ziehen würde", sagt David Sirakov, Experte für russisch-japanische Beziehungen an der Universität Kaiserslautern. Da aber beide Seiten strikt an ihren Positionen festhalten, erwartet Sirakov von den derzeitigen bilateralen Gesprächen des russischen und des japanischen Außenministers in Moskau (14.1.2004) keinen Durchbruch - zumal ein Spitzengespräch noch folgen wird: Im Februar ist ein Besuch von Russlands Staatspräsident Putin in Tokio geplant.

Ungeklärte Besitzverhältnisse

Verschneite Straße auf der Kurilen-Insel Shikotan in der russischen Provinz SachalinBild: dpa

Die Verhältnisse sind völkerrechtlich kompliziert, erklärt David Sirakov. Niemand könne sagen, wem die Kurilen juristisch gehörten. Entdeckt wurden sie 1643 von holländischen Seefahrern. Später wurden sie von russischen Kosaken besiedelt. In einem Vertrag von 1875 trat Russland die Inseln an Japan ab – dafür erhielt es von Japan den südlichen Teil der Insel Sachalin. Nach dem russisch-japanischen Krieg 1905 blieben die Kurilen japanisch - bis zur Okkupation durch die Sowjetunion im August 1945.

Status Quo

1956 verabschiedeten beide Länder eine "Gemeinsame Deklaration", in der sie die Rückgabe von zwei Inseln an Japan beschlossen. Tokio rückte von dieser Erklärung bald wieder ab und forderte alle vier Inseln zurück, doch Moskau beruft sich immer wieder auf diese Deklaration. Zuletzt schlug der russische Präsident Putin im November 2004 vor, Japan zwei der vier Inseln zurück zu geben - und erhielt kräftig Gegenwind: "Jeder russische Staatsdiener sollte ein Prinzip verstehen: Wir geben kein Fußbreit Land an Freund oder Feind ab", wetterte damals Dmitri Rogosin, einer der führenden Außenpolitiker im russischen Parlament.

Der japanische Außenminister Nobutaka Machimura bekräftigte am 24. Dezember 2004 Japans Position: Das Land beharrt auf der Rückgabe aller vier Inseln. David Sirakov hält den Vorschlag der russischen Regierung für nicht sehr fortschrittlich, "da Russland sich sehr wohl im Klaren darüber ist, dass Japan mit der Zwei-Insel-Lösung nicht einverstanden sein wird." Für die Japaner seien die Inseln identitätsstiftend, deshalb würde man sich nicht einfach "mit der Hälfte zufrieden geben."

Bewegung auf beiden Seiten nötig

Ortschaft Krabosawodskje auf der Kurilen-Insel ShikotanBild: dpa

Die Kurilen sind ökonomisch interessant: Sie gelten als das Gebiet mit dem reichsten Fischvorkommen der Welt. Die russische Fischfangindustrie ist deshalb gegen eine Rückgabe der Inseln. Doch noch stärker wiegen die ideellen Interessen, so Sirakov: Gebietsabtretungen seien seit dem Zerfall der Sowjetunion ein heikles Thema in der russischen Gesellschaft.

Sirakov fordert Bewegung auf beiden Seiten. So müssten die Japaner die Russen davon überzeugen, dass sie mehr in Russlands Fernen Osten investieren würden, falls sie die Inseln zurück erhielten. "Das wäre ein Anreiz für politikrelevante Akteure in Russland, vielleicht einer Übergabe zuzustimmen. Doch ich glaube nicht, dass es Japan bislang gelungen ist, in Russland dieses Vertrauen zu bilden und glaubhaft zu machen, dass es eine solche wirtschaftspolitische Änderung in Japan geben würde," so Sirakov.

Aussicht auf Ergebnisse?

Anlass genug, sich einander anzunähern, gibt es in diesem Jahr: Am 7. Februar 2005 jährt sich die Unterzeichnung des ersten russisch-japanischen Vertrags zum 150. Mal. Der Vertrag von Shimoda von 1855 sollte "dauerhaften Frieden und aufrichtige Freundschaft zwischen Russland und Japan" besiegeln. Der 7. Februar ist in Japan seit Jahren auch der Tag der "nördlichen Territorien", an dem oft vor der russischen Botschaft in Tokio demonstriert wird - aus Solidarität mit den verlorenen Inseln.

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