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Institute: Weniger Wachstum, mehr Inflation

15. Juni 2022

Wegen des Ukraine-Krieges haben mehrere deutsche Forschungs-Institute ihre Prognosen deutlich nach unten, ihre Inflationserwartungen nach oben korrigiert.

Containerschiff im Hamburger Hafen, Hamburg,
Bild: Rupert Oberhäuser/picture alliance

Der Ukraine-Krieg und seine Folgen belasten die deutsche Wirtschaft weiter schwer. Das Ifo-Institut aus München korrigierte am Mittwoch seine Wachstumsprognose für das laufende Jahr auf 2,5 Prozent, bisher waren die Experten von 3,1 Prozent ausgegangen. Das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) rechnet in diesem Jahr nur noch mit einem Wachstum von 2,1 Prozent. Beide Institute verwiesen auf die hohen Energiepreise sowie anhaltende Lieferschwierigkeiten.

"Die Wirtschaftsleistung liegt derzeit noch immer ein Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau von Ende 2019", erklärte der Leiter der Ifo-Prognosen, Timo Wollmershäuser. Im zweiten Halbjahr 2022 sei aber mit einem allmählichen Rückgang der Rohstoffpreise und Lieferengpässe zu rechnen.

Die hohe Inflation, die das Ifo-Institut für das Jahr 2022 auf 6,8 Prozent schätzt, habe zu einem geringeren Warenkonsum von Privatkonsumenten geführt. Durch das Abflauen der Pandemie und die weitgehende Aufhebung von Corona-Beschränkungen sei aber mit einer Normalisierung des Konsums zu rechnen, dies dürfe "maßgeblich zum Wachstum der deutschen Wirtschaft beitragen".

Für das kommende Jahr prognostizierte das Ifo-Institut ein Wirtschaftswachstum von 3,7 Prozent. Die Teuerungsrate werde 2023 auf 3,3 Prozent zurückgehen.

IfW-Forscher: Teuerung bei 7,4 Prozent, EZB-Zinsschritt zu wenig, zu spät

Mit einer deutlich höheren Inflation rechnet das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW): Im laufenden Jahr werde die Teuerungsrate 7,4 Prozent betragen und auch 2023 noch bei durchschnittlich 4,2 Prozent liegen, erklärte das Institut. Die Gefahr einer verfestigten Inflation steige somit weiter.

"Der gegenwärtige Teuerungsdruck ist vor allem auch eine Folge der weltweit massiven Fiskalprogramme während der Pandemiephase", erklärte IfW-Vizepräsident und Konjunkturchef Stefan Kooths. Die bisherigen geldpolitischen Schritte der Europäischen Zentralbank (EZB) kritisierte er als "viel zu spät" und "zu zaghaft". Damit steige die Gefahr, "dass sich über höhere Inflationserwartungen die Geldentwertung verfestigt", erklärte Kooths weiter.

"Viel zu spät" und "zu zaghaft": Das IfW übt heftige Kritik an der EZB-Geldpolitik unter Christine LagardeBild: John Thys/AFP

Auch auf globaler Ebene wirkten sich Lieferengpässe und Inflation demnach aus: Allein die strikte No-Covid Politik der chinesischen Regierung werde die Weltwirtschaft in diesem Jahr 0,2 Prozentpunkte Wachstum kosten, erklärte das IfW. Insgesamt werde die globale Wirtschaftsleistung in diesem Jahr noch um drei Prozent zulegen, das IfW korrigierte seine Prognose somit um 0,5 Prozentpunkte nach unten. Für das kommende Jahr verringerte das IfW seine Prognose für die Weltwirtschaft um 0,4 Punkte auf 3,2 Prozent.

Das IfW beließ trotzdem seine Prognose für das Wachstum des deutschen Bruttoinlandsproduktes in diesem Jahr bei 2,1 Prozent. Für 2023 wurde sie dagegen von 3,5 auf 3,3 Prozent gesenkt.

"Die deutsche Wirtschaft steuert weiter durch unruhiges Fahrwasser", betonten die Kieler Experten. Zwar setzt sich der Aufholprozess bei den kontaktintensiven Dienstleistern von der Corona-Pandemie in hohem Tempo fort, während die Industriebetriebe auf prall gefüllten Auftragsbüchern säßen. "Allerdings verringert die hohe Inflation die Kaufkraft der verfügbaren Einkommen und wirkt so einer höheren Konsumdynamik entgegen", begründeten die IfW-Ökonomen. Das Exportgeschäft werde zudem von Lieferengpässen gedämpft.

RWI: Wachstum 2022 unter zwei Prozent

Das RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen geht bei seinen Konjunkturerwartungen noch einen Schritt weiter und senkt seine Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum in diesem Jahr auf 1,9 Prozent. Für das kommende Jahr geht es von einem Plus von 2,7 Prozent aus.

Massiver Stau von Containerschiffen vor dem Hafen von Shanghai Ende April 2022Bild: dpa/picture alliance

Die Inflation sehen sie in diesem Jahr bei 6,9 Prozent, im kommenden Jahr bei 2,6 Prozent. Die Arbeitslosenquote erwarten die Essener RWI-Forscher 2022 bei 5 Prozent und 2023 bei 4,9 Prozent.

Arbeitsmarkt kann sich "gut behaupten"

Auch nach Einschätzung des IfW wird sich der Arbeitsmarkt trotz hoher Inflation gut behaupten. Ihnen zufolge soll die Arbeitslosenquote sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr bei 5,1 Prozent liegen, nach 5,7 Prozent 2021. Die Zahl der Beschäftigten soll im kommenden Jahr bei durchschnittlich fast 46 Millionen liegen, was rund eine Million mehr wären als im vergangenen Jahr. "Die Haushaltdefizite der öffentlichen Hand werden sinken, da die Einnahmen kräftig zunehmen und die pandemiebedingten Ausgaben zurückgefahren werden", erwartet das IfW zudem. So soll das Minus in diesem Jahr bei 1,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen, 2023 dann bei 0,9 Prozent. 2021 waren es noch 3,7 Prozent.

Auch das RWI geht davon aus, dass sich die kräftige Erholung am Arbeitsmarkt fortsetzt. "Dabei kommt fast der gesamte Anstieg aus der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung", betonten sie. Über das gesamte Jahr sei mit stark steigenden Beschäftigtenzahlen zu rechnen, auch durch die Integration hochqualifizierter geflüchteter Menschen aus der Ukraine. Gleichzeitig weise die Rekordzahl der gemeldeten offenen Arbeitsstellen darauf hin, dass sich der Fachkräftemangel in Deutschland verschärft, schreibt das RWI. Die Arbeitslosenquote sehen die RWI-Experten in diesem Jahr bei 5 Prozent, im nächsten Jahr bei 4,9 Prozent liegen.

Was ist Inflation?

02:35

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tko/ hb (dpa, rtr, afp)

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