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Tuba ist Instrument des Jahres 2024

Gaby Reucher
29. Dezember 2023

Vom Balkan bis in die USA sorgt die Tuba für die richtige Grundstimmung und darf in keinem modernen Orchester fehlen. In Deutschland wurde sie zum Instrument des Jahres gekürt und das aus gutem Grund.

Stefan Ambrosius im Seitenprofil beim Tubaspiel.
Stefan Ambrosius spielt die Tuba in der Bayerischen Staatsoper in MünchenBild: privat

Wenn Stefan Ambrosius von der Bayerischen Staatsoper Tuba übt, ist er im wahrsten Sinne des Wortes tiefenentspannt. Denn wer dieses große Blechblasinstrument spielen will, muss sehr tief einatmen, um beim Ausatmen dem Instrument Töne zu entlocken. "Das hat fast etwas Meditatives", sagt Ambrosius im Gespräch mit der DW.

Die Tuba wurde von den Landesmusikräten in Deutschland zum Instrument des Jahres 2024 auserwählt und löst damit die Mandoline ab, die 2023 im Fokus stand. Für den Israeli und Wahlberliner Avi Avital, der dazu beigetragen hat, die Mandoline als Konzertinstrument zu etablieren, war es ein erfolgreiches Jahr. "Es ist fantastisch, dass die Musikräte in Deutschland jedes Jahr ein Instrument krönen und es dann in Schulen oder durch soziale Aktivitäten bekannt machen." Viele Menschen seien so auf die Mandoline aufmerksam geworden. So etwas wünsche er sich auch in anderen Ländern, sagte der international bekannte Mandolinist im Gespräch mit der DW.

Avi Avital will viele Menschen für die Mandoline begeistern Bild: Axel Heimken/dpa/picture alliance

Mit der Unesco für Vielfalt sorgen

Auf Initiative des Landesmusikrates Schleswig-Holstein wählen die zuständigen Landesmusikräte seit 2008 jährlich ein Instrument des Jahres. Dahinter steht die Idee, das jeweilige Instrument durch Aktionen in Schulen, besondere Projekte und Sonderkonzerte in den Mittelpunkt zu rücken. Von Anfang an war es den Verantwortlichen wichtig, dass die ausgewählten Instrumente nicht nur im klassischen Sinfonieorchester, sondern auch weltweit in Rock, Pop und Folk beheimatet sind, und zwar aus verschiedenen Epochen der Musikgeschichte.

Die Vielfalt der Instrumente ist Ulrike Liedtke, Musikwissenschaftlerin und Präsidentin der Landesmusikräte, besonders wichtig. "Das entspricht auch der UNESCO-Konvention zur kulturellen Vielfalt, wo es darum geht, das musikalische Erbe und aktuelle Ausdrucksformen sowie die Musik anderer Länder zu berücksichtigen", sagt Liedtke im Gespräch mit der DW.  Den Anfang machte 2008 die Klarinette, es folgten traditionelle Instrumente wie Kontrabass, Fagott oder Geige, aber es gab auch die Gitarre beziehungsweise die türkische Bağlama (Langhalslaute), das Saxofon und mit großem Erfolg 2022 das Drumset.

Die Tuba ist auch fester Bestandteil der Blaskapellen beim OktoberfestBild: Felix Hörhager/dpa/picture alliance

Die Tuba verbindet Völker

Was wären die Brass Bands in New Orleans ohne Tuba?Bild: Robert Harding/IMAGO

Allein die Tuba erfüllt alle Kriterien musikalischer Vielfalt. Sie ist nicht nur in den westlichen Orchestern zu Hause, sondern auch in der Blasmusik des Balkans, in den Brass Bands von New Orleans und in den Fanfarenzügen und Militärkapellen vieler Länder.

Die Tuba ist das tiefste aller Blechblasinstrumente. Durch die Entwicklung von Ventilen, mit denen die Rohrlänge des bis zu 5,5 Meter langen Instruments verändert werden kann, wurde es Mitte des 19. Jahrhunderts möglich, den Tonumfang deutlich zu erweitern. Der Tonumfang der Tuba beträgt bis zu 4 Oktaven. Das bedeutet, dass dieses tiefe Instrument auch sehr hohe Töne spielen kann, was kaum jemand weiß. "Die Tuba ist auch ein Instrument, das bis ins Römische Reich zurückreicht", sagt Ulrike Liedtke. Da könne man viel über die Geschichte erzählen. Nach Liedtkes Erfahrung will das Publikum heute nicht mehr nur die Musik im Konzert hören. "Das ist ein Google-Publikum, die Leute sind informiert und wollen noch etwas dazu wissen."

Warum Tuba spielen?

Der Tubist Stefan Ambrosius ist schon oft gefragt worden, was ihn an der Tuba im Orchester reizt. Seine Antwort ist eindeutig: "Mir gefällt, dass ich im Orchester nicht unbedingt im Rampenlicht stehe", sagt Ambrosius. "Ich liefere das stabile Fundament, das macht mir richtig Spaß." Außerdem fasziniere ihn der warme, runde und weiche Klang seines Instruments, sagt er.

Stefan Ambrosius, Tubist der Münchener Staatsoper, spielt die tiefen Töne im Orchester Bild: privat

Bis in die 1950er-Jahre war die Tuba eher ein Begleitinstrument. Das hat sich stark geändert, seit der berühmte englische Komponist Ralph Vaughan-Williams 1954 in London sein "Tuba Concerto" uraufführte. "Das ist immer noch das Standardwerk, wenn wir irgendwo zur Probe vorspielen müssen", sagt Ambrosius. Inzwischen gäbe es viele moderne Komponisten, die Stücke für die Tuba schreiben.

Musikland Deutschland

Rund 14,3 Millionen Menschen in Deutschland spielen ein Instrument, meist als Amateur in der Freizeit. Laut einer Studie des Verbandes deutscher Musikschulen ist das beliebteste Instrument das Klavier. An zweiter Stelle folgt die Gitarre und an dritter Stelle die Geige. Auch weltweit ist das Klavier das meistgespielte Instrument, zusammen mit E-Pianos und Keyboards.

Das Drumset war 2022 Instrument des Jahres. Hier gespielt von Schlagzeuger Ringo Starr.Bild: Seth Wenig/AP/picture alliance

Wenn die deutschen Landesmusikräte das Instrument des Jahres wählen, spielen diese Ranglisten keine Rolle. Allerdings wird das Instrument auch nicht allzu selten gespielt. Man orientiert sich zum Beispiel daran, ob das Instrument auch in einer der Kategorien des bundesweiten Wettbewerbs "Jugend musiziert" vorkommt. Außerdem wird geprüft, ob es überhaupt genügend Lehrer für das Instrument gibt. "Es gibt zum Beispiel nicht viele Mandolinenlehrer oder -lehrerinnen, deshalb war es eine schwierige Diskussion, die Mandoline für 2023 auszuwählen", sagt Ulrike Liedtke, Präsidentin der Landesmusikräte. Man habe sich dennoch dafür entschieden, um das Interesse an diesem Instrument zu wecken.

Mit der Tuba zur Fußball-EM

Das Klavier, auf Platz eins der internationalen Rangliste, wurde in Deutschland noch nicht zum Instrument des Jahres gewählt - vielleicht, weil es auch ohne Unterstützung schon so beliebt ist. Doch 2025 soll ein anderes, kleineres Tasteninstrument ins Rampenlicht rücken: das Akkordeon. Auch hier spielt das völkerverbindende Element eine Rolle. Das Instrument ist nicht nur aus der deutschen Volksmusik bekannt, sondern auch aus dem argentinischen Tango und dem Baltikum. Ein Volksinstrument, das im Prinzip auf der ganzen Welt für Spaß und Tanz sorgt.

Doch nun sind die Bläser an der Reihe. In Anlehnung an die Europameisterschaft, die 2024 in Deutschland stattfinden wird, vertreten 11 Tubistinnen und Tubisten ihr Instrument in Bayern. Als Höhepunkt des Tuba-Jahres wollen sie bei der EM "mitspielen".  "Es wäre toll, wenn wir die Tuba zur Nationalhymne spielen könnten, wenn wir das für die Spiele in München hinkriegen", sagt Ambrosius. Der Bayerische Musikrat arbeitet bereits daran. Dann wären zumindest bei der Nationalhymne 11 Nationalspieler und 11 Tubisten am Start.

11 Tuben wollen zur Fußball Europa MeisterschaftBild: Thomas Imo/photothek/IMAGO
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