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Integration nicht nur in den Niederlanden gescheitert

Ralf Jäckel15. November 2004

Die Welle der Gewalt in den Niederlanden hat in ganz Europa für Entsetzen gesorgt. Viele fürchten nun, dass sich die Ausschreitungen auf andere EU-Länder ausweiten könnten. Doch wie ernst ist diese Gefahr wirklich?

Viele Muslime sind in der EU noch nicht eingegliedertBild: AP

Die Ermordung des islamkritischen Filmemachers Theo van Gogh Anfang November in Amsterdam war der Anfang einer Serie von Anschlägen. Moscheen gingen in Flammen auf, christliche Kirchen wurden geschändet. Die Öffentlichkeit ist in Aufruhr. Von einer Spirale des Fanatismus ist die Rede, vom Dschihad auf den Straßen.

Hoch spekulative Diskussion

Der niederländische Vizepremier Gerrit Zalm sieht sein Land bereits "im Krieg mit dem Terrorismus". Selbst die Europäische Union ist beunruhigt. EU-Justizkommissar Antonio Vittorino warnte davor, dass es auch in anderen europäischen Staaten zu solchen Gewalttaten kommen könnte. "Das geschieht in den Niederlanden, aber es betrifft die gesamte Union", sagte sein Sprecher.

Ulrich Schneckener von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) ist da anderer Meinung. "Ich halte die ganze Diskussion über eine Ausweitung der Anschläge für hoch spekulativ", sagte der Terrorismusforscher im Interview mit DW-WORLD.

Zum einen gebe es bislang noch keine eindeutigen Beweise, dass das Attentat auf van Gogh einen radikal-islamischen Hintergrund hat. "Terrorismus lässt sich außerdem nicht in geografischen Kategorien ausdrücken", fügt Schneckener hinzu. Dass der Terror nun auch im Herzen Europas Einzug halte, lasse sich deshalb nicht automatisch ableiten.

Gescheiterte Integration

Dennoch befürchten selbst Experten wie der bekannte Islamforscher Bassam Tibi ähnliche Übergriffe in Deutschland. "Wenn nicht mehr Anstrengungen zur Integration von Ausländern unternommen werden, drohen Deutschland bürgerkriegsähnliche Verhältnisse wie in Holland", sagte Tibi der Zeitung "Münchner Merkur".

Tatsächlich gilt als eigentliche Ursache für die jüngsten Ausschreitungen eine gescheiterte Integrations- und Einwanderungspolitik. "Allgemeine Schlussfolgerungen für Europa lassen sich daraus aber nicht ableiten", sagt Marianne Zepp von der Heinrich-Böll-Stiftung. "Allerdings wird deutlich, dass eine angespannte wirtschaftliche und soziale Lage die vorhandenen kulturellen Spannungen zwischen Einwanderern und Einheimischen in Europa verstärken."

Viele andere EU-Länder haben noch mit Problemen bei der Integration von Zuwanderern zu kämpfen. In Deutschland, Frankreich oder Spanien haben selbst die zweite oder dritte Einwanderergeneration noch Schwierigkeiten mit der Sprache oder bei der Suche nach einem Arbeitsplatz. Die Folgen sind fatal: Arbeitslosigkeit, Armut oder Kriminalität. Bislang hat es die Europäische Union mit ihrer Integrationspolitik nicht vermocht, diesen sozialen Sprengstoff zu entschärfen.

Bessere Zusammenarbeit in der EU

"Europa muss solchen Minderheiten eine bessere Chance geben sich zu integrieren, zum Beispiel durch verstärkte Bildungsangebote", fordert deshalb Marianne Zepp. Sie lobt das "Handbuch zur Integration", welches die EU-Kommission am Mittwoch (10.11.04) vorstellte. "Die EU-Staaten müssen auf dem Weg zu einer gemeinsamen Identität noch viel voneinander lernen", sagt Zepp. Das Handbuch, das die Zusammenarbeit und den Erfahrungsaustausch der EU-Länder bei der Eingliederung von Zuwanderern verbessern soll, hält sie deshalb für einen wichtigen Schritt.

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