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Musik

Frauenpower beim International Music Award

22. November 2019

Der "Echo" ist weg, der "IMA" kommt. Beim neuen Musikpreis International Music Award werden Künstler mit innovativen Ideen und mutiger Haltung prämiert. Initiiert wird der Event vom deutschen Ableger des "Rolling Stone".

Niederlande Billie Eilish
Bild: Getty Images/F. Damman

Der einstige deutsche Musikpreis Echo geriet in Verruf, als im April 2018 zwei Rapper ausgezeichnet wurden, die den Holocaust in ihren Texten verunglimpften. Kurze Zeit später wurde der "Echo" abgeschafft. Nun aber gibt es den IMA - einen Preis, bei dem es nicht um Plattenverkäufe oder Downloadzahlen geht, sondern um Leidenschaft für Musik. Verliehen teils vom Publikum, teils von einer Jury aus hochkarätigen deutschen und internationalen Künstlern. Die ersten Preisträger sind bereits bekannt: Im Publikumsvoting des IMA 2019 wurde Rammstein als bester Live-Act des Jahres gewählt. Damit setzte sich die deutsche Rockband unter anderem gegen Muse oder Slayer durch. Den "Hero"- Preis für sein Lebenswerk erhält Sting.

Rammstein erhält den PublikumspreisBild: picture-alliance/dpa/B. Roessler

Auswahlverfahren in mehreren Runden

Die Preisträger in den weiteren Kategorien wurden in einem aufwendigen Verfahren ermittelt: Journalisten, Musikexperten und viele internationale Künstler wie Liam Gallagher, Rufus Wainwright, Charli XCX, Lianne La Havas und Chilly Gonzales  haben im IMA-Panel zunächst für jede Kategorie eine Vorauswahl mit jeweils acht Künstlern getroffen, in der nächsten Runde wurden pro Kategorie drei Acts nominiert. Ein weiteres Gremium, das sogenannte "IMA-Board" - bestehend unter anderem aus Chefredakteuren internationaler Musikzeitschriften - entscheidet dann über die endgültigen Gewinner.

Liam Gallagher (früher bei Oasis) war im IMA-PanelBild: picture-alliance/AP Photo/Invision/C. Pizzello

In den Kategorien werden zukunftsweisende Ideen von Musikern und Produzenten ausgezeichnet, Haltung und Zivilcourage, Sound und Technik. Wer ist der beste Nachwuchs, wer hat die besten Ideen zur visuellen Umsetzung seiner Musik, wer hat Vorbildcharakter - und wer hat den besten Style.

"Qualitätsbasierter Preis"

Sebastian Zabel ist Chefredakteur der deutschen Ausgabe der Musikzeitschrift "Rolling Stone" und Mitinitiator des IMA. Er und sein Team haben sich Ende 2018 zusammengesetzt und wollten einen Preis ausrufen, bei dem es über die Standard-Kategorien hinausgehen sollte: "Es sollte ein qualitätsbasierter Preis sein, mehr als etwa 'bester Hip-Hop Act national', 'bester Hip Hop Act international' und so weiter. In unseren Kategorien ist ein bisschen mehr Freiheit drin, weil es nicht um Verkaufszahlen geht, sondern um mehr."

Ein Seitenhieb auf den Kommerz in der Musikindustrie soll der Preis überhaupt nicht sein, so Zabel. "Von mir aus können die Leute so viele Platten verkaufen wie sie wollen, das hält die Musik am Leben. Unser Ziel ist nur ein ganz anderes. Wir wollen nicht die Leute auszeichnen, die schon durch ihre Verkäufe ausgezeichnet sind. Sondern diejenigen, die in den letzten Monaten besonders toll waren, die ein besonderes Engagement gezeigt haben."

Sebastian Zabel ist seit 2012 Chefredakteur des deutschen Rolling StoneBild: RollingStone/F. Göckeler

Frauenpower

So sind unter den Nominierten Musiker, die man zunächst mal dort nicht erwarten würde. Wie etwa die Schwedin Lykke Li, die zwar vor Jahren einen Megahit hatte, sich aber seitdem vor allem dadurch hervorgetan hat, dass sie ein Festival mit nur weiblichen Acts organisiert hat. Jorja Smith und Billie Eilish sind beide noch nicht 20, aber im vergangenen Jahr durch Stimme, Performance und Selbstbewusstsein aufgefallen. Die Gitarristin Anna Calvi setzt im männlich dominierten Rock eigene und innovative Akzente - und die Sängerin Sade, die 2010 ihr letztes Album veröffentlicht hat, ist als Stilikone nominiert.

Wie schon bei den MTV Video Music Awards 2019 sind vor allem Frauen unter den Nominierten: Von 18 Acts sind 14 weiblich. Ein Zeichen der Zeit? Zabel freut sich darüber: "Das spricht doch für die Entwicklung in der Popkultur. Frauen haben einfach die spannendste Musik gemacht in den letzten Jahren, und sie sind es, die die Popmusik nach vorne gebracht haben."

R&B-Sängerin Jorja Smith hat schon bei den Brit Awards 2019 gewonnenBild: Getty Images/S. C. Wilson

Ein deutscher Musikpreis ohne deutschen Act?

Außer Rammstein ist kein deutscher Act unter den IMA-Anwärtern. Das liege an der Zusammensetzung der Jury, erklärt Sebastian Zabel. Es seien eben doch so viele internationale Künstler im Panel gewesen, dass so einige deutsche Acts hinten runtergefallen seien - obwohl sie es durchaus verdient hätten, dabei zu sein. "Unsere Absicht war aber auch, einen internationalen Musikpreis auszurufen, weil wir glauben, dass Musikhörer auch nicht nach dem Motto entscheiden: Oh das ist eine Band aus Deutschland, das finde ich jetzt besonders interessant."

"Hip Hop und R&B sind die 'ruling sounds'"

Auffällig ist auch der starke Anteil von Rap, Hip Hop und R&B unter den Nominierungen. Little Simz, Noname, Chance the Rapper, Mykki Blanco, Thierra Whack und Lizzo stehen für eine neue Richtung in dem Genre: Innovativer Sound und selbstbewusste Texte sowie die Selbstverständlichkeit des Andersseins. "Hip Hop und R&B sind so die 'ruling sounds' unserer Zeit", so Zabel. "Zum einen ist es kommerziell erfolgreich, zum anderen kommen aus dieser Richtung sehr viele kreative Impulse. Es passiert sehr viel Neues."

Lizzo ist neben Sade in der Kategorie "Style" nominiertBild: picture-alliance/Photoshot/J. Ng

Die IMA-Premiere findet am 22. November 2019 in der Berliner Verti Music Hall statt. Die Live-Show soll widerspiegeln, was die Kategorien und Nominierungen bereits gezeigt haben: Im Mittelpunkt sollen die Künstler und ihre Botschaften stehen. Unter anderem wird die kanadische Sängerin Peaches auftreten, aus Südkorea stellt sich die K-Pop-Band The Rose vor. Und als deutscher Rocksänger mit Haltung gibt sich Udo Lindenberg die Ehre.

Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online
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