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Internationale Korrespondenten zum Wahlergebnis in Deutschland

Protokoll: Oliver Ilan Schulz18. September 2005

Auch im Ausland stößt die deutsche Bundestagswahl auf großes Interesse. DW-WORLD hat ausländische Korrespondenten gefragt, wie sie über den Wahlausgang denken.

International ein Thema: die Bundestagswahl

USA

Tom Goeller von der konservativen Washington Times:

"Der Wahlausgang ist eine Überraschung. Ich habe auf Schwarz-Gelb gesetzt, ich dachte der Wechsel kommt. Jetzt gibt es eine Mehrheit auf der linken Seite. Sie zeigt, dass es Schröder geschafft hat, den Menschen Angst zu machen. In Deutschland kommt jeden Tag das Wort Angst in den Schlagzeilen einer der großen Medien vor. Die Deutschen haben immer Angst: Dass das Brandenburger Tor gesprengt wird, dass Sie mehr zahlen müssen. Vor drei Jahren war es der Irak, mit dem die Deutschen nichts zu tun hatten. Dieses Mal war es eine Mischung: eine sehr schlechte Kampagne der CDU und geschicktes Kontern der SPD. Schröder und die Deutschen haben eine Love Affair. Was Schröder ihnen sagt, hat selten was mit der Realtität zu tun. Schröder ist ein neuer Shakespeare: Wie es euch gefällt."

Russland

Dimitri Pogorzhelskiy vom russischen Fernsehsender NTW:

"Die Union hat sehr schlecht abgeschnitten. Die Liberalen haben die Wahl gewonnen, aber sie haben sich selbst ins Knie geschossen, indem sie sich einer Ampel-Koalitionen verweigert haben. Die eigentlichen Gewinner sind die Linken. Hier vor Ort sagen alle: Es wird eine schwarz-rote Koalition geben. Aber vielleicht gibt es in ein bis zwei Jahren Neuwahlen und wir bekommen eine alleinige Kanzlerin Merkel."

Großbritannien

Roger Boyes, Korrespondent der britischen Tageszeitung The Times: "Die Lage ist absolut konfus. Das ist die direkte Folge der Angst der Deutschen, dass sie wegen radikaler Reformen Opfer erbringen müssen. Sie haben das geringere Übel gewählt. Eher Schröder als Kirchhoff: Der stand im Vordergrund, Merkel im Hintergrund. Selbst wenn sie noch irgendwie Kanzlerin wird, ist das ein verheerendes Ergebnis."

Frankreich

Antoine Jacob, Deutschland-Korrespondent der Tageszeitung Le Monde: "Ich bin über das Ergebnis der Wahlen ebenso überrascht wie die Parteienvertreter, mit denen ich soeben gesprochen habe. Es erinnert mich an die 4. Republik in Frankreich (von 1946 bis 1956): Da wusste man am Wahlabend auch nie, wer regieren würde. Wenn es eine große Koalition gibt, liegt auch ein Vergleich mit der Kohabitation zwischen dem linken Premier Jospin und dem rechten Präsidenten Chirac nahe (1997 bis 2002). Meiner Meinung nach ist Bundeskanzler Schröder wie der frühere Kanzler Schmidt näher an der FDP als an der Linken."

Türkei

Yagmur Atsiz, Kolumnist der rechtskonservativen Zeitung Tercüman: "Wenn es zu Beginn schlecht aussah für die SPD, dann weil die Wähler dachten, dass sie leiden würden unter den neoliberalen Reformen der SPD. Im Laufe der Zeit sind die Menschen zu der Überzeugung gelangt, dass sie noch viel unter dem Programm der CDU leiden würden. Als türkischer Journalist möchte ich noch etwas zum EU-Beitritt der Türkei sagen: Wenn die Türkei die Bedingungen für eine Vollmitgliedschaft erfüllt, wird sie beitreten. Daran hätte auch eine starke Regierung Merkel nichts geändert."

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