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Internationale Presseschau: Begeistert bis skeptisch

7. Mai 2007

Die Wahl von Nicolas Sarkozy wird überall anerkannt. Doch während die einen begeistert über das Wahlergebnis sind, sind andere äußerst spektisch, was Sarkozy den Franzosen und Europa bringen wird.

Bild: DW

FRANKREICH

"Libération": Harte Zeiten für die Linke

"Nicolas Sarkozy ist ein legitimer Präsident, der ohne Umschweife und Zögern gewählt wurde. Das andere Frankreich wird einen Ausgleich bei der Parlamentswahl suchen. Bis dahin schaut es mit bedrücktem Herzen auf seine Niederlage und versucht, trotz allem weiter zu hoffen. Dieser Rückschlag muss die Kräfte der Kreativität und Modernisierung wecken, die sich mit Realismus verbinden müssen. 'Libération' beginnt damit heute. Die Werte des Wettbewerbs haben gewonnen. Doch die Werte der Solidarität und Gerechtigkeit bleiben. Auf dieser Grundlage kann man aufbauen. Die Zeit der Kirschen wird wiederkommen. Jetzt ist erst einmal die Zeit der harten Nüsse."

"Le Figaro": Sieg der Bewegung

"Welch Sieg, welch Schwung! Sarkozys meisterlicher Sieg gehört zu denen, die dauerhaft die Geschichte des Landes prägen. Denn er krönt eine langen Reihe der Rekorde: ein außerordentlich aktiver und erbitterter Wahlkampf, eine massive Wahlbeteiligung und vor allem ein Sieg über die Linke, wie er seit General de Gaulle niemals erreicht wurde. Gestärkt von der Legitimität dieses unbestreitbaren Wahlerfolgs kann der neue Präsident jetzt einen großen Umbau vornehmen. Er muss dabei natürlich darauf achten, die Franzosen zu versöhnen, die der scharfe Wahlkampf gespalten hat. Jahrelang hatte das Land Angst vor dem Wandel und seine Führer waren überzeugt, dass man besser vorsichtig bleibe. Nicolas Sarkozys Wahlsieg wurde getragen vom Wunsch nach Wechsel und von der Sehnsucht, eine neue Seite aufzuschlagen. Er schafft eine neue Lage. Dieser Sieg des 6. Mai ist der Sieg der Veränderung."

GROSSBRITANNIEN

"Guardian": Frankreichs Linke muss ihr Haus in Ordnung bringen

"Für die französische Linke gibt es jetzt nur eine realistische Möglichkeit: Sie darf die Rechte nicht dämonisieren, sondern muss ihr eigenes Haus in Ordnung bringen. Nach drei aufeinander folgenden Niederlagen bei den Präsidentschaftswahlen wird es nun wirklich Zeit dafür. Indem sie die vorausgesagten 47 Prozent der Stimmen auch tatsächlich gewann, hat Royal wahrscheinlich genug getan, um die Herausforderin für die nächste Runde zu bleiben. Doch die Sozialistische Partei steht nun vor einem schmerzhaften Umdenken. Sie muss sich selbst reformieren zu einer Partei der linken Mitte."

"Daily Telegraph": Sarkozys Sieg ist ein Sieg für Frankreich

"Nach allen Maßstäben ist dies eine überwältigende Leistung: Nicolas Sarkozy hat die französische Präsidentschaft mit einem bequemen Vorsprung bei einer außerordentlich hohen Wahlbeteiligung gewonnen. Er hat jetzt zweifellos ein Mandat für radikale Veränderungen. Sarkozy ist allerdings nicht der erste, der mit einem Reformticket gewählt wurde. Es ist üblich, dass Kandidaten Veränderungen versprechen. Zuletzt hatte das, in welch allgemeiner Form auch immer, Jacques Chirac getan, der dann zwölf Jahre lang über Stillstand und Korruption präsidierte. Sarkozy hingegen ist ins Detail gegangen. Sein Manifest verspricht ganz spezifische Maßnahmen, um Frankreich aus der Erstarrung zu holen: Privatisierung, ein Einstellungsstopp im öffentlichen Sektor, Steuererleichterungen und ein Ende der 35-Stunden-Woche."

SCHWEIZ

"Der Bund" aus Bern: Eine Chance für Frankreich

"Mit dem klaren Wahlsieg von Nicolas Sarkozy bei einer außergewöhnlich hohen Wahlbeteiligung hat eine Mehrheit der Franzosen demonstriert, dass sie nicht weitermachen will wie bisher. Sich durchzusetzen und Reformen zügig anzugehen, wird die dringendste und schwierigste Aufgabe des neuen Präsidenten sein. Meistert er sie, bekommt Frankreich eine neue Chance. Versagt er, dann wird die Aufbruchstimmung rasch verpuffen."

"Basler Zeitung": Sarkozy muss Taten zeigen

"Kann man mehr versprechen als die Erfüllung 'aller' Wünsche, das Verständnis für 'alle' Sorgen? Alles ist möglich - das Beste, aber auch das Schlimmste. Wer daran denkt, wie eng in der Realpolitik der politische und finanzielle Spielraum für den kommenden Staatschef ist, kann über solch demagogische Verheißungen (und über jene, die diese Illusion abkaufen) nur den Kopf schütteln. Jetzt muss Sarkozy seinen hoffnungsvollen Bürgern beweisen, was wirklich machbar ist."

"Neue Zürcher Zeitung": Auf Sarkozy wartet ein harter Job

"Mit Sarkozy hat der kompetenteste der insgesamt zwölf Bewerber die Wahlen gewonnen. Das war sehr wichtig, denn dem neuen Staatsoberhaupt steht ein äußerst schwieriger Job bevor. So unbestritten Sarkozys analytische Fähigkeiten, seine Willensstärke und seine Energie sind, so gefürchtet sind aber auch sein skrupelloser Machthunger und sein konfrontativer Stil. Die Mehrheit der Franzosen hielt Sarkozy am Ende doch für staatsmännischer und vertrauenswürdiger als die geradezu kometenhaft aufgestiegene Sozialistin."

POLEN

"Rzeczpospolita": Royal machte Fehler

"Auch, wenn Nicolas Sarkozy nur wegen des Mangels an besseren Kandidaten der Beste war, siegte er zu Recht. Die Mehrheit der Wähler sah sein Programm zur Reparatur des Staates als richtig an. Die Franzosen wollten nicht, dass Ségolène Royal sie bemutterte. Sarkozy ließ nicht von der nationalen oder ideellen Identität ab. Er festigte die Rechte und erweiterte ihr Spektrum. Royal kam von der Spur der linken Einheit nach rechts ab. Der taktische Wechsel ist verständlich. Aber Royal machte schwer wiegende Fehler. Ihre Angst vor einer Niederlage ist verständlich, es ist aber nicht akzeptabel, wie sie diese Furcht ausdrückte. Die Erpressung mit einer Explosion in den Einwanderervierteln in den Vorstädten im Fall des Wahlsieges des Widersachers war ein Skandal."

NIEDERLANDE

"De Volkskrant": Sarkozy muss Frankreich modernisieren

"In den meisten europäischen Hauptstädten wird überwiegend zufrieden auf dieses Ergebnis reagiert. Nicht nur, weil Sarkozy ein Referendum über eine neue, stark eingekürzte europäische Verfassung vermeiden will, sondern auch und vielleicht vor allem, weil er sich mehr als Royal als willensstarker Reformer profiliert hat. Sozialökonomische Reformen sind bitter nötig in Frankreich, das dem europäischen Alltag noch immer einen schweren Stempel aufdrückt. Sarkozy muss zeigen, dass seine Zusage, 'Präsident aller Franzosen' zu werden, keine hohle Phrase ist und dass Erneuerung Frankreich weiter bringt als die Ängstlichkeit, die sein Vorgänger in den vergangenen Jahren gezeigt hat."

DEUTSCHLAND

"Financial Times Deutschland": Keine harschen Manöver zu erwarten

Die französischen Wähler wollten den Wechsel und sie haben ihn deshalb schon im Wahlkampf bekommen. Sarkozy und Royal standen beide für einen Schlussstrich unter die Ära des scheidenden Jacques Chirac. Der politische Generationswechsel, der Triumph eines neuen Politikertyps, war in Frankreich so schon vollzogen, ehe die Wähler die eigentliche Entscheidung trafen für Nicolas Sarkozy. Sarkozy hatte auf seinem langen Weg in den Elysée-Palast einen inhaltlichen Politikwechsel versprochen, einen Bruch gefordert und angekündigt. Er machte mit Sympathien für wirtschaftsliberale Ideen von sich reden. Besonders harsche Manöver sind von ihm nun aber trotzdem nicht zu erwarten. Denn es hat sich auch gezeigt, dass die Stimmung der Franzosen im Grunde nicht anders ist als die der Wähler in Deutschland: Mit jeder Hoffnung auf Wechsel verbindet sich immer auch die Furcht vor der Veränderung. Nach spektakulären Brüchen steht den wenigsten der Sinn.

TSCHECHIEN

"Pravo": Sarkozy war dynamischer, aber Royal eine würdige Gegnerin

"Frankreich erwartet eine Zeit tiefer Änderungen. Mit der Wahl von Sarkozy gab die Mehrheit der Franzosen einer größeren Liberalisierung der Wirtschaft den Vorzug vor sozialen Aspekten. Während Gegenkandidatin Ségolène Royal in den entscheidenden Momenten ein schwacher Gegner schien, formulierte der neue Mann im Elysee-Palast seine Ziele klar - wenngleich auch er sich am Ende des Wahlkampfs gemäßigt gab. Die bis zuletzt unentschiedenen Wähler dürfte Sarkozy für sich gewonnen haben, weil er entschiedener und dynamischer wirkte. Doch Royal darf erhobenen Hauptes aus dem Ring steigen: sie war eine würdige Gegnerin. Und hinsichtlich des Alters und der Ambitionen der beiden Protagonisten ist eine Neuauflage des Duells bei der nächsten Präsidentenwahl überhaupt nicht ausgeschlossen."

SPANIEN

"El País": Eine französische Revolution

"Der klare Wahlsieg von Sarkozy reflektiert das Verlangen der Franzosen nach einem Wandel. Er geht einher mit einer echten Revolution in der französischen Politik, deren Folgen sich nicht auf den Wahlsonntag beschränken werden. Die Franzosen haben das Interesse für die Politik wiederentdeckt. In beiden Wahlrunden gab es eine Rekordbeteiligung. Sarkozy muss nun gegen seinen möglicherweise größten Feind kämpfen: gegen sich selbst und seinen Hang zum Populismus. Als Präsident darf er nicht mehr so sein, wie er als Kandidat war. Er muss jetzt dafür sorgen, dass Frankreich geeint und gestärkt aus seiner realen und psychologischen Krise herausfindet."

ÖSTERREICH

"Der Standard": Ein weiter Weg für Sarkozy bis zum Staatsmann

"Die Frage ist nun, wie sehr Sarkozy willens und in der Lage ist, sein Versprechen, 'die moralische Krise Frankreichs zu lösen', auch umzusetzen. Zu tun gäbe es genug, von der enormen Staatsverschuldung über die mangelhafte Integration der Jugendlichen in den Arbeitsmarkt bis hin zum ungelösten Problem der Banlieues. Um diese Herkulesarbeit in Angriff nehmen zu können, müsste sich Sarkozy zuerst einmal tatsächlich in jenen Präsidenten aller Franzosen verwandeln, der er angeblich sein will. Dazu bedürfte es freilich eines integrativeren politischen Stils, als er ihn bisher gepflogen hat. Vor allem mit seinen rabiaten Sicherheits- und Säuberungsversprechen hat sich Sarkozy in eine sehr exponierte rechte Position begeben. Der Weg von dort aus zum Staatsmann, dem man zutraut, sein Land aus einer Sinnkrise zu führen, wird ein sehr weiter sein."

"Die Presse": 'Der Macher' konnte sich durchsetzen

"Letztendlich konnte der 'Macher' Sarkozy die Mehrheit der Wähler überzeugen. Die Bewältigung der enormen Aufgaben, die auf das Land zukommen, wird ihm eher zugetraut als Royal. Nun muss der ehrgeizige konservative Politiker sich des Vertrauens würdig erweisen. Zeigen, dass es ihm nicht so sehr um die Macht geht, wie ihm manche vorwerfen, als vielmehr um die zügige Umsetzung von Reformvorhaben. Der Mann, der gern mit deftigen Worten Recht und Ordnung predigt und im ersten Wahlgang dem rechtsextremen Le Pen geschickt Stimmen abnahm, wird als Präsident Feingefühl beweisen und sich klar vom rechten Rand des politischen Spektrums distanzieren müssen."

ITALIEN

"La Stampa": Radikale Veränderung mit einem homo novus

"Die Franzosen haben eindeutig den 'homo novus' - Nicolas Sarkozy - gewählt. Der Wunsch nach radikaler Veränderung war stärker als die Angst, die der gaullistische Politiker hervorruft und auch stärker als der Slogan, der warnte: 'Alles, nur nicht Sarkozy'. Der sechste Präsident ist im lateinischen Sinne des Wortes ein homo novus. Im alten Rom war derjenige ein homo novus, der aus der Provinz kam, der erst seit kurzer Zeit adelig geworden war, der ganz hohe Ämter anpeilte, obwohl er nicht die dafür vorgesehene Ausbildung hat. Cicero war so ein homo novus. Er, Sarkozy, ist nicht französischen Ursprungs. Er ist ein Outsider. Und wie alle Outsider hat er einen maßlosen Ehrgeiz."

"La Repubblica": Eine neue Generation ohne alte Schemata

"Frankreich ist gestern abend in die Ära Sarkozy eingetreten. Mit einer eindeutigen, massiven Mehrheit für den Kandidaten von Mitte-Rechts ist er der sechste Präsident der Fünften Republik geworden. Für die Franzosen bedeutet dies das Ende der Epoche Mitterand-Chirac, die mehr als ein Viertel Jahrhundert gedauert hat und die mittlerweile durch die ermüdeten noch überlebenden Protagonisten einen eher grauen Anschein bekommen hat. Jetzt kommt die neue Generation an die Macht, die von Nicolas Sarkozy verkörpert wird und die sich aus den alten Schemata befreit hat." (je)