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Politik

Internet in China: Keine sicheren Nischen mehr?

Jörg Brunsmann
1. Februar 2018

Deutsche Firmenniederlassungen in China kommunizieren fast immer über eine gesicherte VPN-Verbindung mit der Zentrale in Deutschland. Bisher haben Chinas Behörden das toleriert. Doch das wird mehr und mehr eingeschränkt.

China Polizist vor Apple Store
Bild: picture alliance/dpa/D. Azubel

Die elektronische Tür nach Hause heißt VPN: "Virtual Private Network". Die Technik macht es möglich, dass Computer überall auf der Welt so miteinander verbunden werden, als stünden sie alle in der Firmenzentrale und wären mit dem dortigen Netzwerk verbunden, sicher vor Zugriffen von außen. Vor allem in Unternehmen ist das inzwischen praktisch Standard, um Filialen mit der Zentrale zu verbinden. VPN macht vieles leichter: Der Außenstelle in China die neuen Konstruktionspläne schicken oder Absprachen über die künftige Firmenstrategie treffen. Im gesicherten VPN-Netzwerk kann man das alles machen, ohne große Sorgen, dass jemand mitliest.

Der "Goldene Schild" wacht über allem

Die muss man sich bei der Internet-Nutzung in China sonst nämlich machen. Schon vor 20 Jahren, als die Bedeutung des Internets langsam erkennbar wurde, hat das chinesische "Ministerium für Staatssicherheit" umfangreiche Kontrolltechnik installiert. Das Projekt "Goldener Schild" oder die "Great Firewall", wie sie auch öfter genannt wird, ist eine Art Grenzkontrolle für Daten. Damit ist fast jede Art der Zensur möglich. Internetseiten, die dem Regime in Peking nicht passen, können blockiert werden, ebenso bestimmte Dienste und Apps. So sind Facebook und Twitter schon seit 2009 gesperrt; Instagram seit Ende 2014, Skype seit dem vergangenen Jahr. Auch Angebote der Deutschen Welle sind immer mal wieder von Sperrungen betroffen.

Nur über VPN zu erreichen: Facebook in ChinaBild: picture-alliance/dpa

Nur noch VPN von staatlich zertifizierten Anbietern 

Mit Hilfe der VPN-Technik können alle diese Beschränkungen unterlaufen werden; Mitarbeiter deutscher Firmen in China können beispielsweise auch Facebook nutzen oder mit ihren Familien via Skype kommunizieren. Bisher haben die chinesischen Behörden alle Arten von VPN-Verbindungen toleriert. Doch damit ist jetzt offenbar Schluss. Mit einem neuen Gesetz zur Cybersicherheit ändern sich die Bedingungen.

VPN-Verbindungen lassen sich zwar weiter nutzen, aber nur, wenn sie von einem staatlich zertifizierten Anbieter zur Verfügung gestellt werden. Davon gibt es derzeit drei in China. Für so eine Verbindung sollen dann umgerechnet mehr als 1.500 Euro pro Monat fällig werden. Vor allem für Mittelständler ist das ein Betrag, bei dem sie zweimal schlucken müssen.

Ob VPN-Verbindungen anderer Anbieter künftig konsequent abgeschaltet werden - und wann das passiert -, ist allerdings noch nicht klar. Manche Quellen berichten, der Stichtag sei der 1. Februar, andernorts ist die Rede vom 1. April. Zumindest haben die Behörden schon vorgearbeitet. Apple hat bereits im vergangenen Jahr sämtliche VPN-Apps aus dem chinesischen App-Store entfernt, so dass es deutlich schwieriger geworden ist, mit iPhone oder iPad VPN-Verbindungen aufzubauen.

Wie sicher kann man da noch kommunizieren?

Die Umstellung wirft vor allem eine Frage auf: Wie sicher sind die vom chinesischen Staat zertifizierten VPN-Verbindungen? Da staatliche IT-Anbieter Zugriff auf die Leitungen haben, könnten diese Verbindungen ebenfalls eingeschränkt werden - oder theoretisch sogar zur Industriespionage genutzt werden. Ferdinand Schaff, China-Referent des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (APA) glaubt, die Firmen werden sich umstellen: "Die Unternehmen werden sich genau überlegen, welche Art von Information sie mit ihren Niederlassungen in China teilen. Auch die Kommunikation wird sich verändern."

Ferdinand Schaff: Firmen werden Umstellung achselzuckend hinnehmenBild: Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

Dass Unternehmen aufgrund der veränderten Bedingungen das Land verlassen, glaubt er allerdings nicht. "Viele Firmen haben sich bereits einen der staatlich zertifizierten VPN-Zugänge zugelegt." China den Rücken zu kehren dürfte auch für die meisten von ihnen nicht so leicht sein; dafür hat der Markt dort inzwischen eine zu große Bedeutung.

Alternativen: kompliziert, langsam oder teuer

Es gibt Alternativen zur VPN-Technik, die haben aber alle ihre eigenen Probleme. Entweder sind sie kompliziert in der Anwendung, langsam oder teuer. "Es gibt die Möglichkeit, eine eigene Standleitung einzurichten", so Ferdinand Schaff. "Die kann allerdings 10.000 Euro und mehr pro Monat kosten" - was sie allenfalls für große Konzerne zu einer Alternative macht. Die meisten Unternehmen werden die Umstellung daher wohl mehr oder weniger achselzuckend hinnehmen und mit einem der staatlich zertifizierten VPN-Anbieter zusammenarbeiten. Zumal, so Ferdinand Schaff, die ausländischen Unternehmen gar nicht im Fokus der VPN-Umstellung stehen. "Dass es die Unternehmen trifft", so Schaff, "ist eine Art Kollateralschaden, den die chinesische Politik in Kauf nimmt. Es geht Behörden und Politik vor allem darum, den Informationsfluss innerhalb des Landes noch besser kontrollieren zu können."

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