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Internet-User retten Ai Weiweis Lego-Projekt

Ruben Kalus26. Oktober 2015

Vor seiner Gastprofessur in Berlin stand Ai Weiweis aktuelles Projekt auf der Kippe, weil die dänische Spielzeugfirma Lego ihm das Material dafür verweigert hatte. Seine Fans haben ihm nun unter die Arme gegriffen.

Ai Weiwei in seinem Atelier in Berlin im August 2015
Bild: Reuters/P. Kopczynski

Lego ist als kreatives Spielzeug für Kinder bekannt, nicht jedoch als materielle Basis für politische Konzeptkunst, wie Ai Weiwei sie betreibt. So sieht es jedenfalls das dänische Unternehmen. Der chinesische Künstler hatte vor einiger Zeit eine große Menge an Legosteinen für seine Ausstellung "Andy Warhol/Ai Weiwei" bestellt, die im Dezember im australischen Melbourne eröffnet werden soll. Geplant ist, als Zeichen für die Meinungsfreiheit in der National Galerie von Victoria Portraits von australischen Bürgerrechtsaktivisten mit Lego nachzubauen. Doch die Firma lehnte die Großlieferung ab. Begründung: Man könne es nicht gutheißen, dass Lego für politische Arbeiten verwendet werde.

Bereits im vergangenen Jahr hatte Ai Weiwei im Museum der US-amerikanischen Gefängnisinsel Alcatraz mit über einer Millionen Legosteine die Portraits von 176 verfolgten, im Exil lebenden oder sich in Haft befindenden Aktivisten dargestellt. Neben bekannten Gesichtern wie Edward Snowden oder Nelson Mandela zeigte er dort auch weniger bekannte Gesichter. Angesichts der Ablehnung seiner Bestellung für das neue Projekt zeigte sich Ai Weiwei äußerst überrascht und verärgert: "Ich war ziemlich geplättet, denn es handelte sich doch um einen ganz respektablen Auftrag", sagte er bei einem Pressegespräch am Montag, den 26. Oktober. Seinem Unmut machte der Künstler vor allem in den sozialen Netzwerken Luft.

Ai Weiweis Austellung von 2014 in AlacatrazBild: Getty Images/J. Sullivan

#Legosforweiwei

In Anspielung auf das gleichnamige Titellied des Animationsfilms "The Lego Movie" veröffentlichte Ai Weiwei auf Instagram ein mit "Everything is awesome" (Alles ist großartig) untertiteltes Foto einer Toilette, in deren Mitte ein Haufen Legosteine liegt. Ebenfalls bezeichnete er Legos Verhalten als "Akt der Zensur und Diskriminierung." Als mögliche Motivation hinter der abgelehnten Bestellung sieht Weiwei die geplante Erbauung eines Legolands in Shanghai. Lego stritt jedoch jeglichen Zusammenhang ab und verwies darauf, das Projekt liege vollkommen in der Hand der britischen Entertainment Gruppe Merlin Entertainments, die bereits vor zehn Jahren die Rechte daran erworben hatte.

Ai Weiwei lässt seinem Ärger auf Instgram freien LaufBild: Instagram/Ai Weiwei

Zahlreiche Nutzer der sozialen Netzwerke stiegen in die Kritik an Lego ein, so dass ein kleiner Shitstorm entstand. Viele User warfen der Firma auf Facebook, Twitter und Instagram vor, sich durch die verwehrte Lieferung indirekt gegen die Meinungsfreiheit auszusprechen. Einige User wiesen auch kritisch auf die einstige Kooperation zwischen dem Ölkonzern Shell und Lego hin, die nach 50 Jahren auf großen Druck von unter anderem der Umweltorganisation Greenpeace 2014 beendet wurde. Über den Hashtag "#legosforweiwei" starteten Kunstfans einen Spendenaufruf, um Ai Weiwei die benötigten Steine zukommen zu lassen.

Ai Weiwei hat nun in verschiedenen Städten weltweit Sammelcontainer für Legosteine einrichten lassen, darunter ein geparktes Auto, durch dessen offenes Schiebedach die Leute ihre Steine hineinwerfen können. Durch den Aufruf zum Crowdfunding im Internet sind bereits so viele Steine zusammengekommen, dass Ai Weiwei seine Ausstellung in Australien verwirklichen kann.

Antrittsvorlesung in Berlin am 1. November

Bereits im Jahr 2011 hatte die Berliner Universität der Künste (UdK) Ai Weiwei für eine Gastprofessur nach Berlin eingeladen. Er konnte jedoch aufgrund seines damals noch bestehenden Hausarrests China nicht verlassen. Seit er wieder uneingeschränkt reisen darf, steht nun auch der Start seiner von der Einstein Stiftung Berlin finanzierten Gastprofessur fest. Am 1. November wird die Auftaktveranstaltung "Kunst (lehren)" stattfinden. Am 26.10. traf sich Ai Weiwei in Berlin mit Journalisten, um vorab ein paar Fragen zu seiner Lehre zu beantworten.

Seine aus 16 Schülerinnen und Schülern bestehende Klasse hatte er aus etwa 100 Bewerbern ausgewählt. Mit den auszubildenden Künstlern aus den Bereichen Medien, Mode, Film, Design und Fotografie möchte sich Ai Weiwei unter anderem dem Thema Flüchtlinge widmen. Menschenrechtsfragen und konkrete politische Themen will er außen vor lassen, was er mit der Aussage "Ich lehre an einer Kunstschule" unterstrich. Dass Ai Weiwei nach wie vor ein vehementer Vertreter der Meinungs- und vor allem Kunstfreiheit ist, hat er mit seiner Lego-Aktion bewiesen.

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