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Politik

"Deutschland sollte Schlüsselrolle spielen"

20. Februar 2019

Albaner hätten vom Fall der Berliner Mauer besonders profitiert, so der Staatspräsident Albaniens, Ilir Meta, im DW-Interview anlässlich seines Besuchs in Berlin.

Albanischer Präsident Ilir Meta im DW-Interview mit Adelheid Feilcke
Bild: DW/A. Shuka

DW: Herr Präsident, Sie haben sich in Berlin mit dem deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier getroffen. Welche Botschaft haben Sie von ihm bekommen?

Ilir Meta: Er würde sich insbesondere über neue Erfolgsgeschichten aus Albanien und anderen Ländern des Westbalkans freuen, sowie über das Abkommen zwischen Mazedonien und Griechenland (im Namensstreit, Anm. d. Red.), damit er sein unermüdliches Engagement für die EU-Erweiterung mit den Ländern des West-Balkans fortsetzen kann.

Aus Albanien kommen jedoch keine guten Nachrichten: Die Opposition protestiert, die Abgeordneten wollen die Mandate abgeben, um Regierungschef Rama zu stürzen.

Die Eskalation ist nicht gut, zumal uns nur wenige Monate von der Entscheidung der EU-Länder für den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit unserem Land trennen. Deshalb ist es an der Zeit, dass die Opposition einen Schritt und der Premierminister und seine Regierung zwei Schritte zurücktreten. Sie sollen die unabhängigen Institutionen respektieren, keinen Einfluss auf die Bildung der neuen Rechtsinstitutionen üben und sie sollen einige Korruptionsfälle, die die Öffentlichkeit der letzten Zeit erschüttert haben, aufklären. Andernfalls verpassen wir die Gelegenheit, die insbesondere durch das historische Abkommen zwischen Mazedonien und Griechenland für beide Länder sehr günstig ist, dass die Europäische Union im Juni ein starkes Signal der Hoffnung und der Ermutigung im Erweiterungsprozess nach Westbalkan sendet.

Für Donnerstag werden wieder Proteste im Land erwartet. Was ist Ihre Botschaft an die Demonstranten?

Es ist wichtig, dass jeder Protest friedlich verläuft, dass diejenigen, die diese Proteste organisieren, auch die Verantwortung für alles, was dort passiert, übernehmen. Es ist beschämend, dass jeder noch so kleine Anlass zu Protesten führt. Denn die Unzufriedenheit in Albanien ist real und es ist an der Zeit, diese Unzufriedenheit und diese Wut nicht zu instrumentalisieren, sondern sie richtig zu interpretieren und in eine positive Energie für die Entwicklung des Landes zu verwandeln.

Zwischen Kosovo und Serbien soll demnächst ein Abkommen abgeschlossen werden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es dabei auch zu Grenzveränderungen kommt. Wie stehen Sie dazu?

Ich glaube immer an den Dialog, aber ich glaube auch an die Motivation und Inspiration für den Erfolg dieses Dialogs, der für beide Seiten die gemeinsame europäische Perspektive sein sollte. Ähnlich wie im Falle Mazedoniens, möchte ich hier insbesondere die Zusammenarbeit zwischen den USA und der EU hervorheben, und in diesem Falle noch spezifischer: die Zusammenarbeit zwischen den USA und Deutschland. Es ist sehr wichtig, dass so schnell wie möglich ein Abkommen erreicht wird. Dieses sollte den Frieden und die dauerhafte Sicherheit in der Region garantieren, aber auch die europäische Perspektive für beide Länder, sowohl Serbien als auch Kosovo. Und im Moment gibt es kein geeigneteres Land als Deutschland um diese zu garantieren.

Baut auf Vermittlerrolle Deutschlands im serbisch-kosovarischen Konflikt Ilir Meta und Frank-Walter Steinmeier Bild: picture-alliance/AA/A. Hosbas

Derzeit übt man von allen Seiten Druck auf das Kosovo aus, um die Zollgebühren gegen Serbien aufzuheben. Ist das richtig?

Zunächst möchte ich meine tiefe Enttäuschung zum Ausdruck bringen, dass es keine Entscheidung über die Visa-Liberalisierung für Kosovo-Bürger gab. Zweitens bin ich auf keinen Fall für neue Hindernisse im Dialog, aber der Dialog sollte auf Fairness basieren und nicht indem man Druck auf nur eine Seite ausübt. Deutschland könnte hier als ein Schlüsselland in der EU wieder eine wichtige Rolle für die Vertrauensbildung und die Beseitigung der Hindernisse für den Dialog spielen.

Es gab vor einiger Zeit auch Vorschläge, die Kosovo-Albaner mit albanischen Pässen auszustatten, wenn die Visa-Liberalisierung noch weiter hinausgezögert wird.

Das ist keine Lösung. Albanien muss seine Verpflichtungen, die aus diesem verdientem Recht stammen, respektieren, andernfalls könnte dem Land eines Tages die Visafreiheit wieder entzogen werden. Das wäre keine Lösung für die Bürger im Kosovo. Die Bürger des Kosovos haben ihre eigenen Pässe, sie haben ihren eigenen Staat, den 23 Länder der EU anerkannt haben. Sie haben ein Versprechen bekommen und dieses Versprechen sollte längst erfüllt sein, denn die Visa-Liberalisierung war ein technischer Prozess und sie haben diese technischen Voraussetzungen viel besser erfüllt als seinerzeit Albanien und andere Länder des westlichen Balkans.

Aus dem albanischen Raum (Albanien und Kosovo, Anm. d. Red.) ist immer wieder die Rede von einer Albanischen Union zu hören. Wie stehen Sie zu dieser Vision?

Die Albaner haben als Nation am meisten von dem Fall der Berliner Mauer profitiert. Wenn wir sehen, wo Albanien heute steht und es damit vergleichen, wo es vor 30 Jahren war, wenn wir die Albaner im Kosovo sehen, die heute ihren eigenen Staat haben, wenn wir die Rechte der Albaner in Mazedonien oder Montenegro sehen, die so stark wie niemals zuvor sind, so glaube ich, dass die Albaner an der Fortsetzung dieses Projektes sehr interessiert sind und alles daran setzen sollten, für die Europäisierung des Balkans einzustehen.

Ilir Meta (49) ist seit Juni 2017 Staatspräsident Albaniens.

Das Gespräch führte Adelheid Feilcke (Mitarbeit Anila Shuka)

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