Jamie Oliver hat "Superfood" nachgespürt und ein neues Kochbuch darüber geschrieben. Der DW verriet der britische Starkoch das Ernährungs-Geheimnis eines Hundertjährigen, den er auf seiner kulinarischen Reise traf.
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DW: Was kocht der Chefkoch Jamie Oliver am liebsten?
Jamie Oliver: Ich mag einfaches, rustikales Essen, bei dem man sich wohl fühlt. Essen, das entspannt, aber neugierig macht. Ich möchte die Natur nicht zu sehr beeinflussen. Es gefällt mir sehr, wenn ich nicht zu viel antasten muss. Wahrscheinlich geht mehr Zeit dafür drauf, Lebensmittel zu finden und zu kaufen, als etwas daraus zu machen. Aber ich liebe es sehr. Und ich liebe die Tatsache, dass Essen wirklich alles sein kann: die Michelin-Köche, die Unglaubliches daraus machen - und "Street-Food"-Köche, die heutzutage auf gleichem Niveau kochen. Wirklich aufregend, überall auf der Welt. Es ist eine tolle Branche, die sich permanent entwickelt.
Hatten Sie schon in jungen Jahren eine Mission? Wie sieht das heute aus?
Ich wollte nie ins Fernsehen, war auch nie politisch oder ein Vorkämpfer. Aber was vor 17 Jahren passierte - damals mit der "The Naked Chef"-Sendung, auch in Deutschland - das war schon verrückt. Es war ein Schlüsselerlebnis mit einer neuen Generation von Köchen: etwas weiblicher, etwas natürlicher, ein bisschen lotteriger. Es ging mehr darum, wie zuhause gekocht wird, weniger ums Restaurant.
Aber vor allem fing ich an, mich mit Menschen aus aller Welt zu unterhalten. Das verändert einen nachhaltig. Man schätzt umso mehr die Kultur und gutes Essen weltweit.
Über die jeweilige Landesküche bekommt man einen guten Einblick in ein Land - sie zeigt aber auch die Probleme auf, wenn Leute zum Beispiel krank werden, wenn Typ-2-Diabetes zur Volkskrankheit wird, so wie heutzutage in Deutschland und in Großbritannien. Man trifft Leute, die die Art, wie man denkt, umkrempeln. Darüber muss man einfach reden. Nicht, dass ich es wollte: Ich kann es nicht nicht tun.
"Jamies Superfood für jeden Tag" habe ich geschrieben, weil die Menschen wirklich verwirrt waren. Welche Fette sind gut, welche schlecht? Wie ist es mit industriell verarbeiteten Lebensmitteln? Sind Kohlenhydrate schlecht für die Gesundheit und machen sie dick? All das wurde ich gefragt.
Also hatte ich das Gefühl, ich müsste Licht in die Debatte bringen - und eins führte zum anderen. Wir haben mit Wissenschaftlern und Professoren gesprochen. Wir sind in die Gegenden gereist, wo die ältesten Menschen leben - mit denen haben wir tatsächlich Partys gefeiert. Es war unglaublich. Diese Leute hatten alle einen Garten. Sie aßen selten Fleisch - aber wenn, dann nur von bester Qualität. Ihr Essen ist ziemlich einfach, farbenfroh und lecker. Wo man doch heutzutage alle Lebensmittel überall kaufen kann, empfand ich es als Ehre, einen Hundertjährigen zu fragen: "Was ist Dein Geheimnis?" Und er antwortete: "Eier, Eier sind unglaublich! Erstaunliche Proteine, jeden Morgen!" Und das 100 Jahre lang! Das hat mich inspiriert, dieses Buch zu Ende zu schreiben.
Köche, die die Welt verändern
Jamie Oliver setzt sich in Großbritannien für gesundes Schulessen ein und revolutioniert die britische Küche. Doch es gibt weltweit auch noch andere Köchinnen und Köche, die auf ihre Weise etwas bewegen.
Bild: picture-alliance/Everett Collection
Julia Child: Die Pionierin à la française
Eine davon ist Julia Child (1912-2004). Die US-Amerikanerin fand erst relativ spät zur Kochkunst. Als ihr Mann in den 1950er Jahren in Frankreich für das US-Außenministerium arbeitete, lernte sie die Kost des Landes lieben. Sie besuchte die renommierte Kochschule Cordon Bleu in Paris. Später machte sie in ihrer Kochshow "The French Chef" die US-Amerikaner mit der französischen Küche vertraut.
Bild: picture-alliance/AP Photo/J. Chase
Clemens Wilmenrod: Der erste Fernsehkoch
Auch er ist einer der Vorreiter seiner Art. Clemens Wilmenrod (1906-1967) war der erste Koch im deutschen Fernsehen. Ab 1953 erfand der gelernte Schauspieler eigenwillige Rezepte. In der Küche gebe es keine Vorschriften. Die sei ja keine Kaserne, sagte er einmal. Er gilt auch als Erfinder des Toast Hawaii. Manche Zuschauer begeisterte diese Experimentierfreude, andere waren angewidert.
Bild: picture-alliance/dpa
Hélène Darroze: Die beste Köchin der Welt
Die Welt der Spitzenküche ist immer noch eine Männerdomäne. Hélène Darroze sticht da heraus. Die Französin betreibt ein Restaurant in Paris, eines in London und darf sich mit zwei Michelin-Sternen schmücken. Außerdem hat das Restaurant Magazine sie in diesem Jahr zur besten Köchin der Welt gekürt. Darroze führt eine Familientradition fort: Bereits ihre Urgroßeltern waren in der Gastronomie tätig.
Magnus Nilsson: Der Koch vom Polarkreis
Der Schwede Magnus Nilsson konzentriert sich nicht auf die kulinarischen Hochburgen, sondern lockt Feinschmecker in eines der abgeschiedensten Spitzenlokale. Nahe des Polarkreises kredenzt er in einer alten Scheune Gerichte der New Nordic Cuisine. Sein Motto: Wer sich beschränkt, ist kreativer. Mit 31 zählt er zu den jüngsten Köchen der San-Pellegrino-Liste "The World's 50 Best Restaurants".
Bild: picture-alliance/AP Photo/Netflix
Francis Mallmann: Der Feuerkünstler
Der argentinische Meisterkoch bezeichnet sich als Autodidakt der Intuition. Konventionen wirft er gerne über Bord. Und wenn er kocht, steht er nicht in der Küche, sondern draußen am Lagerfeuer. Seit Jahrzehnten reist er um die Welt und zaubert seine Gerichte – am liebsten leicht angekokelt für das besonders kräftige Aroma. Seine Philosophie: Wo du Feuer machen kannst, kannst du auch kochen.
Bild: picture-alliance/AP Photo/Netflix
David Chang: Der Gärexperte
Auch dieser Sternekoch zählt zu den kulinarischen Superstars. Der US-Amerikaner mit koreanischen Wurzeln hat mit seiner Momofuku Noodle Bar im East Village vor über zehn Jahren den Appetit der New Yorker auf Kimchi und Co. geschürt. In seinem Momofuku Culinary Lab experimentieren Lebensmittelwissenschaftler und Köche, wie man mit Gärung neue Geschmacksrichtungen erzeugen kann.
Bild: Gabriele Stabile
Massimo Bottura: Der Retter des Parmesans
Seine Osteria Francescana steht auf Platz zwei der San-Pellegrino-Liste "The World's 50 Best Restaurants". Im Mai 2012 bebte die Erde in seiner Heimat, der Emilia-Romagna. Mehr als 300.000 Laibe des berühmten Parmesans zerbrachen. Bottura kochte in der Öffentlichkeit Gerichte mit Parmesan, Tausende Italiener taten es ihm gleich und am Ende war der Käseberg verkauft.
Bild: Getty Images/AFP/Y. Chiba
Vikas Khanna: Der Aufsteiger
Vom Tellerwäscher zum New Yorker Spitzenkoch: Das ist die Geschichte von Vikas Khanna. Der Sternekoch aus Amritsar gilt weltweit als Botschafter der indischen Küche. Nebenbei ist er Buchautor, Fernsehkoch und Dokumentarfilmer. Außerdem engagiert er sich für soziale Projekte. Mit der Kochaktion "Cook for a Smile" will Khanna etwas gegen die Mangelernährung von Kindern in Indien tun.
Bild: Getty Images/AFP/N. Nanu
Reuben Riffel: Der Aromenkönig
Die Küche des Spitzenkochs ist kantig, direkt und voller Aromen. Wie kein zweiter steht Reuben Riffel für das weltoffene Gesicht Südafrikas. Seine Küche ist eine Mischung aus Einflüssen seiner Kindheit und Inspirationen von südafrikanischen und internationalen Köchen. Er ist außerdem Kochbuchautor, tritt als TV-Koch auf und agiert als Botschafter der Initiative "Hope through action".
Bild: Getty Images/AFP/S. de Sakutin
Sarah Wiener: Die Tausendsasserin
Die Wienerin hat es geschafft, omnipräsent zu sein. Sie hält Vorträge über gesunde Ernährung, betreibt Restaurants und Cateringunternehmen und reist im Fernsehen auf der Suche nach dem nächsten kulinarischen Abenteuer durch verschiedene Regionen. Wiener kocht vor allem solide Hausmannskost. Mit ihrer Sarah-Wiener-Stiftung engagiert sie sich "für gesunde Kinder und was Vernünftiges zu essen."
Bild: Christian Kaufmann
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Ein Buch über "Superfood": Springen Sie damit nicht nur auf einen fahrenden Zug auf?
Also, Superfood ist schon seit 5 oder 10 Jahren ein Begriff, aber keiner kommuniziert Essen so gut wie ich - in 110 Ländern weltweit und auf 220 Plattformen. Inspiriert werde ich von der Öffentlichkeit und meinen eigenen Erfahrungen. Wenn ich damit auf einen fahrenden Zug aufspringe, dann macht mich das sehr stolz. Ich hoffe, Millionen von Menschen diese Werte näher zu bringen.
Nehmen Sie nur einmal das Konzept "Superfood": Was ist das? Oft denkt man da nur an Quinoa, Chia-Samen und Goji-Beeren. Aber Superfood hat nicht nur eine Zutat, keine einzelne Zutat beinhaltet alles.
Eigentlich ist es so: Die meisten Menschen, die wirklich alt werden, wissen einfach, wie man Speisen schmackhaft und gesund zubereitet. Sie essen weniger verarbeitetes Fleisch und mehr Vollkorn - und schon haben sie mehr Qualität.
Zwei Dinge sind noch interessant: Die Menschen, die am längsten leben, haben oft nicht viel Geld. Und die Menschen, die mir die besten Mahlzeiten meines Lebens zubereitet haben, hatten auch nie viel Geld.
Die Idee, dass es in Wirklichkeit um Wissen geht, gefällt mir sehr gut: Das ist der Mehrwert, das ist der Luxus. Ich bin davon überzeugt: Wenn man kochen kann, spielt es keine Rolle, ob man arm ist oder reich - man wird seine Familie vernünftig ernähren, Partys feiern und essen wie ein König. Das habe ich so erlebt.