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Kampf gegen Feuerfische

Claudia Adrien
19. April 2016

Der Feuerfisch ist in der Karibik und weiten Teilen des Westatlantiks zu einer Plage geworden. Auf der honduranischen Insel Roatan versucht man, mit ungewöhnlichen Methoden gegen den Fisch vorzugehen.

Ein Feuerfisch unter Wasser
Bild: CC BY 3.0/Alexander Vasenin

Mit Speeren bewaffnete Taucher spießen Feuerfische auf. Blutverschmiert und halbtot halten sie die Tiere karibischen Riff-Haien zum Fressen hin. Die Raubfische sollen auf den Geschmack der wunderschönen, aber zerstörerischen Fische kommen - und so deren Ausbreitung eindämmen.

Aber während das Blut sich in roten Wirbeln im kristallklaren Wasser verteilt, werden die Haie etwas zu hungrig und drängen sich um die Taucher, die dabei riskieren verletzt zu werden. Die Haie scheinen den giftigen Fisch gut verdauen zu können. Aber die Taucher beschließen, das Experiment nach einer Woche zu beenden.

"Die Haie sind ganz aufgeregt, das könnte zu einem Risiko für die Taucher werden", sagt Giacomo Palavicini, Geschäftsführer des Roatan Marine Park (RMP), der das Experiment 2010 vor der Küste Roatans organisierte, einer Insel von Honduras in der Karibik.

Auf Roatan bekämpft man den rotbraunfarbenen Fisch mit den weißen Streifen und den vom Körper abstehenden strahlenartigen Flossen schon seit sechs Jahren. Er ist so unwillkommen wegen seines großen Appetits auf andere Fische und Krabben, die für die Gesunderhaltung des mesoamerikanischen Riff-Systems so wichtig sind. In anderen Teilen der Karibik und des Westatlantiks ist der Eindringling, der ursprünglich aus dem indischen und pazifischen Ozean stammt, schon seit den 1980er Jahren zum Problem geworden.

Auch wenn das kurzlebige Handfütter-Experiment extrem anmutet, zeigt es, wie verzweifelt die Lage schon geworden ist. Es markiert auch den Beginn einer umfassenderen Strategie, die sowohl die Menschen als auch die Tierwelt der Region gegen den Feuerfisch in Stellung bringen soll. Im weiteren Sinne steht dieser Kampf auch für das Ringen um den Erhalt der Artenvielfalt auf Roatan, die davon abhängt, dass die Küsten und das Wasser sauber gehalten werden, sagt Palavicini.

Auf Kokosnüsse schießen

RMP klärt die lokale Bevölkerung über die Auswirkungen der Feuerfisch-Invasion auf die Wirtschaft und Umwelt auf. Die Experten des Meeresschutzparks haben bereits 1500 der Anwohner im umweltfreundlichen Töten der Fische geschult - keine kleine Zahl gemessen an den 100,000 Einwohnern der Insel.

Dank der Schutzbemühungen ist das Korallenriff vor Roatan relativ intaktBild: CC BY 2.0/SNORKELINGDIVES
Die Feuerfische per Hand an karibische Riff-Haie zu verfüttern, wurde für die Taucher zu riskant.Bild: CC BY 2.0/Joi Ito

In Abstimmung mit Regierungsbehörden stellt die NGO sicher, dass die Jäger vernünftig an den Speeren ausgebildet werden, so dass sie während der Jagd keine anderen Tiere verletzen oder das Riff beschädigen. Während des Trainings versuchen die Teilnehmer unter Wasser versteckte Kokosnüsse aufzuspießen. Verfehlen die Taucher ihre Ziele und treffen das Riff mehr als einmal, bekommen sie keine Feuerfisch-Jagdlizenz.

Die Anstregungen scheinen Früchte zu tragen.

"Die Feuerfische schwimmern nicht mehr im offenen Wasser um das Riff herum, wie das in den ersten Jahren noch der Fall war", sagt Nicholas Bach, Kommunikationschef von RMP. "Sie haben gelernt, sich vor uns zu verstecken oder flüchten, wenn sie das Geräusch von Luftblasen hören."

Taucher berichten davon, dass die Feuerfische sich nun tagsüber verstecken und wieder zu ihrem natürlichen Verhalten zurückgekert sind: sie gehen nachts auf Beutezug. Das lässt vermuten, dass die Tiere Angst vor möglichen Fressfeinden entwickelt haben. Neuere Untersuchungen zeigen auch, dass in den Gewässern vor Sandy Bay am westlichen Ende der Insel, wo die Eindringlinge besonders intensiv gejagt werden, die Zahl der Feuerfische dramatisch gefallen ist und heimische Fischbestände sich wieder erholt haben.

Feuerfisch-Fischfutter

Das Experiment, den Feuerfisch zu bekämpfen, indem man ihn an Haie verfüttert, war keine völlige Pleite, sagt Palavicini. Seinem Team hätte es klar gemacht, dass die Meereswelt mit der Zeit gewillt sein könnte, unbekannte, invasive Arten zu verspeisen.

Während die Meeresströmung einen Teil der Feuerfische entsorgt, werden andere Exemplare Zackenbarschen, Schnapper- und Drückerfischen zum Fressen gegeben. Einige Inselbewohner berichten davon gesehen zu haben, wie die Barsche die spindeligen Eindringlinge verspeisen. Aber lokale Arten für die Jagd auf Feuerfische zu schulen, sei nicht die beste Option, sagt Bach. Es könnte die zu Räubern abgerichteten Tiere noch aggressiver machen. Und das wäre am Ende auch ein Problem für die Trainer, wie das Hai-Experiment gezeigt habe.

Eine 2013 im Fachmagazin PLOS ONE veröffentlichte Studie kam zu dem Schluss, dass die kontrollierte Tötung der Fische - etwa durch Harpunieren - wahrscheinlich der beste Weg sei, die Feuerfisch-Population in Schach zu halten. Oder sie zu essen, wie es in der Studie heißt. Aber die Inselbewohner sind noch nicht auf den Geschmack gekommen - zu groß ist ihr Respekt vor den giftigen Flossen, so Palavicini. Dabei ist es überhaupt kein Problem den Fisch zu essen, wenn er richtig zubereitet wird, und RMP bietet regelmäßige Barbeques für Touristen, um sie für das weiche schmackhafte Fleisch des Fisches zu begeistern.

Wasser ist der Schlüssel

Roatans weitgehend unberührte kristallblaue Wasser und die farbenfrohen Korallenriffe mit mehr als 500 Fischarten sind ein großer Touristenmagnet. Aber um genau die Artenvielfalt zu erhalten, die die Reisenden auf die Insel führt, bedarf es mehr als nur Feuerfische zu töten.

Seegras und Mangroven sind die erste Verteidigungslinie gegen die Wasserverschmutzung - sie agieren als natürliche Filter. Sie zu schützen ist ebenso wichtig, wie die Verunreinigung des Ozeans durch Abwässer zu verhindern. Die Bay Islands Umweltschutz-Vereinigung arbeitet daher mit der deutschen Entwicklungsbank KfW zusammen, um genau das sicher zu stellen - indem sie die sanitäre Versorgung für Geringverdiener-Haushalte auf der Insel verbessert.

Umweltschützer haben auch die Anwohner und örtliche Unternehmen in nachhaltigem Tourismus geschult.

"Jetzt ist noch die richtige Zeit, den Verfall des Riffs zu stoppen", sagt Palavicini. " Aber die Menschen vor Ort müssen sich bemühen, auf jeder Ebene ein Teil der Lösung zu sein."

Mangroven schützen die Küste vor Erosion und halten das Wasser sauberBild: CC BY 2.0/Ron from Nieuwegein