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Investitionen in Vietnam brauchen gute Vorbereitung

Rodion Ebbighausen28. Juni 2016

Deutschland und Vietnam setzen verstärkt auf wirtschaftliche Kooperation. Politik und Verwaltung beider Länder machen Werbung, doch deutsche Unternehmer haben noch viele Fragen.

Vietnam Skyline von Hanoi
Bild: picture-alliance/DUMONT Bildarchiv

Die Neubesetzung der jeweiligen Botschaft in Hanoi und Berlin setzt ein klares Zeichen: Seit etwa sechs Monaten ist Botschafter Christian Berger der Vertreter der Bundesregierung in Vietnam. Zuvor war er Beauftragter für die Außenwirtschaftsförderung des Auswärtigen Amtes. Ebenfalls seit mehr als sechs Monaten ist der vietnamesische Botschafter Doan Xuan Hung in Berlin. Er war zuvor in Japan und besonders erfolgreich bei der Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit.

Beide Botschafter stehen also für wirtschaftliche Kompetenz. Die wird es brauchen, denn Deutschland und Vietnam haben ehrgeizige Ziele: Das jährliche Handelsvolumen soll von derzeit acht auf zwanzig Milliarden Euro ansteigen. Darauf hatten sich Kanzlerin Merkel und der damalige vietnamesische Präsident Truong Tan Sang bei dessen Staatsbesuch in Deutschland 2015 geeinigt, allerdings ohne einen konkreten Zeitrahmen vorzugeben.

Werbeveranstaltung

Um Werbung für den Wirtschaftsstandort Vietnam zu machen, hat Botschafter Doan Xuan Hung eine hochrangige Delegation unter Führung des vietnamesischen Vizeaußenministers Bui Thanh Son nach Berlin eingeladen. Etwa 300 Interessierte aus Politik und Wirtschaft nahmen an der Veranstaltung in der zweiten Junihälfte teil.

Die Bundesregierung, auf der Konferenz vertreten durch den Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums Uwe Beckmeyer, begrüßte die Initiative ausdrücklich. "Wir sind für die Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen." Bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Vietnam sei das Potential keineswegs ausgeschöpft.

Zentrum des Freihandels

Für den Wirtschaftsstandort Vietnam sprechen: Der große Markt mit fast 90 Millionen konsumfreudigen, überwiegend jungen Leuten. Die vergleichsweise niedrigen Lohnkosten, die deutlich unter denen von China liegen. Eine Reihe von Freihandelsabkommen, die Vietnam bereits abgeschlossen hat oder die gerade ausgehandelt werden. Sie machen Vietnam zu einem der Zentren des Freihandels in Asien.

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Zu nennen wären die Transpazifische Partnerschaft (TPP) oder die ASEAN Economic Community (AEC). Von besonderer Bedeutung ist aus deutscher Sicht das EU-Vietnam Freihandelsabkommen, eines der umfangreichsten, das die EU jemals mit einem Entwicklungsland abgeschlossen hat. Es sieht nicht nur die Reduktion von Zollschranken vor, sondern auch die Ausräumung nichttarifärer Handelshemmnisse. Die Ratifizierung wird für 2017 erwartet.

Infrastruktur- und Fachkräftemangel

Aber es gibt auch Probleme: Die Infrastruktur in Vietnam ist in vielen Teilen des Landes nicht ausreichend. Das betrifft sowohl Straßen und Energieversorgung als auch die für Mittelständler wichtige Zulieferindustrie und die Rohstoffbereitstellung, die internationalen Standards nicht immer genügt.

Was deutsche Unternehmer auch zögern lässt, nach Vietnam zu gehen, sind Rechtsunsicherheit und Korruption. Im Gespräch mit der Deutschen Welle sagte Björn Koslowski, stellvertretender Geschäftsführer der AHK in Hanoi: "Es gibt keine Rechtssicherheit." Allerdings werde das nur in seltenen Fällen zum Problem, denn Vietnam habe ein sehr großes Interesse an einer möglichst reibungslosen Zusammenarbeit. "Ein großer Teil der Wirtschaftsleistung wird von ausländischen Unternehmen beigesteuert, die in Vietnam investieren." Insgesamt sind aber weder Rechtsunsicherheit noch Korruption eine vietnamspezifische Herausforderung, die Investitionen grundsätzlich entgegenstünden. Das war auf der Veranstaltung in Berlin mehrfach zu hören.

Ein anderes Problem, das Frank Hopfenbach, der bis 2014 als Landesmanager des Industriegasherstellers Messer Group in Vietnam tätig war, betont, ist der Mangel an Fachkräften. Ein von Messer angeschobenes Projekt zur dualen Ausbildung nach deutschem Vorbild müsse bedauerlicherweise eingestellt werden, da es von Seiten der vietnamesischen Regierung zu wenig Unterstützung erfahren habe. Das habe auch mit den aus deutscher Unternehmersicht oftmals quälend langsamen Entscheidungen zu tun. Er appellierte mehrfach an die vietnamesische Regierung: "Es müssen schnellere Entscheidungen getroffen werden."

Etwa 300 Gäste interessierten sich für die deutsch-vietnamesischen WirtschaftsbeziehungenBild: DW/R. Ebbighausen

Bilaterale Handelskammer

Dazu könnte vielleicht eine bilaterale Handelskammer beitragen. Vertreter Deutschlands äußerten auf der Konferenz immer wieder den Wunsch nach einer derartigen Institution. Sie hätte den Vorteil, dass ihr sowohl deutsche als auch vietnamesische Unternehmen beitreten könnten, was die Zusammenarbeit erleichtern würde. Bilaterale Handelskammern hat Deutschland weltweit in fast 100 Ländern. Doch die vietnamesische Regierung kennt dieses Modell nicht und zögert. Sie verspricht aber, den Vorschlag zu prüfen und juristische Hürden, wenn möglich, zu beseitigen.

Die Vertreter der vietnamesischen Regierung haben sich zu allen oben genannten Punkten geäußert und zugesichert, daran zu arbeiten. Zu fast allen angesprochenen Themen liegen Regierungsbeschlüsse vor, die nun umgesetzt werden müssen.

Vizeaußenminister Bui Thanh Son warb immer wieder um Vertrauen. Politisch gebe es bereits eine strategische Partnerschaft, jetzt müsse die wirtschaftliche folgen. Vietnam wolle Bedingungen schaffen, so dass eine Welle von kleinen und mittelständischen Unternehmen aus Deutschland nach Vietnam kommen könne.

Fragen an den vietnamesischen Botschafter

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Deutschland ist nicht Japan oder Korea

Doch an diesem Punkt wird nach Ansicht von Timo Prekop und Daniel Müller vom Unternehmernetzwerk German Asia-Pacific Business Association (OAV) ein spezifisches Problem klar. Die Unterschiede zwischen deutscher und etwa koreanischer oder japanischer Wirtschaftszusammenarbeit seien der vietnamesischen Seite nicht immer hinreichend bewusst. Müller sagt: "Was deutsche Unternehmer zuweilen stört, ist eine gewisse Subventionsmentalität. Es gibt viele interessante Projekte auch für deutsche Unternehmen, aber die vietnamesische Seite erwartet dann auch, dass die Mittel dafür bereitgestellt werden." Sprich: Deutsche Unternehmen sollen nicht nur in das eigentliche Projekt investieren, sondern auch in die erforderlichen Voraussetzungen.

Prekop ergänzt: "Befeuert wird das durch ostasiatische Länder wie Japan und Korea." Diese gehen mit großen Konglomeraten wie etwa Samsung in eine Region und liefern Straßen, Häfen und Kraftwerke gleich mit." Nicht selten über staatliche Entwicklungsprojekte. So funktioniere das in Deutschland nicht, insbesondere nicht für kleine und mittelständische Unternehmen. "Es ist nötig, dass die Möglichkeiten und Grenzen dieser Unternehmen noch klarer herausgestellt werden. Der deutsche Staat kann flankieren, aber die Voraussetzungen für eine neue Welle deutscher Investitionen müssen primär von Vietnam selbst geschaffen werden."

Unternehmerperspektive

Heinz Witte sieht ein ähnliches Problem, allerdings eher auf deutscher Seite. Der Geschäftsführer von GW nature cosmetic, einem Unternehmen, das hochpreisige Bio-Kosmetik Made in Germany anbietet und damit vor allem in Ostasien erfolgreich ist, plant seine Produkte auch in Vietnam, Thailand und Indonesien zu vertreiben. In Kambodscha ist das Unternehmen bereits aktiv. Know how für den asiatischen Markt ist also vorhanden. "Die Problematik ist, dass sich die Investitionen von kleinen und mittelständischen Unternehmen sehr unterscheiden von großen Unternehmen. Die Aufmerksamkeit, die die Politik den großen schenkt, erfahren die kleinen natürlich nicht."

In Industriezonen wie Vung Ang in Nordvietnam investieren Riesenkonzenre wie Samsung auch in InfrastrukturBild: DW/R. Ebbighausen

Witte wünscht sich demnach mehr Unterstützung bei der Bewältigung administrativer Hürden, der Herstellung von Kontakten zu Universitäten und Unternehmen in Vietnam. "Ich gewinne manchmal den Eindruck, dass die Diskussion nur auf der höchsten Ebene geführt und die Basis gar nicht mehr wahrgenommen wird." Da sieht er insbesondere die Bundesregierung, die IHKs und AHKs in der Pflicht. Diese müssten ihre Erfahrungen besser bündeln und zur Verfügung stellen.

Gute Vorbereitung ist unumgänglich

Jeder, der sich in Vietnam unternehmerisch betätigen wolle, müsse sich sorgfältig vorbereiten. Das betonte nicht nur Björn Koslowski von der AHK in Hanoi, das war auch auf der Konferenz in Berlin immer wieder zu hören. Nguyen Cong Chinh, der in Deutschland studiert hat und heute in Vietnam Geschäftsführer der Sado-Gruppe ist, sagte im Gespräch mit der Deutschen Welle: "Viele deutsche Unternehmer haben Sorgen. Vietnam ist weit weg und fremd. Es reicht auch nicht, die IHK oder AHK zu kontaktieren. Der beste und kürzeste Weg zum Erfolg ist es, einen guten Partner in Vietnam zu suchen." Dabei allerdings können die AHKs helfen, wie Koslowski sagte. Auch die vietnamesische Botschaft betonte ihre Bereitschaft. Botschafter Doan Xuan Hung sagte: "Wir helfen gerne mit Kontakten."

Trotz aller Bedenken und Schwierigkeiten sagte Witte von GE nature cosmetic am Schluss des Interviews: "Wir bleiben voll am Ball." Er fing damit die Stimmung der Konferenz gut ein. Es gibt viel zu tun, aber es kann sich lohnen.

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