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"Made for Germany" - Konzerne versprechen Milliarden

21. Juli 2025

Bundeskanzler Friedrich Merz trifft sich mit Top-Managern beim Investitionsgipfel. Gemeinsames Ziel: Deutschland aus der Rezession holen. Die Stimmung ist bestens - der angespannten Wirtschaftslage zum Trotz.

Deutschland Berlin 2025 | Investitionsgipfel "Made for Germany" im Kanzleramt. Eine Gruppe von Männern in dunklen Anzügen hat sich auf den Treppenstufen im Kanzleramt für ein Gruppenbild aufgestellt. In der ersten Reihe steht jeweils außen auch eine Frau.
Gruppenbild mit Bundeskanzler Friedrich Merz (3.v.li.), Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil (2.v.re.) und Wirtschaftsministerin Katharina Reiche (links) im KanzleramtBild: Katharina Kausche/dpa/picture alliance

Wirtschaft, das ist immer auch ein Stück weit Psychologie. Wenn Unternehmen zuversichtlich sind, in der Zukunft gute Geschäfte machen zu können, dann investieren sie kräftig. Scheinen die Aussichten schlecht zu sein, dann halten sie das Geld zurück. Die Corona-Pandemie mit dem Zusammenbruch internationaler Lieferketten, der Krieg in der Ukraine, die daraus folgende Energiekrise und Inflation, die sich abschwächende Wirtschaft in China - alles das traf die exportorientierte deutsche Wirtschaft hart.

Die Konjunktur brach ein, Deutschland schlitterte in eine anhaltende Rezession. Optimismus wollte seitdem nicht wieder aufkommen. Eine Statistik der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Industrieländern, zeigt, dass Deutschland noch 2024 die niedrigste Investitionsquote im Vergleich aller 38 OECD-Staaten hatte. 

631 Milliarden Euro Investitionen geplant

Das soll sich nun ändern, versprechen die Chefs führender Konzerne in Deutschland. 61 von ihnen - darunter bekannte Aktiengesellschaften wie Airbus, BASF, BMW, Deutsche Börse, Mercedes-Benz, Rheinmetall, SAP, Volkswagen, aber auch die US-Konzerne Nvidia, Blackrock und Blackstone - haben sich in der Initiative "Made for Germany" zusammengeschlossen. Der Name erinnert nicht ohne Grund an das deutsche Qualitätssiegel "Made in Germany".

Deutsche Bank-Vorstand Christian Sewing, Bundeskanzler Friedrich Merz und Siemens-Vorstand Roland Busch gaben nach dem Treffen im Kanzleramt Statements abBild: Uwe Koch/IMAGO

Gemeinsam wollen die Unternehmen in den kommenden drei Jahren 631 Milliarden Euro in Deutschland investieren. In Produktionsstätten, Maschinen und Anlagen sowie in Forschung und Entwicklung. "Wir wollen wirtschaftliches Wachstum, wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken, wir wollen unsere technologische Führerschaft verteidigen oder weiter ausbauen", sagte einer der beiden Initiatoren, der Vorstandschef des Siemens-Konzerns, Roland Busch, nach einem Treffen der Initiative mit Regierungspolitikern im Kanzleramt. 

"Deutschland ist zurück", freut sich der Kanzler

Gemessen an ihrem wirtschaftlichen Gewicht, repräsentieren die 61 Unternehmen rund ein Drittel der deutschen Wirtschaft. Christian Sewing, Vorstandschef der Deutschen Bank und zusammen mit Busch Initiator der Initiative, geht aber davon aus, dass sich noch mehr Firmen anschließen werden. Gemeinsam wolle man Deutschland wieder "zum Wachstumsmotor für ein starkes Europa" machen. "Die Chancen waren selten größer, Investoren und internationale Unternehmen stehen bereit, um in unsere Wirtschaft zu investieren. Sie schätzen Deutschland als stabilen und verlässlichen Partner gerade in diesen volatilen Zeiten."

Die Politik ist begeistert. "Deutschland ist zurück, es lohnt sich, wieder in Deutschland zu investieren", freute sich CDU-Bundeskanzler Friedrich Merz nach dem Treffen. "Wir stehen hier vor einer der größten Investitionsinitiativen, die wir in Deutschland in den letzten Jahrzehnten gesehen haben. Wir sind kein Standort der Vergangenheit, sondern ein Standort der Gegenwart und vor allem der Zukunft." 

Woher kommt der Stimmungswandel?

Die Stimmung im Kanzleramt war offensichtlich bestens. "Wir hatten einen ausgezeichneten Austausch", resümierte Sewing. Doch woher rührt der Sinneswandel? Deutschland ist wirtschaftlich nach wie vor angeschlagen, dem Land droht ein drittes Jahr in Folge ohne Wachstum. Angesichts der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump sind die Aussichten alles andere als gut.

Die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump bedroht auch die deutsche WirtschaftBild: Carlos Barria/REUTERS

Doch die Gangart der Politik ist eine deutlich andere. Die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen ist Top-Priorität der neuen Bundesregierung. Seit Anfang Mai ist eine Koalition aus den konservativen Parteien CDU/CSU und den Sozialdemokraten im Amt. Erste Maßnahmen sind bereits beschlossen. Bundestag und Bundesrat haben ein schuldenfinanziertes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für zusätzliche staatliche Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz beschlossen. Dabei geht es darum, teils marode Verkehrswege auf Vordermann zu bringen, aber auch um Investitionen in Energienetze, in die Digitalisierung und Forschung.

Unternehmen sollen weniger Steuern zahlen

Der Strompreis für die Industrie sinkt und die Wirtschaft wird steuerlich massiv entlastet. Zunächst, indem Investitionen in Produktionsstätten, Maschinen, Anlagen, Forschung und Entwicklung in großem Stil bei der Steuerfestsetzung berücksichtigt werden. Mittelfristig sollen die Unternehmenssteuern grundsätzlich sinken. Das ist etwas, was die Wirtschaft von der Vorgänger-Regierung aus SPD, Grünen und der liberalen FDP ständig erfolglos gefordert hatte.

Mit Friedrich Merz regiert nun ein Kanzler, der viele Jahre selbst in der Wirtschaft gearbeitet hat. Der Jurist war unter anderem Aufsichtsratsvorsitzender des US-Finanzinvestors Blackrock.

Eine neue Nähe zwischen Politik und Wirtschaft

"Wir haben heute mit einer neuen Form der Zusammenarbeit begonnen", sagte Siemens-Chef Busch. "Das Gespräch hat gezeigt, Politik und Wirtschaft ziehen am gleichen Strang." Deutsche-Bank-Vorstand Sewing ergänzte: "Wir erleben hier meines Erachtens eine Regierung, die Tempo macht. Das Wichtigste, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit, stehen ganz oben auf der Agenda." Um die angekündigten Milliarden freizusetzen, solle die Politik nun aber auch weniger regulieren und Unternehmen mehr Freiheit geben.

Bundestagswahl: Was die Wirtschaft jetzt fordert

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Reformen verlangt die Wirtschaft insbesondere bei den Thema Bürokratie und bei den Sozialabgaben, die die Arbeitskosten treiben. Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen in Deutschland jeweils die Hälfte der Beiträge zur Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Wegen höherer Kosten im Gesundheitswesen sind die Krankenkassenbeiträge erst zu Jahresbeginn auf breiter Front gestiegen. Akut drohen für 2026 neue Erhöhungen auch in der Pflegeversicherung.

Ist die Rente noch sicher?

42 Prozent des Bruttosozialprodukts, also der gesamten Wirtschaftsleistung, fließen inzwischen in den Sozialhaushalt. Größter Treiber sind die Rentenkassen. Deutschland ist ein alterndes Land. In den nächsten Jahren werden sich die geburtenstärksten Jahrgänge aus dem Erwerbsleben verabschieden. Dazu kommt, dass die Menschen immer älter werden. Um die Altersbezüge noch finanzieren zu können, muss der Staat jedes Jahr mehr Geld in die Rentenkassen zuschießen. 

Die OECD sieht in der Reform der Sozialversicherungen die größte Herausforderung für den Standort Deutschland. Wenn nichts geändert werde, müsse sich der Staat immer weiter verschulden, um die Sozialsysteme aufrecht erhalten zu können. 

Bundeskanzler Friedrich Merz hat angekündigt, dass die Reform der Sozialsysteme als nächstes auf der politischen Agenda der Koalition steht. Im Herbst werde es erste Ergebnisse geben. 

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