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Doping: Fehlerhafte Urin-Probenflaschen

30. Januar 2018

Nach dem Dopingskandal in Sotschi 2014 und den Manipulationen an Dopingproben sollten neue Urinbehälter Sicherheit garantieren. Doch offenbar lassen sich die Flaschen leicht öffnen - Betrüger haben es weiterhin leicht.

Urinprobe Dopingtest Doping Symbolbild Probe
Bild: picture-alliance/dpa

Dopingtests sollten eigentlich nicht manipulierbar sein - so wünschen es sich zumindest die Dopingfahnder und die sauberen Athleten. Wie die Ermittlungen im russischen Dopingskandal aufdeckten, wurde 2014 in Sotschi von russischer Seite aber sehr wohl manipuliert - und das in ungeahntem Ausmaß: Versiegelte Urin-Probenflaschen wurden unerlaubt geöffnet, Urin von gedopten Sportlern durch "sauberen" Urin ersetzt. Neue, bessere Behälter, die daraufhin produziert wurden, sollten dies in Zukunft eigentlich unmöglich machen.

IOC: Volles Vertrauen in die WADA

Doch wie am Montag öffentlich wurde, hat das Kölner Analyselabor die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA am 19. Januar darüber informiert, dass die Flaschen beim Einfrieren einer Probe manuell geöffnet werden könnten. Das Internationale Olympische Komitee zeigte sich daraufhin "sehr besorgt". "Wir haben sofort die WADA gebeten, dafür zu sorgen, dass die Anti-Doping-Tests in Pyeongchang glaubwürdig und zuverlässig durchgeführt werden können", sagte ein IOC-Sprecher am Dienstag. Die WADA habe mitgeteilt, dass sie Kontakt zum Flaschenhersteller Berlinger hat. "Wir haben volles Vertrauen in die WADA, dass eine Lösung für dieses Problem gefunden wird", hieß es.

Bei einer Doping-Kontrolle werden zwei Flaschen für eine A- und B-Probe genutzt. Die B-Probe wird eingefroren und nur genutzt, wenn ein Athlet die Analyse der A-Probe anzweifelt. Bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi waren Dopingproben russischer Athleten mit Hilfe des Inlandsgeheimdienstes FSB geöffnet und der Inhalt gegen sauberen Urin ausgetauscht worden. Am Montag hatte der ehemalige Leiter des Moskauer Labors, Grigori Rodschenkow, in einem Telefoninterview mit dem Deutschlandfunk erstmals Wladimir Putin der Mitwisserschaft im Dopingskandal bezichtigt.

Als Konsequenz aus den Doping-Manipulationen ist das russische Nationale Olympische Komitee von den Pyeongchang-Spielen suspendiert worden. Das IOC gewährt jedoch 169 individuell geprüften russischen Sportlern das Startrecht unter neutraler Flagge und als "Olympische Athleten aus Russland".

Jurist Lehner: "Testbereit nur unter Vorbehalt"

Sportjurist Michael LehnerBild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Das weltumspannende Problem mit den fehlerhaften Behältern trifft das IOC ins Mark - vier Jahre nach dem russischen Staatsdoping in Sotschi ist eine saubere Abwicklung der Tests in Südkorea nicht garantiert. Das sorgt nach Meinung von Juristen für eine völlig neue Rechtslage bei Dopingverfahren. "Die Beweislast trifft nun nicht mehr den Athleten, sondern voll den Verband", sagte der Rechtsexperte Michael Lehner. Bislang musste der Sportler im Fall eines positiven Dopingtests nach dem Prinzip der "strict liability" seine Unschuld beweisen.

"Das kann so nicht bleiben", meinte Lehner anlässlich des Flaschen-Chaos. Nun müsse der Verband beweisen, dass die Behälter nicht manipuliert wurden. Der Jurist rät den Athleten dennoch, in Pyeongchang die Dopingkontrollen einzuhalten. "Dort aber sollten die Sportler auf dem Formular vermerken, dass sie den Test nur unter Vorbehalt durchführen", sagte Lehner.
 

Thevis: "Kein System ist manipuilationssicher"

Mario ThevisBild: picture-alliance/dpa

Der Leiter des Kölner Anti-Dopinglabors, Mario Thevis, geht davon aus, dass die Dopingtests bei Olympia trotz der Probleme mit den Urin-Probenflaschen verlässlich sein können. "Es gibt Möglichkeiten, die Integrität von Urinproben zu sichern. Das würde bedeuten, dass wir auch für Pyeongchang die Möglichkeit sehen, dass ordentliche Dopingkontrollen durchgeführt werden können", sagte Thevis im ZDF-"Morgenmagazin" am Dienstag. 

"Es gibt Notfallpläne", sagte Thevis im Hinblick auf Gerechtigkeit bei den Dopingproben. Für diese Pläne sei es aber "zu früh", fügte er an. Der Verschluss der neuen Flaschen sei ein "Problem, dass es unbedingt in den Griff zu kriegen gilt", betonte Thevis. Er sagte: "Nichtsdestotrotz muss man festhalten, dass wahrscheinlich kein System manipulationssicher sein kann."

Der Nürnberger Anti-Doping-Experte Fritz Sörgel vertritt die Meinung, dass das Problem um manipulierbare Urin-Flaschen nur mit einem enormen Personalaufwand zu lösen ist: "Es geht nur mit Manpower, nicht mit Technik", so Sörgel. Das heiße, "Doping-Proben müssten bei den Spielen zu jedem Zeitpunkt unter Kontrolle absolut integerer Leute aufbewahrt werden. Und zwar rund um die Uhr - und nicht wie vor vier Jahren in Sotschi", sagte Sörgel am Dienstag. Mit neuen Flaschen sei das Problem in der Kürze der Zeit nicht in den Griff zu kriegen. "Es ist sehr schwierig, dieses Problem zu lösen", sagte Sörgel. "Jeder überführte Sportler könnte jetzt eine Probe anzweifeln."

asz (sid, dpa)

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