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Politik

Iraker setzen iranisches Konsulat in Brand

27. November 2019

Die regierungsfeindlichen Demonstrationen im Irak haben eine neue Qualität erreicht: Die Wut der Teilnehmer richtet sich zunehmend gegen den Iran. Nadschaf, Nasirija und natürlich Bagdad bleiben Zentren des Protests.

Irak Proteste - Iranische Botschaft in Brand gesetz
Demonstranten vor der in Brand gesetzten diplomatischen Vertretung Bild: AFP/H. Hamdani

In der für Schiiten heiligen irakischen Stadt Nadschaf haben Demonstranten das iranische Konsulat gestürmt und Feuer gelegt. Das Gebäude brannte aus. Die diplomatische Vertretung war kurz zuvor evakuiert worden. Hunderte junge Demonstranten skandierten "Sieg für den Irak" und "Raus mit dem Iran". Sie umstellten das Gebäude, zündeten Autoreifen, Decken und Pappkartons an und schleuderten diese gegen das Konsulat. Sicherheitskräfte gingen mit Tränengas gegen die Menge vor und verletzten viele der Demonstranten. Augenzeugen berichteten weiter, es sei auch mit scharfer Munition geschossen worden. Mindestens zwei Menschen seien getötet worden.

In Bagdad tragen Demonstranten den Sarg mit einem getöteten Aktivisten durch die StraßenBild: Getty Images/AFP/M. Sawaf

Der Iran verurteilte den Angriff auf sein Konsulat scharf. "Von der irakischen Regierung erwarten wir eine lückenlose Aufklärung und ein konsequentes Vorgehen gegen die Täter", sagte Außenamtssprecher Abbas Mussawi. Der Protest sei über den irakischen Botschafter in Teheran an die Führung in Bagdad weitergeleitet worden. Bereits Anfang November hatten irakische Demonstranten in der zweiten heiligen Stadt des Landes, Kerbela, versucht, das iranische Konsulat in Brand zu setzen. Schwer bewaffnete Polizei konnte dies verhindern.

Forderung nach Austausch der Eliten

Kritiker der irakischen Regierung gehen trotz des Einsatzes massiver Gewalt durch Polizei, Soldaten und bewaffneten Sondereinheiten seit Anfang Oktober auf die Straße. Die Proteste sind die größte soziale Bewegung in der jüngeren Geschichte des Landes. Die Wut der Demonstranten richtet sich gegen die politischen Eliten, die sie für Korruption und Misswirtschaft im ölreichen Irak verantwortlich machen. Die Protestbewegung fordert nicht nur den Rücktritt der Regierung von Ministerpräsident Adel Abdel-Mahdi, sondern den Austausch der gesamten Eliten und eine Reform des politischen Systems.

Schwere Zusammenstöße gab es im Zentrum der irakischen Hauptstadt Bild: Getty Images/AFP/A. Al-Rubaye

Dem benachbarten schiitischen Iran wirft die Opposition vor, durch enge Verbindungen zu Eliten und Regierung in Bagdad mächtigen Einfluss auszuüben. Auch über die Schiitenmilizen im Irak steuere Teheran die Geschicke im Nachbarland - so der immer lauter werdende Vorwurf.

16 Tote in Nasirija

In der südirakischen Stadt Nasirija wurden bei neuen Protesten nach Angaben von Rettungskräften mindestens 16 Menschen getötet. Sie seien erschossen worden, als Sicherheitskräfte am frühen Morgen zwei besetzte Brücken geräumt hätten, hieß es in Sicherheitskreisen und von Ärzten. Rund 50 weitere Demonstranten, die die Brücken blockierten, hätten Verletzungen erlitten. Die Behörden verhängten eine Ausgangssperre für die Stadt. Auch in Bagdad hatte es am Mittwoch massive Ausschreitungen gegeben. Bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften wurden zwei Demonstranten erschossen. 

Bagdad richtet Krisenstab ein

Angesichts der anhaltenden Unruhen hat die Bagdader Regierung einen Krisenstab des Militärs eingerichtet. Auf Anordnung von Regierungschef und Oberbefehlshaber Adel Abdel Mahdi seien mehrere Militärkommandeure in den Krisenstab berufen worden, um in den südlichen Provinzen des Irak "Sicherheit und Ordnung wiederherzustellen", teilte die Militärführung mit. Sie hätten den Auftrag, den dortigen Gouverneuren zur Seite zu stehen und die Sicherheitskräfte und Soldaten vor Ort zu "kontrollieren".

Bei den landesweiten Demonstrationen wurden bislang bereits mehr als 350 Menschen getötet und 15.000 verletzt. Der Irak gilt als eines der korruptesten Länder der Welt. Die Eliten werden verdächtigt, seit 2003 umgerechnet 450 Milliarden US-Dollar in die eigenen Taschen gesteckt zu haben.

sti/se/wa (rtr, afp, ap, dpa)

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