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Iran und die Justiz

17. August 2009

Erst kommt die amerkanisch-iranische Journalistin auf freien Fuß. Dann wird Clotilde Reiss unter Auflagen aus der Haft entlassen. Die beiden Frauen sind Schachfiguren im Strategie-Spiel des Iran, meint Peter Philipp.

Bild: FarsNews

Kaffeesatzleser dürften in ihrem Element sein: Irans neuer Justizminister Sadegh Laridschani ist Bruder des Parlamentspräsidenten Ali Laridschani und der gilt als scharfer Kritiker von Präsident Mahmud Ahmadinedschad. In Wirklichkeit dürfte die Personalie aber nicht als Einknicken des Präsidenten vor seinen Kritikern gewertet werden, denn die Laridschanis sind selbst erzkonservativ und wirkliche Erneuerung dürfte von dem neuen Justizminister deswegen kaum zu erwarten sein. Schon gar nicht, wenn es um den Umgang mit den Unruhen nach den Präsidentschaftswahlen vom 12. Juni 2009 geht.

Aller Wahrscheinlichkeit nach werden die Schauprozesse gegen Demonstranten und Oppositionelle fortgesetzt. Überhaupt dürfte sich kaum etwas an der Taktik ändern, die Justiz als Instrument der Politik einzusetzen. Dies wurde jetzt wieder deutlich, als man eine junge französische Dozentin zunächst wegen Beteiligung an den Demonstrationen vor Gericht stellte, sie nun aber wieder freiließ: Gegen Kaution konnte sie das Gefängnis verlassen und wartet nun in der französischen Botschaft darauf, den Iran verlassen zu können.

Nahost-Experte Peter Philipp

Schachfiguren im Strategie-Spiel

An der jungen Frau sollte ein Exempel statuiert werden. So wie vor Wochen im Fall einer iranisch-amerikanischen Journalistin, die wegen angeblicher Spionage im Blitzverfahren zu langjähriger Haft verurteilt, dann aber wieder freigelassen wurde und in die USA zurückkehren konnte. In beiden Fällen wollte Teheran seine Behauptung untermauern, der Westen stehe hinter den Unruhen nach den Wahlen und der Westen habe eine Konterrevolution geplant, um das System der Islamischen Republik zu beseitigen. Die beiden Frauen waren nur unbedeutende Schachfiguren in diesem Strategie-Spiel.

Unbedeutend dürften wohl auch die zwei oder drei Frauen bleiben, die Präsident Mahmud Ahmadinedschad nun plötzlich in seiner neuen Regierung zu Ministerinnen ernennen will. Abgesehen von einer kurz amtierenden Stellvertreterin des vorigen Präsidenten, Mohamad Khatami, wären dies die ersten Berufungen von Frauen in hohe Staatsämter. Wobei das letzte Wort noch nicht gesprochen ist: Das Parlament muss den Ernennungen zustimmen und dieses setzt sich mehrheitlich aus erzkonservativen Abgeordneten zusammen, denen solch eine Entwicklung vermutlich nicht sonderlich schmeckt.

Geste für die Opposition

Clotilde Reiss wurde unter Auflagen frei gelassenBild: AP

Ahmadinedschad will diese Abgeordneten sicher nicht provozieren. Er will aber den enttäuschten Wählern und den Reformanhängern ein Signal geben: Seht mal, ich bin doch durchaus zu Reformen bereit. Und auch der Umgang mit dem Ausland dürfte motiviert sein durch das Bemühen um innere Einheit: Die Demonstranten werden – von einigen angeblichen Rädelsführern abgesehen – zu Opfern des Auslandes deklariert und man wird ihnen gegenüber wahrscheinlich "Gnade vor Recht" walten lassen. So wie man es gegenüber den beiden ausländischen Frauen getan hat: Auch sie werden zu Instrumenten einer antiiranischen Politik des Westens erklärt und ihre Freilassung soll Teherans Großzügigkeit und Großherzigkeit demonstrieren.

Glaube das, wer will. In Wirklichkeit zielt der neue alte Präsident des Iran wohl auch darauf ab, sich weiter gegenüber dem Ausland abzuschotten. Besonders gegenüber den USA, wo Präsident Obamas Dialogangebot an den Iran zwar weiterhin besteht, im offiziellen Teheran aber auf wenig Gegenliebe stößt.

Autor: Peter Philipp

Redaktion: Diana Hodali

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