Iran: Ein Prinz als Hoffnungsträger?
31. Juli 2025
Reza Pahlavi, Sohn des letzten Monarchen des Iran, gilt als einer der bekanntesten Gegner der Islamischen Republik. Seit der Revolution von 1979 ist er für die Machthaber in Teheran ein rotes Tuch – aus Angst vor einem vom Ausland unterstützten Regimewechsel, etwa durch die USA. In einem solchen Szenario wäre der ehemalige Kronprinz wohl der prominenteste Kandidat für eine Führungsrolle.
Der fast 65-Jährige lebt seit dem Sturz seines Vaters in den USA und setzt sich für ein Ende der Islamischen Republik ein. "Für viele Iranerinnen und Iraner gilt er als Hoffnungsträger, als jemand, der an eine zukunftsorientierte Ära unter seinem Vater erinnert, die mit der Revolution 1979 endete", sagt die Journalistin Moloud Hajizadeh im Gespräch mit der DW. Wegen ihrer kritischen Berichterstattung über Repressionen gegen Protestbewegungen wurde sie mehrfach verhaftet. Hajizadeh floh 2021 aus dem Iran und lebt heute in Norwegen.
"Ich wurde nach der Revolution von 1979 geboren und bin im Bildungssystem der Islamischen Republik aufgewachsen", erzählt sie. "In der Schule vermittelte man uns ein düsteres Bild der Schah-Zeit, geprägt von Unterdrückung, Korruption und Diskriminierung. Doch genau diese Missstände erleben wir Tag für Tag im Iran – und es hat sich sogar verschlimmert. Von den Ressourcen des Landes profitiert nur eine kleine privilegierte Schicht, während der Großteil der Gesellschaft in Armut lebt. Diese Ressourcen werden im Namen einer Ideologie verschwendet, die dem iranischen Volk nichts gebracht und keine Entwicklungsstrategie verfolgt hat."
Sehnsucht nach Wohlstand und Stabilität
Diese Einschätzung teilt sie mit vielen im Iran, die keine Erinnerungen an die Zeit vor 1979 haben. Einige werfen der älteren Generation sogar vor, mit der Revolution ihre Zukunft ruiniert zu haben. Bahareh Hedayat, prominente Frauenaktivistin und Politikwissenschaftlerin im Iran, sagte zuletzt im März 2025: "Viele wünschen sich die Monarchie zurück. Der Weg, den der Schah eingeschlagen hatte, war richtig, und die heutige Generation folgt seinem Traum."
In den Augen vieler Iraner gilt der Schah als Patriot mit großen Plänen. Zwischen etwa 1969 und 1979 erlebte der Iran eine Phase starken wirtschaftlichen Wachstums mit realen Jahreswachstumsraten von 8 bis 11 Prozent. Zudem wurden Bildungssystem und Infrastruktur modernisiert – Grundlagen, die das Land bis heute prägen.
"Natürlich war nicht alles perfekt, und der Geheimdienst Savak ging hart gegen Oppositionelle vor", sagt Jamshid Assadi, ein iranischer Wirtschaftsexperte, der als junger linker Revolutionär gegen die Monarchie kämpfte. Heute lebt er im französischen Exil und unterstützt Reza Pahlavi.
"Aber was danach kam, ist noch viel schlimmer. In den letzten Jahren wurden Protestbewegungen brutal niedergeschlagen, nicht zuletzt, weil ihnen eine klare Führung fehlte. Die Opposition im Ausland kann unterstützen, und ich glaube, Prinz Reza Pahlavi kann die Führung übernehmen. Es ist jedoch auch offensichtlich, dass er nicht alle hinter sich vereinen kann. So werden ihn etwa Gruppen mit antiwestlicher und antiisraelischer Haltung nicht unterstützen. Die Arbeit innerhalb der Opposition wird ebenso schwierig sein wie der Kampf gegen die Islamische Republik."
"Die Zeit für einen Regimewechsel ist gekommen"
Reza Pahlavi muss nun seine Führungskompetenz beweisen. Er sieht die Islamische Republik derzeit in einer historisch schwachen Position, insbesondere nach den israelischen und amerikanischen Luftangriffen im Juni. Diese Angriffe würden sich nicht gegen das iranische Volk richten, sondern die Führung der Islamischen Republik schwächen, erklärt er. Er ruft die Opposition auf, sich für einen Regimewechsel zu vereinigen.
Am 26. Juli traf er sich in München mit über 500 iranischen Exilanten, Dissidenten, Aktivisten und Vertretern ethnischer Gruppen bei der "Konvention für nationale Kooperation zur Rettung Irans". Pahlavi steht für eine Abkehr von der ideologisch geprägten Außenpolitik der Islamischen Republik, wie der Drohung der Vernichtung Israels. Diese Politik werde von der Mehrheit der Iraner abgelehnt. Bei Protestbewegungen hört man häufig den Ruf: "Weder Gaza noch Libanon – unser Leben für den Iran!"
Für seine Anhänger ist Reza Pahlavi weiterhin der Kronprinz des Iran. Ob er die Monarchie wieder einführen will, lässt er jedoch offen. Kritiker werfen ihm vor, dass er nach 47 Jahren Exil die iranische Gesellschaft kaum noch kennt. Außerdem wird er dafür kritisiert, dass er auf die Hilfe vom Ausland setzt und die jüngsten militärischen Angriffe gegen sein Heimatland nicht verurteilt hat.
Assadi erläutert: "Für die Außenpolitik der Islamischen Republik, die gegen Israel gerichtet ist, und für die Warnungen der Atomenergiebehörde zur Urananreicherung kann er nicht verantwortlich gemacht werden." Zugleich betont er: "Er steht für die Wahrung der territorialen Einheit Irans und nutzt die aktuelle Schwäche des Regimes, um die Opposition zu einen."
Pahlavi fordert, dass nach einem Sturz des Regimes das iranische Volk in einem Referendum über die Staatsform entscheidet – ob Republik mit Präsident und Premierminister, parlamentarische Republik oder konstitutionelle Monarchie nach schwedischem Vorbild. Auch andere prominente Oppositionsfiguren unterstützen diese Idee.
Shirin Ebadi: "Einheit ist das Geheimnis unseres Sieges"
Die Friedensnobelpreisträgerin von 2003, Shirin Ebadi, unterstützt diese Forderung und sprach sich in einer Videobotschaft zur Münchner Konferenz ebenfalls für einen Regimewechsel aus. Sie betont: "Die derzeitige Regierung und Verfassung lassen keine Reformen zu. Um eine demokratische und säkulare Regierung zu erreichen, gibt es keinen anderen Weg als das Stürzen des Regimes und ein Referendum unter UN-Aufsicht."
Ebadi sieht die Einigung der Oppositionskräfte als entscheidend an und betont Im Gespräch mit der DW: "Einheit ist das Geheimnis unseres Sieges. Sobald wir unsere politischen Differenzen überwinden, können wir gemeinsam das Regime stürzen."
Auch Pahlavi betont die Bedeutung einer geeinten Opposition und die Notwendigkeit, nicht nur aus dem Ausland, sondern auch innerhalb Irans und aus Teilen der Machtstrukturen Unterstützung zu gewinnen. Nach eigenen Angaben haben mehr als 50.000 potenzielle Überläufer über seine Online-Plattform Kontakt mit seiner Bewegung aufgenommen. Wie viele davon hochrangige Vertreter sind, etwa aus dem Klerus oder den Revolutionsgarden, muss noch genau überprüft werden.
Digitale Angriffe und Desinformationskampagnen
Es ist kein Geheimnis, dass die Revolutionsgarden nicht nur militärisch, sondern auch digital agieren. Seit den Protesten 2009 hat das Regime eine Cyber-Armee aufgebaut, die in sozialen Netzwerken mit falschen Identitäten aktiv ist, Oppositionelle und Journalisten gezielt angreift und versucht, öffentliche Diskurse zu beeinflussen.
Der Politikwissenschaftler Hossein Kermani schildert in seinem 2025 erschienenen Buch "Twitter Activism in Iran: Social Media and Democracy in Authoritarian Regimes" die Strategien, mit denen das iranische Regime versucht, die Kommunikation im Netz zu kontrollieren und zu lenken.
Anonyme Profile geben sich zum Beispiel als Pahlavi-Unterstützer aus, nutzen ihre Reichweite aber, um andere Oppositionelle, Künstlern und Medienschaffende zu diskreditieren. Damit spalten sie die Opposition und verhindern eine Zusammenarbeit.
Ein aktuelles Beispiel ist die deutsche Künstlerin Parastou Forouhar. Falschmeldungen, sie habe bei der Stadt München Anzeige erstattet, weil Pahlavi eingeladen wurde, verbreiteten sich schnell in sozialen Netzwerken.
Obwohl Parastou Forouhar diese Behauptung öffentlich als absurd zurückwies, wird sie auf der Plattform X (vormals Twitter) von zahlreichen Accounts beschimpft und diffamiert.
Parastou Forouhars Eltern gehörten sowohl zu den prominenten Kritikern der Monarchie vor 1979 als auch der Islamischen Republik und wurden 1998 im Rahmen der sogenannten Kettenmorde vom iranischen Geheimdienst ermordet. Sie selbst spricht sich gegen einen von außen gesteuerten Regimewechsel aus und betont, dass die Zivilgesellschaft im Iran gestärkt werden sollte, um den Wandel von innen heraus zu ermöglichen.
Auch Reza Pahlavi unterstreicht, dass der Kampf für Veränderungen aus dem Land selbst kommen müsse. In einem Interview mit dem britischen "Times Radio" am 29.Juli sagte er: "Die Rolle der im Ausland lebenden Iraner besteht darin, einheimische Aktivisten zu unterstützen, bis diese zum richtigen Zeitpunkt mit möglichst geringen Kosten aktiv werden können."