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Politik

Iran geht gegen DW-Preisträger Mosaed vor

10. September 2020

Knapp fünf Jahre Haft und zwei Jahre Berufsverbot: So lautet das Urteil gegen den Journalisten Mohammad Mosaed. "Die iranische Justiz hat ihre eigene Interpretation vom Journalismus", sagt Mosaed im DW-Gespräch.

Verfolgte Journalisten One Free Press Coalition  Mohammad Mosaed Iran
Bild: Farid KamranNia

Der investigative Wirtschaftsjournalist Mohammed Mosaed wurde im Mai 2020 mit dem Freedom of Speech-Award der Deutschen Welle ausgezeichnet. "Es ist mein Job, die Menschen zu informieren. Sie haben das Recht, gute und schlechte Nachrichten zu erfahren", begründete Mohammad Mosaed am vergangenen Dienstag seinen journalistischen Einsatz im Gespräch mit der DW. "Die iranische Justiz hat ihr eigenes Verständnis und ihre eigene Interpretation von Journalismus. Im Gerichtssaal sagte mir der Richter: 'Die Menschen brauchen gute Nachrichten und die Journalisten müssen dafür sorgen.' Ich berichte aber nur über das, was es gibt. Gut oder schlecht? Das liegt nicht in meiner Hand." 

Von Teheraner Handelskammer ausgezeichnet

Mosaed ist für seine Berichte über die weit verbreitete Korruption im Iran bekannt. 2018 wurde er für seine Recherchen in Korruptionsfällen mit dem seit 2016 verliehenen Preis der Teheraner Handelskammer für besondere Leistungen im Wirtschaftsjournalismus ausgezeichnet. Denn Mosaed gehört zu den wenigen kritischen Journalisten im Iran, die es immer noch wagen, unangenehme Fragen zu stellen. 

Im vergangenen November wurde er verhaftet und saß zwei Wochen im Gefängnis, weil er während der damaligen Sperrung des Internets einen kritischen Tweet gepostet hatte. Mit einer vorübergehenden Internetblockade sorgte Teheran damals dafür, dass kaum Informationen, Bilder und Videos von den landesweiten Protesten im Iran verbreitet werden konnten. 

Ende Februar wurde er erneut festgenommen, nachdem er das Verhalten der Regierung angesichts der raschen Verbreitung des Coronavirus kritisiert hatte. So wurde lange verschwiegen, dass sich das Coronavirus in der heiligen Stadt Ghom ausbreitete. Das gut 130 Kilometer südlich von der Hauptstadt gelegene Ghom wurde weder unter Quarantäne gestellt, noch wurden andere Maßnahmen oder Aufklärungskampagne in staatlichen Medien gestartet, um den Ernst der Lage zu verdeutlichen.

Bild: Twitter.com/Mohammad Mosaed

Bis heute gehört der Iran weltweit zu den am stärksten von der Pandemie betroffenen Ländern. Einer der Gründe: Die Menschen im Iran glauben schon lange weder der Regierung noch den Experten und nehmen Warnungen nicht ernst. 

Unangenehme Berichte über Pandemie-Management

Mosaed musste seine Aktivitäten in den sozialen Netzwerken einstellen. Er durfte nicht mehr über die Lage berichten oder die Behörden kritisieren. Für seine Berichterstattung über die Corona-Pandemie wurde Mosaed im Mai mit dem DW Freedom of Speech Award 2020 ausgezeichnet. Zwei Monate später wurde er für seine Arbeit vom in den USA ansässigen Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) gewürdigt. 

Eben für seine preisgekrönte Arbeit wird Mosaed nun bestraft. Am Mittwoch vergangener Woche (2.9.2020) teilte der Journalist auf Twitter mit, dass er wegen seiner Berichterstattung zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden sei, außerdem zu zwei Jahren Berufsverbot. Auch seien seine Kommunikationsgeräte beschlagnahmt worden. 

Mohammad Mosaed hat noch die Möglichkeit, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Im Gespräch mit der DW sagte er: "Insgesamt habe ich dafür 20 Tage Zeit. Das Berufungsgericht braucht normalerweise einen Monat, um zu entscheiden, ob eine Revision zugelassen wird. Wenn nicht, muss ich abwarten, bis ich abgeholt werde." 

DW-Intendant Peter Limbourg nahm zu dem Fall wie folgt Stellung: "Die Verurteilung des angesehenen Journalisten Mohammad Mosaed – einer der diesjährigen Preisträger unseres Freedom of Speech Award – ist eine erschütternde Nachricht und ich hoffe sehr, dass die iranische Justiz seinem Einspruch umgehend stattgeben wird. Seit Jahren beobachten wir die Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit und die massive Internetzensur in Iran mit großer Besorgnis. Die DW setzt sich auf vielen Ebenen dafür ein, dass insbesondere der jungen, hoffnungsvollen Bevölkerung der Zugang zu objektiven Informationen, ein offener gesellschaftlicher Austausch und eine individuelle Meinungsbildung ermöglicht werden."

Mitarbeit: Taher Shirmohammadi

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