Iran: Hitze, Dürre und politische Ignoranz
6. August 2025
Behörden und öffentliche Einrichtungen in 16 von 31 iranischen Provinzen, darunter auch Teheran, bleiben am Mittwoch, dem 6. August, geschlossen. Seit Mitte Juli leidet der Iran unter einer anhaltenden extremen Hitzewelle. In den letzten Wochen wurden die Arbeitszeiten der Behörden und Einrichtungen wie Banken verkürzt. Häufig blieben sie einen zusätzlichen Tag pro Woche geschlossen.
Die Temperaturen im Südwesten des Landes sind auf bis zu 52 Grad Celsius gestiegen. Nach Angaben der Wetterbehörde soll die Hitzewelle mindestens fünf weitere Tage in weiten Regionen des Landes fortdauern.
Die Dürren der letzten fünf Jahre und der Rückgang der Niederschläge in der Provinz Teheran seien im Vergleich zu den vergangenen 60 Jahren beispiellos gewesen und hätten die Wasserressourcen der Hauptstadt stark beeinträchtigt, heißt es in einer Erklärung der Wasser- und Abwassergesellschaft der Provinz Teheran Ende Juli. Der Wasserdruck im Leitungsnetz der Hauptstadt mit ihren mehr als 15 Millionen Einwohnern wurde reduziert, um den sinkenden Pegelständen in den Stauseen entgegenzuwirken.
"Im Umkreis von 100 Kilometern um Teheran sind mittlerweile alle Flüsse und Wasserquellen erschöpft", sagt Nasser Karami im Gespräch mit der DW. Karami forscht zu nachhaltiger Entwicklung, Klimawandel und Wassermanagement und lebt in Norwegen. "Teheran ist kein Ort, wo Behörden bei fehlendem Wasser einfach auf eine andere Quelle zurückgreifen können."
Fehlmanagement der Verwaltung
Die Hauptstadt liegt am nördlichen Rand der zentraliranischen Wüstenzone. Wasserknappheit ist mindestens seit 1969 ein zentrales Thema der Stadtverwaltung: Die Trinkwasserressourcen reichen nur für eine begrenzte Bevölkerungszahl aus. Laut dem Modernisierungsplan für die Stadtentwicklung konnte die Versorgungskapazität bis 1989 auf maximal 5,5 Millionen Einwohner ausgeweitet werden. Die Vorschriften für Baugenehmigungen in der Hauptstadt werden jedoch nicht eingehalten.
Gleichzeitig verdreifachte sich die Bevölkerung des Landes von 28 Millionen im Jahr 1969 auf 92 Millionen im Jahr 2025. Bevölkerungswachstumspläne der Islamischen Republik – wie zum Beispiel der Wunsch des Religiösen Führers nach einem Zuwachs der schiitischen Bevölkerung auf 150 Millionen – sowie die Leugnung von Fakten wie dem Klimawandel - haben die Situation weiter verschärft.
Das Land verfügt nicht über ausreichende Ressourcen für die wachsende Bevölkerung, die sich dafür ausdehnende Landwirtschaft zur Lebensmittelproduktion und den hohen Wasserverbrauch in Industrie und Haushalten – warnen Experten seit Jahrzehnten.
"Für diese Politik hat die Natur bezahlt", sagt Agrarökologe und Umweltspezialist Mansour Sohrabi, der seit 2015 in Deutschland lebt. "Wasserknappheit, Hitzewellen in Städten, die kaum mehr Bäume haben, Sandstürme und Feinstaubbelastungen sind die Folge dieser Fehlentwicklungen."
In den vergangenen Wochen wurde in mehreren iranischen Städten das Wasser für bis zu 48 Stunden abgestellt. Auch der Strom ist knapp. Die Nutzung von Klimaanlagen belastet die ohnehin instabilen Stromnetze zusätzlich. Bei Temperaturen zwischen 40 und 50 Grad Celsius kommt es regelmäßig zu stundenlangen Stromausfällen, für viele Menschen eine kaum auszuhaltende Belastung.
Eine junge Mutter aus Teheran berichtet, dass sie bei jedem Stromausfall ihr Kleinkind ins klimatisierte Auto setzt und stundenlang ziellos durch die Straßen fährt.
Frustrierte Experten
"Seit 30 Jahren warnen wir die Behörden im Iran vor dieser Situation", sagt Klimaforscher Nasser Karami und betont: "Es war klar, dass die unkontrollierte Entwicklung großer städtischer Metropolen zu genau diesem Punkt führen würde. All dies wurde vorhergesagt. Die Regierung wusste es, unternahm aber nichts. Und so ist die aktuelle Situation entstanden."
"Punktuelle Maßnahmen, die derzeit getroffen werden, reichen nicht aus, um die Krise zu bewältigen", warnt Sheena Ansari, Leiterin einer Umweltschutzorganisation im Iran.
Die jahrelange Vernachlässigung nachhaltiger Entwicklung habe dazu geführt, dass das Land heute mit zahlreichen Umweltproblemen konfrontiert sei. Konkrete Pläne zur Bewältigung der Krise sind bislang nicht bekannt.
Laut Klimaexperten sind 80 Prozent der Stauseen fast leer. Eine normale Wasserversorgung sei mindestens in den kommenden zwei Monaten nicht möglich, bis Regenfälle im Herbst die Lage entspannen. Und wie so oft kehren die Behörden das Problem unter den Teppich, bis die nächsten Sommer und die nächste Hitzewelle kommen.
Experten, die konkrete Lösungsvorschläge anbieten, sind seit Langem frustriert. Einer von ihnen ist Mohammad Darvish, der jahrzehntelang Wüsten erforscht hat und sich für den Aufbau nachhaltiger Wasserquellen in der Regenzeit einsetzt.
Er sagte im Gespräch mit der ARD, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunknetzwerk in Deutschland: "Eine der wirksamsten Möglichkeiten, Wasser zu sparen, besteht darin, Oberflächenwasser in unterirdische Schichten zu leiten – insbesondere in solche, die grobe Ablagerungen enthalten."
In solchen Schichten könne das Wasser leicht versickern und unterirdisch gespeichert werden, sodass es nicht durch Verdunstung verloren geht, erklärt Darvish. Im Vergleich zum Bau von Staudämmen koste diese Methode zudem deutlich weniger. "Sie kann als langfristiges Reservoir dienen und eine nachhaltige Wasserquelle für die nächsten Jahre sein."
Mitarbeit: Niloofar Gholami