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KonflikteNahost

Iran-Israel-Konflikt: Deutschland will vermitteln

Veröffentlicht 19. Juni 2025Zuletzt aktualisiert 19. Juni 2025

Die gegenseitigen Luftangriffe zwischen Israel und dem Iran gehen unvermindert weiter. Gemeinsam mit Verbündeten macht Deutschlands Außenminister Johann Wadephul nun einen diplomatischen Vorstoß zur Deeskalation.

Deutschlands Außenminister Johann Wadephul (18.06.2025)
Außenminister Wadephul: "Es ist nie zu spät, an den Verhandlungstisch zu kommen"Bild: Katharina Kausche/dpa/picture alliance

In dem seit Tagen unnachgiebig geführten militärischen Konflikt zwischen Israel und dem Iran könnte es erstmals Anzeichen für eine politische Lösung geben. Deutschlands Außenminister Johann Wadephul und seine Kollegen aus Frankreich und Großbritannien wollen an diesem Freitag den iranischen Außenminister Abbas Araghtschi treffen. Es sei ein Gespräch in Genf geplant, heißt es aus Diplomatenkreisen. Das melden die Nachrichtenagenturen AFP, dpa und Reuters.

Mit seinem französischen Kollegen Jean-Noël Barrot, dem britischen Außenminister David Lammy sowie der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas habe er Araghtschi zuletzt ein Verhandlungsangebot gemacht, sagte Wadephul bei einem Treffen mit dem jordanischen Chefdiplomaten Aiman al-Safadi in Berlin. Man sei weiterhin bereit, über eine Lösung zu verhandeln.

Dazu müsse sich der Iran aber dringend bewegen und "vertrauensbildende und nachprüfbare Maßnahmen ergreifen, etwa indem die Führung in Teheran glaubhaft macht, dass sie keine Atomwaffen anstrebt".

Rolle der USA

Der Vorstoß sei mit den USA abgestimmt, heißt es in diplomatischen Kreisen. Fast zeitgleich erklärte US-Präsident Donald Trump in Washington, er habe die Tür für Verhandlungen mit dem Iran noch nicht geschlossen. Es könne immer noch ein Abkommen über das Atomprogramm der Islamischen Republik geben. Iran wolle ein Treffen, sagte er und ergänzte: "Könnte sein, dass ich das mache."

US-Präsident Donald Trump: "Niemand weiß, was ich tun werde"Bild: Alex Brandon/AP Photo/picture alliance

Einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge bereiten sich die USA auf einen möglichen Angriff auf den Iran in den kommenden Tagen vor. Unter Berufung auf Insider heißt es, die Situation entwickle sich weiter und könnte sich noch verändern. Einige der Insider verweisen dem Bericht nach auf mögliche Pläne für einen Angriff am Wochenende. Am Mittwoch war US-Präsident Trump Fragen von Reportern ausgewichen, ob ein Angriff der US-Armee auf den Iran geplant sei: "Niemand weiß, was ich tun werde."

Nun also zunächst die europäische diplomatische Initiative. Ziel der Gespräche in Genf ist es nach Angaben der deutschen Diplomaten, die iranische Seite zu einer Garantie zu bewegen, dass sie das Atomprogramm wirklich nur für zivile Zwecke nutzt. Dem europäisch-iranischen Außenministertreffen in Genf soll dann ein strukturierter Dialog auf Expertenebene folgen, hieß es weiter.

Deutschlands Kanzler Friedrich Merz teilte mit, dass er die Bemühungen von Außenminister Wadephul unterstütze, zusammen mit Großbritannien und Frankreich Kontakt zu dem Iran zu suchen. Vonseiten der Islamischen Republik wurde bestätigt, dass Außenminister Araghchi zu dem Treffen nach Genf reisen werde. Von Israel liegt bislang keine Stellungnahme vor.

Russlands Staatschef Wladimir Putin und sein chinesischer Kollege Xi Jinping verurteilten die israelischen Angriffe auf den Iran scharf. Die beiden Präsidenten fordern nach Angaben des Kreml ebenfalls eine diplomatische Lösung des Konflikts. Putin und Xi haben an diesem Donnerstag etwa eine Stunde lang miteinander telefoniert.

Putin-Berater Uschakow (Archivbild): "Nicht mit Gewalt"Bild: ALEXANDER ZEMLIANICHENKO/POOL/AFP via Getty Images

Anschließend sagte Putins Berater Juri Uschakow vor Journalisten, Russland und China gingen beide davon aus, dass eine Lösung des Konflikts "nicht mit Gewalt", sondern "ausschließlich mit politischen und diplomatischen Mitteln erreicht werden kann und muss". Die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua meldet, Xi habe erklärt, dass "große Länder" mit "besonderem Einfluss" in der Region verstärkt diplomatische Bemühungen unternehmen sollten, um die Lage zu beruhigen.

Israel will Entwicklung von Atomwaffen im Iran verhindern

Am vergangenen Freitag hatte Israel einen Großangriff auf den Erzfeind Iran begonnen. Seither attackieren die israelischen Streitkräfte immer wieder Ziele in der Islamischen Republik, während die iranischen Streitkräfte ihrerseits Raketen auf Israel abfeuern, das selbst im Besitzt von Atomwaffen sein soll.

Nach israelischer Darstellung ist das wichtigste Ziel des Militäreinsatzes, den Iran an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern. Die iranische Führung hingegen dementiert seit Jahren, den Bau von Kernwaffen anzustreben - und pocht auf das Recht, Atomkraft für friedliche Zwecke zu nutzen.

Die sogenannten E3-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien versuchen seit Jahren mit dem Iran über dessen Atomprogramm zu verhandeln. Die Unterhändler waren bei der zentralen Frage der Urananreicherung zuletzt nicht weitergekommen.

Mit seinem Vorstoß will Bundesaußenminister Wadephul nun versuchen, den Iran wieder an einen Tisch zu bringen. Wadephuls Botschaft: "Es ist nie zu spät, an den Verhandlungstisch zu kommen, wenn man in ehrlicher Absicht kommt."

Der Iran hatte in letzter Zeit immer größere Mengen des radioaktiven Schwermetalls Uran auf einen immer höheren Reinheitsgrad angereichert. Hochangereichertes Uran ist Voraussetzung für den Bau einer Atombombe. Zentrifugen zur Anreicherung liefen in den iranischen Atomzentren offenbar auf Hochtouren. Das hatte internationale Befürchtungen genährt, der Iran werde möglicherweise schon bald genügend kernwaffenfähiges Material für eine vernichtende Bombe haben.

Zwar zeigte sich die Führung in Teheran bereit, das Programm - wie im Wiener Atomabkommen von 2015 vereinbart - wieder einzuschränken. Die Fähigkeit zur Anreicherung wollte sie jedoch nicht aufgeben.

Iran und Israels attackieren sich weiter

Israel und der Iran setzen ihre gegenseitigen Angriffe auch sechs Tage nach Beginn der kriegerischen Auseinandersetzung fort. Nach Angaben des israelischen Militärs schlugen mehrere iranische Raketen in bewohnten Gebieten Israels ein. Auch ein Krankenhaus wurde getroffen: das Soroka Medical Center in der Stadt Beerscheba in Südisrael.

Mindestens 32 Menschen seien bei dem Angriff verletzt worden, zwei von ihnen schwer, teilte der Rettungsdienst Magen David Adom mit. Ein Krankenhaus-Sprecher sagte, der Angriff habe "in mehreren Bereichen schwere Schäden verursacht". In dem Krankenhaus werden unter anderen viele beim israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen verwundete Soldaten behandelt. Ob die Klinik gezielt vom Iran angegriffen wurde, ist unklar. Iranische Geschosse verfügen oftmals nicht über eine sehr hohe Zielgenauigkeit.

Soroka-Krankenhaus nach iranischem RaketenangriffBild: Leo Correa/AP Photo/picture alliance

Auch über der israelischen Metropole Tel Aviv waren Raketenbahnen und Abfangversuche am Himmel zu sehen. Explosionen waren zu hören, als anfliegende Geschosse abgefangen wurden. Israelische Rettungsdienste teilten mit, dass zahlreiche Menschen an drei verschiedenen Orten verletzt wurden.

Auch das israelische Militär attackierte den Iran in der Nacht nach eigenen Angaben erneut aus der Luft. Dabei seien Ziele in der Hauptstadt Teheran und anderen Gebieten des Landes angegriffen worden, teilten die Streitkräfte mit. Ziel war auch eine Atomanlage südwestlich von Teheran: der Schwerwasserreaktor nahe Arak.

Angriff nach Warnung in persischer Sprache

Der israelische Armeesender berichtete, der Angriff sei nach einer Warnung des Militärsprechers in persischer Sprache erfolgt. Die israelische Armee hatte alle Einwohner von Arak und Chandab über die Plattform X dazu aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen. Fraglich ist jedoch, ob diese Warnungen die Menschen im Iran überhaupt erreichen, da das Internet dort seit mehr als einem halben Tag abgeschaltet ist.

Die iranische Atombehörde berichtete laut dem regierungsnahen Webportal "Iran Nuances" von einem Angriff auf einen Forschungsreaktor und einen Schwerwasserkomplex. Es gebe aber keine Opfer und es bestehe keine Gefahr für die Bevölkerung. Man habe den Vorfall der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) gemeldet.

Die IAEA bestätigt den Luftschlag. Der im Bau befindliche Schwerwasser-Forschungsreaktor Chondab (früher Arak) sei getroffen worden, aber keine radioaktive Strahlung ausgetreten. Dieser Teil des Komplexes sei nicht im Betrieb gewesen und dort liege kein Kernmaterial, teilte die Internationalen Atomenergiebehörde mit.

Schweres Wasser hilft bei der Kühlung von Kernreaktoren, erzeugt aber als Nebenprodukt Plutonium. Das hochgiftige strahlende Material kann potenziell ebenfalls für Kernwaffen verwendet werden.

AR/se/haz (dpa, rtr, afp, kna)

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