Iran-Israel-Krieg: Warum Teheran auf Blockade verzichtet
24. Juni 2025
Kurz hat die Welt den Atem angehalten, nun scheint der Konflikt zwischen Israel, USA und Iran fürs erste nicht weiter zu eskalieren. Iran hat die gesichtswahrende Lösung gewählt und einen Angriff auf einen US-Militärstützpunkt in Katar gestartet. An der Börse verstand man das als Zeichen der Entspannung.
Teherans Vergeltungsschlag sei laut genug für Schlagzeilen gewesen und leise genug, um den Ölmarkt nicht in seinen Grundfesten zu erschüttern, sagte Stephen Innes von SPI Asset Management gegenüber Reuters. So brach der Ölpreis gleich am Montagabend ein.
Dabei hatte der Iran einen starken Trumpf in der Hand. Mit einer Blockade der Straße von Hormus hätte Teheran die Weltwirtschaft empfindlich treffen können. Nur: War das wirklich ein Trumpf oder wäre es doch eher ein Eigentor geworden?
Warum Ölexporte für Teheran wichtig sind
Die iranische Wirtschaft sei im Vergleich zu vielen anderen Ländern des Nahen Ostens relativ diversifiziert, heißt es bei der US Energieinformationsagentur (EIA). Das Land hat aber eine Industrie, die hauptsächlich für den Inlandsbedarf produziert.
Die Exporte von Erdöl und Erdölprodukten bildeten somit eine wichtige Einnahmequelle für die Regierung. Sie machen über 17 Prozent der Gesamtexporte aus (Gas knapp 12 Prozent). 2023 war das Land der viertgrößte Rohölproduzent in der OPEC und 2022 der drittgrößte Produzent von trockenem Erdgas (das ist Gas mit einem nur geringen Anteil schnell kondensierender Gase wie etwa Wasserstoff) in der Welt, so die EIA.
Iran exportiert Öl trotz Sanktionen
Zwar ist der Iran seit vielen Jahren mit Sanktionen belegt, das hindert das Regime aber nicht daran, trotzdem Öl zu exportieren. Davon hat vor allem China profitiert. 2023 gingen fast 90 Prozent des Exports in die Volksrepublik.
Im Jahr 2023 sei Öl im Wert von mehr als 35 Milliarden Dollar exportiert worden, wie Ölminister Javad Owji im März 2023 laut einem Bericht der Financial Times verkündet hatte.
Der Ölsektor machte im Zeitraum von April bis Dezember 2023 über acht Prozent des BIP aus, so die Weltbank. Im Jahr darauf sind die exportierten Ölmengen noch weiter gestiegen, so Schätzungen auf Basis des Datenanalyseunternehmens Vortexa.
China ist wichtiger Handelspartner
Somit hätte sich Iran bei einer Blockade der Straße von Hormus also selber geschadet. Einmal, in dem die eigenen Einnahmen aus dem Ölverkauf betroffen gewesen wären. Und zum anderen hätte der Iran auch noch seinen Handelspartner China verärgert, der von dem günstigen Öl profitiert.
Der in London ansässige TV-Sender Iran International schätzt, dass das Land sein Öl mit einem Abschlag von 20 Prozent auf den Weltmarktpreis abgibt. Der Grund: Der Käufer trägt das Risiko, wegen der US-Sanktionen Ärger zu bekommen.
"Chinesische Raffinerien sind die Hauptabnehmer von Irans illegalen Öl-Lieferungen, die von Zwischenhändlern mit Lieferungen aus anderen Ländern vermischt werden und in China als Importe aus Singapur oder anderen Herkunftsländern deklariert werden", so der Sender.
Insgesamt importiert China fast elf Millionen Barrel Rohöl pro Tag, wovon etwa zehn Prozent aus dem Iran stammen, so Rystad Energy's - ein unabhängiges Energieforschungsunternehmen aus Norwegen.
Blockade hätte auch Irans Nachbarn getroffen
Eine Blockade hätte außerdem zu Verwerfungen mit den Nachbarländern des Iran führen können. Kuweit, Irak und die Vereinigten Arabischen Emirate transportieren ihr Öl ebenfalls durch diese Passage. Durch die Schließung der Meerenge würde Teheran "das, was an Bündnissen mit den Staaten der Region noch bleibe, untergraben", erklärte der Ökonom und Golfexperte Justin Alexander.
Fraglich ist auch, wie lange Iran überhaupt eine Blockade hätte durchhalten können. Es dürfte sehr schnell zu einer starken militärischen Reaktion seitens der USA und der europäischen Länder kommen, vermutete Homayoun Falakshahi von der Analysefirma Kpler, wie die Tagesschau berichtet. Er glaubt, der Iran hätte die Straße nur für ein oder zwei Tage schließen können.
Irans Wirtschaft leidet unter Sanktionen und Inflation
Eine weitere Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation Irans würde zudem beim eigenen Volk nicht gut ankommen. "Der Lebensstandard ist wegen der Sanktionen wieder auf dem Stand von vor 20 Jahren", sagte Djavad Salehi-Isfahani, Wirtschafts-Professor an der US-Hochschule Virginia Tech, im Interview mit der DW.
Die Sanktionen beziehen sich nicht nur auf die Ölindustrie, sondern auch auf den internationalen Zahlungsverkehr mit dem Iran. Das hat die Inflation angetrieben. Sie ist seit Anfang des Jahres stark angestiegen und betrug im Mai über 38 Prozent im Vergleich zum Mai 2024. So sorgen die Sanktionen und der schlechte Wechselkurs dafür, dass das tägliche Leben im Iran immer teurer wird.