Iran: Ist ein Regimewechsel möglich?
20. Juni 2025
"Der Iran wird nicht kapitulieren und sich weiterhin verteidigen." Mit diesen Worten wandte sich der Oberste Führer der Islamischen Republik Iran, Ali Chamenei, am 18. Juni in einer Fernsehansprache an die Öffentlichkeit. Wo genau er sich aufhält, ist unklar.
Seit dem 13. Juni bombardiert Israel gezielt Militär- und Atomanlagen im Iran. Die Angriffe sollen Teheran davon abhalten, eine Atombombe zu entwickeln. Der Iran reagiert mit Raketen- und Drohnenangriffen auf israelisches Gebiet. In der iranischen Bevölkerung kursieren nun Gerüchte, dass auch Chamenei - so wie hochrangige Funktionäre der Revolutionsgarde - Ziel israelischer Angriffe werden könnten.
Für viele steht nun eine Frage im Mittelpunkt: Wie kann ein Regime, das nicht einmal seine eigenen Spitzenfunktionäre schützen kann, behaupten, die territoriale Integrität des Landes zu wahren? Für den im Exil lebenden Iran-Experte Majid Golpour ist die Antwort klar: "Entgegen allen Behauptungen hinsichtlich Raketenabwehr oder Führungsschutz wurde die absolute Ineffizienz dieses Regimes öffentlich sichtbar", schrieb er auf Anfrage der DW.
Ob die anhaltenden Angriffe den Zerfall des Regimes einleiten könnten, hängt laut dem Soziologen Golpour aber vor allem davon ab, ob es eine glaubwürdige politische Alternative gibt. "Jetzt ist der Moment, in dem nationale politische Kräfte eine gemeinsame Charta vorlegen müssten - sowohl gegen das herrschende System als auch gegen äußere Bedrohungen. Doch bislang fehlt es an konkreten Plänen, operativen Koalitionen und arbeitsfähigen Strukturen innerhalb der Opposition."
Was ist die Alternative?
Die iranische Opposition im Ausland ist zersplittert. Ein Teil der Diaspora sieht in Reza Pahlavi, dem ältesten Sohn des 1979 gestürzten Schahs Mohammad Reza Pahlavi, eine mögliche Übergangsfigur oder ein Symbol der nationalen Einheit. Seit der islamischen Revolution lebt er im Exil - überwiegend in den USA - und tritt als Oppositionsfigur gegen die Islamische Republik auf. Im Land selbst jedoch hat er keine politische Organisation.
Im Iran werden Oppositionsstimmen seit Jahrzehnten systematisch unterdrückt. Wer in der Lage erscheint, Menschen zu mobilisieren, wird diskreditiert, überwacht, verhaftet und oft zu langen Haftstrafen verurteilt.
Dennoch sieht die Politologin Shukriya Bradost, von der Non-resident Scholar am Middle East Institute, eine Chance: Sollte das Regime ernsthaft geschwächt werden, könnte ein politisches Vakuum entstehen. Das wäre eine Gelegenheit für oppositionelle Gruppen, Proteste und Streiks zu organisieren und grundlegende Veränderungen anzustoßen.
Patriotische Verbundenheit mit dem Land
Ein entscheidender Faktor in diesem Szenario ist die patriotische Verbundenheit vieler Iranerinnen und Iraner mit ihrem Land, was den gegenwärtigen Machthabern die Hände spielen könnte. Dieses Gefühl half dem Regime bereits nach der Revolution 1979, sich zu stabilisieren. Als der Irak unter Saddam Hussein im Herbst 1980 den Iran angriff, stellte sich die Bevölkerung hinter das Land. Es folgte ein achtjähriger Krieg mit bis zu einer Million Todesopfern auf iranischer Seite.
Heute benutzt die Islamische Republik erneut eine nationalistische Rhetorik mit dem Ziel, ihre Macht zu sichern. Die Publizistin Shahran Tabari warnt jedoch: "Die Islamische Republik hat erkannt, dass sich die Menschen nicht mehr mit der 'Nation des Islam' identifizieren, sondern sich als Bürgerinnen und Bürger des Iran verstehen. Kein vernünftiger Mensch lässt sich von diesem inszenierten Nationalismus täuschen." Tabari ist Politikwissenschaftlerin und Journalistin und lebt im Exil.
Was viele Menschen im Iran derzeit jenseits von Angst und Wut über einen eskalierenden Konflikt empfinden, auf den sie keinen Einfluss haben, lässt sich nur schwer erfassen. Zwar gibt es zahlreiche regimekritische Stimmen im Land, doch viele von ihnen lehnen Empfehlungen aus dem Exil ab.
Die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi ruft Israel eindringlich dazu auf, die Angriffe zu beenden. Die USA sollen sich für Deeskalation einsetzen. In einer Videobotschaft an den US-Sender CNN appellierte sie: "Ich möchte Präsident Trump bitten, sich diesem Krieg nicht anzuschließen und ihn stattdessen zu beenden. Es braucht einen Waffenstillstand im gesamten Nahen Osten."
Der Westen wirkt in der Iran-Politik gespalten. Trotz scharfer Rhetorik gegenüber Teheran fehlt es an einer kohärenten Strategie für einen möglichen Regimewechsel. Während einzelne US-Berater wie John Bolton militärischen Druck fordern, zeigt sich Präsident Donald Trump zurückhaltend - noch.