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Politik

Iran revidiert Todesurteile gegen Demonstranten

5. Dezember 2020

Die Gerichtsverfahren gegen drei junge Männer, die an gewaltsamen Protesten vor einem Jahr im Iran teilgenommen hatten, werden neu aufgerollt. Das Oberste Gericht des Landes nahm die verhängte Todesstrafe zurück.

Die drei iranischen Demonstranten, deren Todesurteile aufgehoben wurden
Mohammad R. - Saeid T. und Amirhossein M. (v.l., Archivbild) Bild: Emtedada

Die drei jungen Iraner im Alter zwischen 26 und 28 waren wegen ihrer Teilnahme an den schweren Unruhen vor einem Jahr zum Tode verurteilt worden. Im Sommer wurde ihre Hinrichtung ausgesetzt. Nach heftigen auch internationalen Protesten hat der Oberste Gerichtshof der Islamischen Republik nun entschieden, die Urteile zurückzuziehen und den Fall vor einem anderen Gericht neu verhandeln zu lassen. Dem Antrag der Anwälte der Verurteilten auf Wiederaufnahme des Verfahrens sei stattgegeben worden, teilte die iranische Justizbehörde mit. Der Fall werde nun durch ein anderes Gericht neu untersucht.

Die Todesurteile gegen Amirhossein M., Saeid T. und Mohammad R. hatten im Juli für landesweite Proteste im Iran gesorgt. Unter dem Hashtag "No To Execution" (Nein zur Hinrichtung) sprachen sich innerhalb von nur 24 Stunden nach Medienberichten allein mehr als zwei Millionen Iraner gegen die Hinrichtung der drei jungen Landsleute aus. Europäische Länder und die Vereinten Nationen bekräftigten ihr Nein zur Todesstrafe.

Auch in Berlin demonstrierten im Juli zahlreiche Menschen gegen die Todesstrafe im IranBild: Reuters/F. Bensch

Irans Justizchef Ibrahim Raeissi schaltete sich dann persönlich ein und befürwortete weitere Untersuchungen zum eigentlich schon rechtskräftigen Urteil.

Treibstoffpreise mehr als verdoppelt

Im November 2019 waren die Treibstoffpreise im Iran über Nacht mehr als verdoppelt worden, was die wirtschaftliche Not der Bevölkerung aufgrund der bestehenden Sanktionen noch verschärfte.

Mit einem massiven Aufgebot geht Irans Polizei gegen die Demonstranten vor Bild: ISNA

Zunächst gab es Protestaktionen in wenigen Städten, dann weiteten sich diese auf etwa 100 Zentren aus. Wütende Iraner setzten Tankstellen in Brand, griffen Polizeistationen an und plünderten Geschäfte. Die Sicherheitskräfte schritten rigoros ein. Mit scharfer Munition wurde auf Demonstranten geschossen. Irans politische Führung bezeichnete die Demonstranten als bezahlte Söldner der Erzfeinde USA, Israel und Saudi-Arabien. Teheran beschuldigte sie, mit Sabotageaktionen das iranische System schwächen oder gar stürzen zu wollen. 

Polizeiwagen gehen in Flammen auf Bild: picture-alliance/abaca/SalamPix

Den drei Verurteilten warf die Justizbehörde vor, während der Unruhen mehrere öffentliche Einrichtungen und Verkehrsmittel in Brand gesetzt, Geschäfte geplündert und ihre Taten mit dem Handy gefilmt zu haben.

Eine verwüstete Tankstelle in Teheran Bild: picture-alliance/dpa/A. Mirzazadeh

Nachdem die Behörden sich monatelang geweigert hatten, Opferzahlen zu nennen, bezifferte im Juni ein ranghoher Abgeordneter im Iran die Zahl der Getöteten bei den Unruhen mit 230.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von mindestens 304 Todesopfern, darunter 23 Minderjährige. Eine Gruppe unabhängiger UN-Rechtsexperten schloss nicht aus, dass gar 400 Menschen getötet worden waren. Zudem wurden laut iranischen Angaben damals mehr als 1000 Menschen festgenommen.

se/kle (dpa, afp, ap, rtr)

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