1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
MeinungsfreiheitNordamerika

Iran: "Rushdie ist selbst verantwortlich"

15. August 2022

Der Iran macht den Schriftsteller Salman Rushdie selbst und seine Anhänger für den Messerangriff verantwortlich. Rushdie, dem es etwas besser geht, bekommt international viel Unterstützung, unter anderem von den USA.

Iran Salman Rushdie
Salman Rushdie geht es nach dem Attentat wieder etwas besser - Archivbild von 2017Bild: Evan Agostini/Invision/AP Photo/picture alliance

Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani, sagte vor Journalisten, Meinungsfreiheit rechtfertige nicht Rushdies Beleidigungen von Religion in seinen Werken. Der Autor und seine Anhänger seien deshalb selbst für den Messerangriff vom Freitag verantwortlich. Über den Angreifer von Rushdie sagte Kanaani, er habe nur die Informationen, die den Medien zu entnehmen seien. Unterdessen hat sich die Familie von Salman Rushdie zu Wort gemeldet.

Sein Sohn Zafar schrieb bei Twitter, man sei sehr erleichtert, dass sein Vater nicht mehr an ein Beatmungsgerät und eine zusätzliche Sauerstoffversorgung angeschlossen sei. Zudem habe er einige Worte sprechen können. Salman Rushdie befinde sich aber weiter in kritischem Zustand und müsse intensiv medizinisch behandelt werden. Sein Sohn schrieb weiter, trotz der schwerwiegenden und lebensverändernden Verletzungen bleibt der übliche kämpferische und aufsässige Sinn seines Vaters für Humor intakt.

Attentat wird mehr und mehr zum Politikum

Der Angriff auf Rushdie wird immer stärker zum Politikum. Vor allem den Iran sehen viele Menschen mit in der Verantwortung. Der in Indien geborene Rushdie war 1988 wegen angeblicher Blasphemie in seinem Buch "Die satanischen Verse" in der islamischen Welt in die Kritik geraten.

Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaan, gibt Rushdie selbst die Schuld am AttentatBild: Iranian Foreign Ministry/AP/picture alliance

Im Jahr darauf sprach das damalige geistliche und politische Oberhaupt des Irans, Ajatollah Ruhollah Chomeini, eine sogenannte Fatwa zur Tötung Rushdies aus. Von diesem Aufruf an alle Muslime war die iranische Führung später abgerückt.

Scharfe Kritik am Iran aus Israel - Unterstützung von den USA

Dessen ungeachtet hat Israels Regierungschef Jair Lapid die Messerattacke als "Attacke auf unsere Freiheiten und Werte" verurteilt und den Iran dafür mit in die Verantwortung genommen. Der Vorfall sei "das Resultat von Jahrzehnten der Aufwiegelung, angeführt durch das extremistische Regime in Teheran". Stellvertretend für die Menschen in Israel wünsche er dem Schriftsteller eine vollständige und schnelle Genesung.

US-Außenminister Antony Blinken hat unterdessen die Standhaftigkeit des Autors gewürdigt und zugleich ebenfalls den Iran kritisiert. Rushdie sei immer wieder für die universellen Rechte der Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit und Pressefreiheit eingetreten, sagte Blinken in Washington. Doch "böse Kräfte" versuchten, diese Rechte durch Hassrede und Aufwiegelung zur Gewalt zu unterminieren. Weiter sagte Blinken, speziell staatliche iranische Einrichtungen hätten über Generationen zu Gewalt gegen Rushdie aufgerufen und staatliche Medien hätten sich jüngst an dem Angriff auf sein Leben ergötzt.

US-Außenminister BlinkenBild: Andrew Harnik/AP Photo/picture alliance

Entsetzen über die Tat auch in Deutschland

Der Publizist Günter Wallraff verurteilte das Attentat auf Rushdie erneut. Es sei "widerlich", dass die iranischen Staatsmedien den mutmaßlichen Attentäter frenetisch feierten, sagte Wallraff dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Wallraff hatte Rushdie 1993 in seinem Haus in Köln-Ehrenfeld versteckt.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte, wer diesen Mordanschlag auch noch rechtfertigte, verbreitet nichts anderes als Hass und Extremismus. Wer an ein friedliches Zusammenleben glaube, müsse sich dem klar und konsequent entgegenstellen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bei Twitter geschrieben: "Was für eine abscheuliche Tat!".

Motiv des Angreifers weiter unklar

Über das Motiv des 24-Jährigen Angreifers gibt es weiter keine offiziellen Angaben. Er befindet sich weiter in Untersuchungshaft. Das Internet-Portal Vice News berichtet unterdessen unter Berufung auf Geheimdienstquellen aus Europa und dem Nahen Osten, der Tatverdächtige Hadi Matar habe in sozialen Medien Kontakt zu den iranischen Revolutionsgarden gehabt.

Nach dem Attentat wurde der 24-Jährige Hadi Matar festgenommenBild: AP

Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass der Iran an der Organisation oder Durchführung des Angriffs beteiligt gewesen sei. Vor Gericht schwieg der mutmaßliche Täter am Samstag und ließ sich von seinem Pflichtverteidiger für "nicht schuldig" erklären. Ihm wird laut Mitteilung der Polizei versuchter Mord zweiten Grades sowie Angriff mit einer tödlichen Waffe und der Absicht, eine Körperverletzung zu verursachen, vorgeworfen.

bru/pg (dpa, afp)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen