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PolitikIran

Iran: Schauspielerinnen mit Berufsverbot eingeschüchtert

5. November 2023

Wegen öffentlichen Auftretens ohne Kopftuch dürfen eine Reihe iranischer Schauspielerinnen nicht mehr arbeiten. Die Folge: Wer im Iran weiter im Beruf bleiben will, passt sich an.

Iran Proteste | Freilassung der Schauspielerin Taraneh Alidoosti
Schauspielerin Taraneh Alidoosti nach der Freilassung aus dem Gefängnis 2022Bild: Gisoo Faghfouri/Sharghdaily/AP Photo/picture alliance

Ende Oktober veröffentlichte das Ministerium für Kultur und islamische Orientierung des Iran eine Liste von Schauspielerinnen, die aufgrund ihres öffentlichen Auftretens ohne Kopftuch ein Berufsverbot erhalten haben. "Diejenigen, die das Recht nicht achten, dürfen nicht arbeiten", betonte der Minister für Kultur und islamische Orientierung, Mohammad Mehdi Esmaeili. Auf dieser Liste stehen bis jetzt zwanzig Personen, darunter auch weltbekannte Namen wie Taraneh Alidoosti. Die 39-jährige Alidoosti hat in mehreren international ausgezeichneten Filmen mitgespielt, darunter "The Salesman" von Asghar Farhadi, der 2017 einen Oscar als bester fremdsprachiger Film erhielt.

Schauspielerin Taraneh Alidoosti: verhaftet nach Instagram-Post

Alidoosti hatte selbst außerhalb des Landes bei allen Veranstaltungen Kopftuch getragen. Das änderte sich im November 2022 während der landesweiten Proteste nach dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini. Diese war von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie gegen die islamischen Kleidungsvorschriften verstoßen haben soll, und verstarb in Polizeigewahrsam.

Alidoosti postete ein Foto von sich ohne Kopftuch auf ihrem Instagram-Account. Auf dieser Plattform hat die Schauspielerin mehr als acht Millionen Follower. Auf dem Foto hielt sie ein Blatt in der Hand mit dem Slogan "Frau, Leben, Freiheit", um ihre Solidarität mit der Frauenbewegung im Iran und den Protestierenden gegen das politische System sowie gegen Gesetze wie das obligatorische Kopftuch auszudrücken.

Sacharow-Preis für Iranerin Jina Mahsa Amini

01:15

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Alidoosti wurde kurz nach dem Posten ihres Fotos im November 2022 verhaftet und kam erst zwei Wochen später auf Kaution frei. Als Reaktion auf ihr Berufsverbot schrieb sie auf ihrem Instagram-Account: "Ich werde eurem Kopftuch, aus dem das Blut meiner Schwestern tropft, nicht nachgeben."

Das öffentliche Auftreten ohne Kopftuch kann im Iran lebensgefährlich sein. Das zeigt auch der tragische Fall der 16-jährigen Schülerin Armita Garawand. Sie war Anfang Oktober ohne Kopftuch auf dem Weg zur Schule. Nach einer mutmaßlichen Auseinandersetzung mit Sittenwächtern in der U-Bahn wurde sie hirntot ins Krankenhaus eingeliefert. Seither lag sie im Koma. Ende Oktober wurde die Schülerin schließlich offiziell für tot erklärt und beerdigt.

Empörung bei den jungen Iranerinnen über die Anpassung der alten

Eine junge Studentin aus der Hauptstadt Teheran betont im Gespräch mit der DW: "Wir setzen täglich unser Leben aufs Spiel, weil wir ohne Kopftuch unterwegs sind. Es ist traurig zu sehen, dass viele Schauspielerinnen immer noch Kopftuch tragen." Sie verwies auf den letzten großen öffentlichen Auftritt von Filmschaffenden im Iran bei der Beerdigung des Regisseurs Dariush Mehrjui am 18. Oktober.

Mona Mehrjui bei der Beerdigung ihrer ermordeten Eltern Bild: Rouzbeh Fouladi/Zumapress/picture alliance

Die Filmbranche und die Öffentlichkeit im Iran waren schockiert über den Mord an dem 83-jährigen Regisseur und seiner Frau, der Drehbuchautorin Wahideh Mohammadifar. Beide waren Mitte Oktober mit Stichwunden an den Hälsen in ihrem Zuhause aufgefunden worden. Die Behörden sprechen von einem Raubmord, begangen von ihrem Gärtner. Doch viele Zweifel bleiben. Mehrjui war, wie viele andere Filmschaffende im Iran, ständig im Konflikt mit den Sicherheitskräften. Im März 2022, als sein letzter Film, "La Minor", der Zensur zum Opfer fiel, wütete der Regisseur in einer Videobotschaft gegen das Kulturministerium des Mullah-Regimes: "Kommt und tötet mich", rief er.

Bei seiner Beerdigung trugen viele namhafte Schauspielerinnen Kopftücher. Die einzige Person ohne das obligatorische Kopftuch war die 16-jährige Mona Mehrjui, die Tochter von Mehrjui.

"Der Widerstand geht weiter"

"Ich verstehe, dass die mutige Generation wütend auf uns ist. Meine Generation ist konservativ und vorsichtig", sagt Shole Pakravan im Gespräch mit der DW. Die Theaterschauspielerin und Buchautorin lebt seit 2017 in Deutschland. Drei Jahre zuvor war ihre Tochter Reyhaneh Jabbari im Iran hingerichtet worden. Sie hatte einen Mann tödlich verletzt, der sie vergewaltigen wollte. Shole Pakravan kämpfte lange um das Leben ihrer Tochter im Iran -  vergeblich. Sie hat den Kampf nach Reyhanehs Hinrichtung nicht aufgegeben und versucht im Ausland, die Stimme der Unterdrückten im Iran zu sein.

"Ich weiß, dass der Preis des Widerstands im Iran derzeit sehr hoch ist", sagt Pakravan und fügt hinzu: "Wer nicht von der Bildfläche verschwinden möchte, trägt widerwillig das Kopftuch. Ich glaube jedoch nicht, dass der Widerstand zu Ende gegangen ist. Er hat sich geändert und wird sich in anderen Formen zeigen. Was letztes Jahr im Iran geschehen ist, können die Machthaber nie wieder rückgängig machen. Ihnen gegenüber steht nun eine junge, mutige Generation von Frauen, die wissen, was sie wollen: Freiheit und das Ende der Unterdrückung."

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