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Iran: Solidarität mit unterdrückten Bahá'í

21. Juni 2024

In einem Statement aus dem Teheraner Evin-Gefängnis zeigen zehn weibliche politische Gefangene ihre Solidarität mit der Bahá'í-Gemeinde. Die Bahá'í sind im Iran der Willkür der Machthaber ausgesetzt.

Fotos von zehn weiblichen Gefangenen im Iran
Zehn politische Gefangene: die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi, Anisha Assadollahi, Golrokh Iraee, Samaneh Asghari, die Deutsch-Iranerin Nahid Taghavi. Unten: Hasti Amiri, Mahboubeh Rezayi, Sepideh Gholian, Maryam Yahyaei, Sakineh Parvaneh.Bild: Bahá'í-Gemeinde in Deutschland

In einer Erklärung aus dem Frauenabteil des berüchtigten Evin-Gefängnisses in Teheran zeigen sich zehn politische Gefangene solidarisch mit der verfolgten Bahá'í-Gemeinde im Iran. Die Aktivistinnen wollten angesichts des Unrechts gegenüber den Bahá'í nicht mehr schweigen, betonen sie in ihrer Erklärung: "Unser Schweigen hat diese Verbrechen für das Regime leichter gemacht und den Weg für die Wiederholung und Verschärfung der Maßnahmen gegen die Bahá'í-Gemeinde geebnet."

Diese Erklärung wurde diese Woche zu Ehren von zehn Bahá'í-Frauen veröffentlicht, die am 18. Juni 1983 wegen ihres Glaubens hingerichtet wurden. Eine der Unterzeichnerinnen der Erklärung ist die inhaftierte Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi. Sie wurde am 18. Juni wegen angeblicher "Propaganda gegen das politische System im Iran" zu einem weiteren Jahr Haftstrafe verurteilt. Insgesamt muss sie noch 13 Jahren hinter Gitter bleiben. Trotzdem kritisiert sie weiter Menschenrechtsverletzungen im Iran.

Ihre Solidarität mit einer Glaubensgemeinschaft, die seit Jahrzehnten gezielter staatlicher Propaganda und systematischer Unterdrückung ausgesetzt ist, kann schwerwiegende Folgen für sie und alle anderen Unterzeichner der Erklärung haben.

Respekt vor friedlichem Widerstand

"Ein wichtiger Grund für diese Solidarität ist der friedliche Widerstand der Bahá'í-Gemeinde im Iran über all die Jahre. Sie werden als ehrenhafte und mutige Bürger anerkannt", schreibt der iranische Regisseur und Produzent Sepehr Atefi auf Nachfrage der Deutschen Welle. Atefi, der seit 2009 in Deutschland lebt, ist Bahá'í.

Sein letzter Film "The Women Who Said 'No''" ist ein Dokumentarfilm in persischer Sprache, der die Geschichte der zehn hingerichteten Frauen erzählt. Die jüngste unter ihnen war die 17-jährige Mona Mahmoudnejad. Sie unterrichtete Bahá'í-Kinder, die nicht zur Schule gehen durften. Die Körper der Hingerichteten wurden ihren Familien nie übergeben, sodass sie weder angemessen Abschied nehmen noch sie gemäß ihren religiösen Ritualen bestatten konnten.

Die Bahá'í-Gemeinde im Iran ist mit etwa 300.000 Mitgliedern die größte religiöse Minderheit des Landes. Trotzdem werden sie im Gegensatz zu Christen, Juden und Zoroastriern in Artikel 13 der iranischen Verfassung nicht als anerkannte religiöse Minderheit geschützt. Seit ihrer Entstehung vor rund 170 Jahren gelten die Bahá'í als Abtrünnige des schiitischen Islam, aus dessen Wurzeln sie einst hervorgingen. Die Bahá’i-Religion ist monotheistisch und betont Werte wie soziale Gerechtigkeit und die Gleichberechtigung von Mann und Frau. 

Unter den schiitischen Machthabern im Iran werden Bahá'í willkürlich verhaftet und gefoltert. Immer wieder wird ihr Eigentum beschlagnahmt. Ihr Zugang zu Bildung und Arbeitsplätzen ist stark eingeschränkt. Zudem sind ihre religiösen Institutionen verboten; ihre Aktivitäten werden überwacht; ihre Gemeinden werden regelmäßig von staatlichen Behörden schikaniert.

Diese zehn Bahá'í-Frauen wurden am 18. Juni 1983 wegen ihres Glaubens hingerichtetBild: Die Internationale Bahá’í-Gemeinde

"In der iranischen Gesellschaft werden sie jetzt mehr dann je respektiert", sagt Atefi, und fügt hinzu: "Die iranische Gesellschaft hat seit der Revolution enorme kulturelle Veränderungen durchgemacht. Vor der Revolution war der Einfluss und die Popularität der schiitischen Geistlichen sehr hoch. Diese Popularität hat sich in Hass und Abscheu verwandelt. Die Geistlichen waren immer die treibende Kraft bei der Unterdrückung der Bahá'í, und als ihr Einfluss abnahm, wurde auch ihr Einfluss auf die Anti-Bahá'í-Propaganda im Volk begrenzt. Ein weiterer wichtiger Grund für mehr Verständnis und Solidarität mit den Bahá'í in der Gesellschaft ist die Verbreitung der Massenmedien und des Internets. Die Geschichten der Bahá'í werden gehört."

Verbrechen gegen die Menschlichkeit 

Im Netz findet man umfangreiche Dokumentationen, die die Verstöße gegen die Rechte der Bahá'í im Iran belegen. Zum Beispiel gibt es Videos, die zeigen, wie Bahá'í-Häuser zerstört oder ihre Friedhöfe geschändet werden. Die jahrzehntelange systematische Unterdrückung der Bahá'í durch die iranischen Behörden kommt einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleich, sagt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in einem Bericht, der am 1. April veröffentlicht wurde.

Der Bericht stützt sich auf staatliche Anordnungen, Gerichtsdokumente und anderweitige Kommunikation mit den Bahá'í und betont: "Die Verfolgung der Bahá'í im Iran durch die iranischen Behörden dokumentiert die systematische Verletzung der Grundrechte von Mitgliedern der Bahá'í-Gemeinde, zum Beispiel durch diskriminierende Gesetze und politische Maßnahmen, die sich gegen sie richten."

 

"Dadurch, dass Human Rights Watch die Verfolgung der Bahá'í als Verbrechen gegen die Menschlichkeit einordnet, wäre die sachliche Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs gegeben", schreibt Jascha Noltenius, Beauftragter für Menschenrechtsfragen der Bahá'í-Gemeinde in Deutschland, auf Nachfrage der Deutschen Welle.

Er fügt hinzu: "Allerdings ist die Islamische Republik Iran keine Vertragspartei des IStGH-Statuts. Daher kann ein iranischer Staatsangehöriger für eine Inlandstat nur dann in Den Haag angeklagt werden, wenn der UN-Sicherheitsrat dies einstimmig beschließt. Davon unbenommen bleibt die von Human Rights Watch empfohlene Möglichkeit der Anklage vor nationalen Gerichten. Denn nach dem Weltrechtsprinzip können beispielsweise auch vor deutschen Gerichten Anklagen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit erhoben werden."

"Gemeinde im Iran braucht Unterstützung"

Dies könnte eine abschreckende Wirkung auf die Beamten der Islamischen Republik haben, die sich an der Verfolgung der Bahá'í beteiligen. Sie müssten bei einer Ausreise aus dem Iran jederzeit fürchten, unter einem internationalen Haftbefehl festgenommen und für ihre Taten gerichtlich zur Rechenschaft gezogen zu werden. Wichtig sei, dass die Gemeinde im Iran unterstützt wird, betont Noltenius. Denn trotz der systematischen staatlichen Verfolgung von der Wiege bis ins Grab bleibe der Großteil der Gemeinde in ihrem Heimatland Iran.

"Sie wollen ihren Beitrag zu dieser Wandlung der Gesellschaft leisten", sagt Noltenius und fügt hinzu: "Die Regierungen weltweit sollten alles in ihrer Macht Stehende tun, damit die Bahá'í als größte nicht-islamische religiöse Minderheit des Iran endlich dieselben Rechte genießen können wie ihre Mitbürger. Viele Regierungen setzen sich seit der Islamischen Revolution 1979 auf diplomatischem Wege für die Menschenrechte der Bahá'í ein, aber dieses Engagement muss angesichts der massiv zunehmenden Verfolgung von Bahá'í-Frauen noch verstärkt werden. Denn internationaler Druck ist das einzige Mittel, um die Unterdrückung marginalisierter Gruppen wie der Bahá'í-Gemeinde zumindest einzuschränken."

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