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KonflikteIran

Iran taktiert bei Rückkehr an Verhandlungstisch

27. Juni 2025

Die Islamische Republik ziert sich und zeigt demonstrativen Stolz: Wenn wieder gesprochen wird, so die Botschaft, dann nur, weil die Führung in Teheran es will. Druck aus Washington soll offiziell keine Rolle spielen.

Irans Außenminister Abbas Araghtschi spricht in Mikrofone, hinter ihm weitere Personen
"Keine Vereinbarung, keine Absprache": Irans Außenminister Abbas Araghtschi (Archivbild)Bild: Fabrice Coffrini/AFP/Getty Images

US-Präsident Donald Trump strebt nach den amerikanischen Angriffen auf Atomanlagen im Iran eine neue Verhandlungsrunde über dessen Nuklearprogramm an. Während Trump auf dem NATO-Gipfel am Donnerstag erste Gespräche für die kommende Woche ankündigte, sagte seine Sprecherin Karoline Leavitt: "Wir haben im Moment noch nichts geplant."

"Noch nichts geplant": Trumps Sprecherin Karoline LeavittBild: Mark Schiefelbein/AP/picture alliance

Noch zurückhaltender klingen die Reaktionen aus Teheran. Der iranische Außenminister Abbas Araghtschi sagte dem Staatssender IRIB: "Wir prüfen gerade, was mit Blick auf unsere nationalen Interessen das Beste ist."

Bislang gebe es weder Pläne noch Zusagen für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen. Er wolle klarstellen, dass hierzu keinerlei Vereinbarung existiere, betonte Araghtschi.

Vernebelung des Schadensbildes

Der Außenminister bezeichnete die Schäden an den iranischen Atomanlagen als "erheblich". Er sagte, die Atombehörde des Landes nehme derzeit eine detaillierte Bewertung vor.

Der Oberste Führer der Islamischen Republik, Ajatollah Ali Chamenei, hatte dagegen am Donnerstag erklärt, Trump - der von einer Auslöschung des iranischen Nuklearprogramms gesprochen hatte - habe die Ereignisse übertrieben. Die USA hätten mit ihren Angriffen "nichts erreicht".

"Wenig aussagekräftig": US-Verteidigungsminister Pete Hegseth am DonnerstagBild: Kevin Wolf/AP/picture alliance

Auch innerhalb der Vereinigten Staaten gibt es widersprüchliche Darstellungen zum Ausmaß der Zerstörung. Verteidigungsminister Pete Hegseth sagte, eine vor wenigen Tagen bekanntgewordene Ersteinschätzung des Militärgeheimdienstes DIA sei wenig aussagekräftig. Das als "streng geheim" klassifizierte Gutachten, aus dem mehrere US-Medien zitierten, sah das iranische Atomprogramm durch die schweren Luftangriffe lediglich um einige Monate zurückgeworfen.

30 Milliarden Dollar als Lockspeise?

Inzwischen berichtet der US-Fernsehsender CNN, innerhalb der US-Regierung werde über ein Investitionspaket mit einem Volumen von bis zu 30 Milliarden Dollar (26 Milliarden Euro) diskutiert, um der Regierung in Teheran eine Rückkehr an den Verhandlungstisch schmackhaft zu machen. Die Summe könnte demnach in das zivile Atomenergieprogramm des Irans fließen.

Auch die Freigabe gesperrter iranischer Konten bei ausländischen Banken sei im Gespräch. An den Überlegungen seien zudem mehrere arabische Länder beteiligt, die nach der Vorstellung der US-Regierung die Investitionen stemmen sollten. Eine offizielle Bestätigung hierfür gibt es bisher nicht.

Unklares Schadensbild: Israelischer Angriff im Iran vor knapp zwei WochenBild: Stringer/Getty Images

Deutschland sieht die Europäer - im Gegensatz zu abwertenden Äußerungen Trumps - bei etwaigen Verhandlungen in einer guten Position. Bundesaußenminister Johann Wadephul sagte dem Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF): "Wir haben einen echten Trumpf. Das weiß man in Washington, und das werden wir gemeinsam abgestimmt nutzen." Die Europäer könnten erneut Sanktionen gegen Teheran auslösen.

Europäer weisen auf eigenen Hebel

Hintergrund ist das Internationale Atomabkommen von 2015, aus dem Trump während seiner ersten Amtszeit einseitig ausgestiegen war. Auch wenn der Vertrag faktisch nicht mehr beachtet wird, endet er formal erst im Oktober. Bis dahin bleibt den Europäern als Mitunterzeichner die Möglichkeit, über den sogenannten Snapback-Mechanismus frühere Sanktionen der Vereinten Nationen gegen die Islamische Republik ohne große Hürden wieder in Kraft zu setzen.

"Wir haben einen Trumpf": Bundesaußenminister Johann Wadephul (2. v. r.) - hier mit seinen Amtskollegen aus Frankreich, Jean-Noël Barrot, und Großbritannien, David Lammy, und der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas (v. l. n. r., Archivbild)Bild: Fabrice Coffrini/REUTERS

Wadephul betonte, er stehe in Kontakt mit den USA, aber auch mit seinem iranischen Kollegen. Die aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien bestehenden E3 - abgeleitet von "Europa" und der Zahl der beteiligten Länder - seien "diejenigen, die mit den Iranern sprechen" und zu ihnen Kontakte herstellten.

Sein iranischer Kollege Araghtschi verlangte indes von den E3-Staaten eine Erklärung, welchen Stellenwert das Völkerrecht bei ihrer Politik habe. Er spielte damit auf die Einschätzung mehrerer Juristen an, welche die Angriffe der USA und Israels als rechtswidrig eingestuft hatten.

Zwölf Tage Krieg

Israel hatte vor knapp zwei Wochen einen "präventiven" Großangriff auf den Iran begonnen und dies mit dem fortgeschrittenen iranischen Nuklear- und Raketenprogramm begründet. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte, man werde nicht zulassen, dass die Islamische Republik in den Besitz von Atomwaffen gelange. Der Iran, der solche Bestrebungen leugnet, attackierte seinerseits Israel mit Raketen und Drohnen.

Kriegsschäden in der Islamischen Republik: Nobonjad-Platz in Teheran am vorvergangenen FreitagBild: Majid Saeedi/Getty Images

Schließlich warfen die USA bunkerbrechende Bomben auf die iranische Atomanlage Fordo ab und griffen weitere Ziele des Nuklearprogramms an. Insgesamt wurden in dem Konflikt aufseiten des Irans nach dessen Angaben mehr als 600 Zivilisten getötet. Israel hatte laut eigenen Behörden 28 Tote zu beklagen. Die Zahlen der Kriegsparteien lassen sich nicht unabhängig prüfen.

Am Dienstag verkündete US-Präsident Trump nach zwölftägigen Kriegshandlungen überraschend eine Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran. Diese wird inzwischen weitgehend eingehalten.

jj/se/AR (dpa, afp, rtr)

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