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Iran: Umweltschäden durch den Krieg noch unklar

26. Juni 2025

Angriffe auf Irans Atom- und Militäreinrichtungen könnten langfristige ökologische Schäden verursachen. Die Spätfolgen des letzten Krieges zwangen bereits Millionen Menschen zur Umsiedlung.

Iran Isfahan 2025 | Israelischer Angriff auf Nuklearanlage und Zentrifugen-Produktionsstätten
Nuklearanlage und Zentrifugen-Produktionsstätten in Isfahan nach dem israelischen Angriff am 21. Juni Bild: IDF/GPO/SIPA/picture alliance

Wie viele Raketen und Bomben innerhalb von zwölf Tagen auf iranische Atom- und Militäreinrichtungen abgefeuert wurden, ist bislang unbekannt. Allein am Sonntag, dem 22. Juni, schlugen laut Berichten 14 bunkerbrechende Bomben mit einem Gewicht von je 13.600 Kilogramm sowie 30 Tomahawk-Marschflugkörper in den Atomanlagen Fordo, Isfahan und Natans ein.

Das tatsächliche Ausmaß der Schäden ist laut Gaukhar Mukhatzhanova vom Wiener Zentrum für Abrüstung und Nichtverbreitung weiterhin unklar.

Im Gespräch mit der DW erklärte sie am 23. Juni, die Internationale Atomenergie-Behörde (IAEA) habe die Auswirkungen der Angriffe, insbesondere auf die unterirdische Anreicherungsanlage in Fordo, bislang nicht vollständig verifizieren können. "Wir erkennen auf Satellitenbildern einige Schäden, aber das tatsächliche Ausmaß und die Kosten sind uns nicht bekannt."

Tausende von Zentrifugen könnten durch den plötzlichen Stromausfall beschädigt worden sein (Archivfoto)Bild: SalamPix/abaca/picture alliance

Die IAEA geht davon aus, dass es  an mehreren Standorten radioaktive und chemische Kontaminationen gibt. In der unterirdischen Anlage könnten Tausende von Zentrifugen durch den plötzlichen Stromausfall beschädigt worden sein. Die Zentrifugen arbeiten mit dem hochreaktiven Uranhexafluorid (UF6).

Zwar wurden außerhalb der Anlagen noch keine erhöhten Strahlungswerte gemessen, doch ein mögliches Austreten dieser Stoffe birgt erhebliche gesundheitliche und ökologische Risiken. Inspektoren der IAEA haben derzeit keinen Zugang zu den betroffenen Atomanlagen.

Chemische Belastung und langfristige Umweltrisiken

"Wir wissen vieles nicht, und genau das ist das größte Problem", räumt der Umweltexperte Rozbeh Eskandari im Gespräch mit der DW ein. Eskandari, der in Kanada lebt, gehört zu den unabhängigen Experten, die seit Jahren zu Umweltverschmutzungen im Iran recherchieren. "Die Verantwortlichen im Iran behaupten immer, alles sei unter Kontrolle. Doch es gibt jetzt auch wieder kaum Aufklärung über mögliche Umweltgefahren, nicht einmal für die Menschen, die in unmittelbarer Nähe der Angriffsziele wohnen."

Eine Ölraffinerie am Rande der Hauptstadt Teheran nach israelischem Angriff am 15. Juni Bild: Ahmad Hatefi/newscom/picture alliance

Eskandari verweist zudem auf eine schwere Explosion, die sich Ende April im Hafen von Bandar Abbas im Süden Irans ereignete. Der Rauch, der durch die Verbrennung chemischer Stoffe entstand, setzte große Mengen Ruß, Stickoxide (NOx), Schwefeldioxid (SO₂) und andere Schadstoffe frei, was die Luftqualität in den umliegenden Gebieten über mehrere Tage hinweg massiv verschlechterte. Ähnliche Rauchwolken waren auch nach Angriffen der israelischen Armee auf einige Raketenanlagen im Iran in Videos zu sehen, die in sozialen Netzwerken kursierten.

"Diese Schadstoffe kontaminieren den Boden. Bodenverseuchung in militärischen Konflikten zählt zu den schlimmsten, aber am häufigsten übersehenen Umwelt-Folgen des Krieges", erklärt Eskandari weiter. Schadstoffe verbleiben oft über Jahrzehnte in der oberen Bodenschicht und beeinträchtigen die Bodenqualität - was sich insbesondere durch den Verlust an Fruchtbarkeit und der Fähigkeit zur natürlichen Regeneration zeigt.

Erinnerung an den Iran-Irak-Krieg 

Im Iran sind solche Langzeitfolgen bereits aus dem achtjährigen Krieg mit dem Irak (1980-1988) bekannt. Die Provinzen Chuzestan, Ilam und Kermanschah im Westen und Südwesten des Landes, an der Grenze zum Irak gelegen, waren damals am stärksten betroffen.

Bedrohung für weltweite Wirtschaft

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Chuzestan mit seinen wichtigen Ölraffinerien und Industrieanlagen wurde massiv bombardiert. Der Einsatz schwerer Militärfahrzeuge führte zur Freisetzung von Schwermetallen und giftigen Rückständen. Viele einst fruchtbare Felder wurden für die Landwirtschaft unbrauchbar. Studien lokaler Universitäten zeigen zudem eine erhöhte Rate an Krebserkrankungen, Atemwegserkrankungen und Hautproblemen.

Die ökologische Zerstörung, gepaart mit dem chronischen Missmanagement des politischen Systems und zunehmender Klimaveränderung - wie etwa immer häufigeren Hitzewellen - hatte direkte soziale Folgen, die bis heute nachwirken.

Laut den letzten verfügbaren staatlichen Statistiken weist beispielsweise die Provinz Chuzestan die höchste Abwanderungsrate aller iranischen Provinzen der vergangenen 20 Jahre auf. In dieser Region, in der Städte wie Shush, eine der ältesten kontinuierlich bewohnten Städte der Welt und einst Hauptstadt des antiken Elam-Reiches (vom 4. bis zum 1. Jahrtausend v. Chr.) oder Shushtar mit ihrem ausgeklügelten antiken Bewässerungssystem liegen, das seit 2009 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, geht die Einwohnerzahl seit Jahren zurück.

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