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Politik

Iran und Südkorea: Streit um Tanker und Geld

5. Januar 2021

Iran hat einen südkoreanischen Tanker festgesetzt. Vordergründig geht es um Vorwürfe der Umweltverschmutzung - doch im Hintergrund schwelt der Streit um eingefrorene Konten. Iran benötigt Devisen für die Corona-Impfung.

Iran setzt Öltanker unter südkoreanischer Flagge fest
Bild: ASSOCIATED PRESS/picture alliance

Der iranische Botschafter in Seoul, Saeed Badamchi Shabestari, muss sich für ein umstrittenes Manöver der Revolutionsgarden in der Straße von Hormus erklären: Sie hatten den unter südkoreanischer Flagge fahrenden Tanker "Hankuk Chemi" festgesetzt - offiziell unter dem Vorwurf, austretendes Ethanol würde das Meer verpesten. Das Schiff wurde nach Angaben der iranischen Revolutionsgarden in die Hafenstadt Bandar Abbas geleitet. Der ursprüngliche Zielhafen des Tankers liegt in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Der Leiter des südkoreanischen Büros für Afrika und den Nahen Osten, Koh Kyung Sok, hat Botschafter Shabestari laut südkoreanischen Medienberichten dazu aufgefordert, das Schiff und die 20 Besatzungsmitglieder schnellstmöglich freizugeben. Der iranische Botschafter sagte vor dem Treffen, die Crew sei sicher und gesund. Südkorea will nun eine diplomatische Delegation und ein Kriegsschiff in die Gegend entsenden. Die Reederei im südkoreanischen Busan wies laut der Agentur Yonhap die iranischen Vorwürfe der Umweltverschmutzung zurück.

Iran braucht Geld für Impfungen

Worum es eigentlich geht, scheint bei einer Äußerung des iranischen Regierungssprechers Ali Rabiei durch: "Wenn irgendjemand Geiselnehmer genannt werden sollte, dann die südkoreanische Regierung, die unsere Reserven in Höhe von mehr als sieben Milliarden Dollar unter feindlichen Absichten gekidnappt hat." Die umgerechnet 5,3 Milliarden Euro liegen auf Konten in Südkorea, die die dortige Regierung offenbar eingefroren hat, um gegen Teheran gerichteten Sanktionen der USA genüge zu tun.

Die iranischen Revolutionsgarden (Boot im roten Kreis) blockieren den Tanker "Hankuk Chemi"Bild: CCTV/YONHAPNEWS AGENCY/dpa/picture alliance

Irans Zentralbank erklärte kürzlich, das Land versuche, das in Südkorea angelegte Geld loszueisen, um damit Zahlungen an das Impfprogramm COVAX (Covid-19 Vaccines Global Access) zu begleichen. Weil die US-Sanktionen die meisten Zahlungswege ausgetrocknet haben, hat Iran Mühe, Corona-Impfungen für die eigene Bevölkerung zu beschaffen. Die COVAX-Initiative, an der unter Anderem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beteiligt ist, soll globalen Zugang zum Impfstoff abseits politischer oder wirtschaftlicher Einschränkungen sicherstellen. Wie Irans Gesundheitsminister am Dienstag im Staatsfernsehen bekanntgab, ist die hochansteckende Corona-Variante aus Großbritannien inzwischen im Land angekommen. Der Patient sei in einer Privatklinik isoliert, weitere Fälle seien bislang nicht bekannt.

Streit um Tanker und Uran

Der Zwischenfall mit dem Tanker erinnert an jenen der britischen "Stena Imprero" im Sommer 2019: Iranische Revolutionsgarden hatten ihn festgesetzt. Zuvor hatte die britische Marine ein iranisches Schiff aufgebracht, das mutmaßlich Öl trotz Embargos ins Bürgerkriegsland Syrien transportieren sollte. Zudem war es in der Straße von Hormus, der Meerenge zwischen Iran und der arabischen Halbinsel, durch die 20 Prozent der weltweiten Ölfördermenge hindurchgeschleust wird, immer wieder kommt es dort zu Zwischenfällen.

Im Iran wollen Fanatiker auf WHO-Hilfe verzichten: Sie fordern einen Austritt und verweisen auf "heilige Impfstoffe"Bild: asreiran

Das große geopolitische Thema im Hintergrund ist jedoch der Atomstreit, den der abgewählte US-Präsident Donald Trump 2018 wieder angefacht hatte: Er betrachtete das 2015 unter seinem Amtsvorgänger Barack Obama geschlossene Atomabkommen mit dem Iran als zu lasch und verkündete den einseitigen Ausstieg der USA. Im Abkommen hatte Iran den zeitweisen Verzicht auf ein eigenes Atomprogramm im Gegenzug zur Lockerung westlicher Sanktionen zugesagt. Trump setzte harte Sanktionen wieder ein und stürzte den Iran so in eine schwere Wirtschaftskrise; gleichzeitig rückte die Führung in Teheran schrittweise von den Verpflichtungen des Abkommens ab. Trumps designierter Nachfolger Joe Biden hat sich für eine Rückkehr zum Vertrag ausgesprochen, doch ob der noch gerettet werden kann, ist fraglich. Auf Druck der Hardliner im Parlament hat Iran in dieser Woche damit begonnen, Uran auf 20 Prozent anzureichern.

ehl/qu (dpa, ap, afp, rtr)

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