Überraschender Besuch
4. März 2007Das sunnitisch geprägte Saudi-Arabien ist ein enger Verbündeter der USA, der von Schiiten dominierte Iran ein erklärter Gegner Washingtons.
Dennoch scheinen sich Iran und Saudi-Arabien in den zentralen Fragen der Region einig zu sein. Dies zumindest war die Botschaft, die der iranische Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad am Samstagabend (2.3.) nach Teheran zurück brachte. Acht Stunden lang hatte er während seines ersten Staatsbesuches in Saudi-Arabien mit König Abdullah über die Situation in Irak, in Palästina und offenbar auch die Lage im Libanon gesprochen.
Diskussionsstoff: Irak, Palästina, Libanon
Man einigte sich auf die unverfängliche Formulierung, dass man gemeinsam gegen "Versuche des Feindes" antreten wolle, "die muslimische Welt zu spalten". So zumindest die Erklärung Ahmadinedschads.
Bisher hatte es eher so ausgesehen, als werfe Saudi-Arabien dem Iran vor, selbst hinter den "sektiererischen Spaltungsversuchen" zu stecken: Im Libanon unterstütze Teheran die schiitisch-islamistische "Hisbollah", in Palästina "Hamas", und im Irak helfe der Iran den Schiiten, die seit dem Sturz Saddam Husseins die führende Kraft im Lande sind. Und in allen drei Fällen sahen die Saudis sich in die Enge gedrängt.
Konträre Vorstellungen
Im Libanon unterstützen die Saudis die Regierung von Fuad Siniora und eine Regelung, die ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Volks- und Religionsgruppen im Libanon ermöglicht. So wie es einst im saudischen Taif vereinbart worden war, als dort 1989 mit saudischer Vermittlung dem libanesischen Bürgerkrieg ein Ende gesetzt wurde.
In Palästina haben die Saudis sich in letzter Zeit verstärkt dafür eingesetzt, den Bruderzwist zwischen der islamistischen "Hamas" und der "Fatah" von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu beenden: Seit der Vereinbarung von Mekka vor einigen Wochen sind beide dabei, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden und als nächster Schritt muss die Möglichkeit der Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen mit Israel erörtert werden.
Im Irak schließlich versucht Riad, den zunehmend in Bedrängnis geratenen Sunniten beiseite zu stehen: Bereits vor Monaten warnten die Saudis, dass eine Fortsetzung der Angriffe auf Sunniten sie zwingen könnte, diesen zu Hilfe zu kommen.
Versuch, das Klima zu verbessern
In allen drei Fällen sahen die Saudis ein Haupt-Hindernis bei ihren Bemühungen: den Iran. Teheran ist der wichtigste Helfer der libanesischen "Hisbollah", es unterstützt "Hamas" - obwohl diese nicht schiitisch ist - und es sieht in den irakischen Schiiten seine natürlichen Verbündeten: Viele ihrer Führer haben bis zum Sturz Saddams im iranischen Exil gelebt, und ein schiitisch geführter Irak ist die beste Garantie für den Iran, dass ihm von diesem Nachbarn künftig keine Gefahren mehr drohen.
Umgekehrt macht genau das den Saudis Sorge: Bisher war der Irak ein zwar wenig geliebter, dafür aber sunnitisch beherrschter Nachbar. Verändern sich dort die Machtverhältnisse, dann verstärkt das in Riad ein Gefühl der Bedrohung, weil es auch Auswirkung haben könnte auf die Schiiten am Westufer des Persischen Golfes - in den Öl-Scheichtümern ebenso wie im saudischen Küstengebiet.
Solche Sorgen dürften nach dem achtstündigen Besuch des iranischen Präsidenten nicht ausgeräumt sein. Aber immerhin hat man den Versuch unternommen, das gegenseitige Klima zu verbessern, bevor in Bagdad ein erstes Treffen des Irak mit seinen Anrainer-Staaten und den USA geplant ist.