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PolitikAsien

Iran unter diplomatischem Druck im Atomstreit

3. Juni 2022

IAEA, Israel und EU erhöhen den Druck auf Iran: Teheran soll endlich Auskunft über verdächtige Atomaktivitäten der Vergangenheit geben.

Österreich | Internationale Atomenergie-Organisation | Iran Atomstreit
Iranische Flagge und andere am IAEA-Hauptquartier in Wien Bild: Thomas Kronsteiner/Getty Images

Kurz bevor sich der Gouverneursrat der internationalen Atombehörde IAEA am kommenden Montag mit dem Iran befasst, kommen von letzterem drohende Töne: "Jeglicher politische Vorstoß durch die USA und (Großbritannien, Frankreich und Deutschland) innerhalb der IAEA wird unweigerlich eine entsprechende effektive und sofortige Reaktion Irans zur Folge haben", stellte Irans Außenminister Hossein Amirabdollahian am Freitag klar.

Die USA und die drei genannten Länder planen eine Resolution im Gouverneursrat einzubringen, mit der Aufforderung an den Iran, mit der IAEA zusammenzuarbeiten. Dies wird von Teheran als diplomatischer Affront bewertet und könnte, so die implizierte Drohung, die laufenden Gespräche zur Rettung des Atomabkommens von 2015 (JCPoA) scheitern lassen.

Es geht um die Forderung der IAEA nach Aufklärung iranischer Atomaktivitäten der Vergangenheit. Das Thema hatte bei dem Besuch des Chefs der IAEA, Rafael Grossi, am Donnerstag in Israel neue Brisanz erhalten. Die Welt dürfe nicht zulassen, dass der Iran die wichtige Aufgabe der IAEA gefährdet, sagte Ministerpräsident Naftali Bennet nach seinem Treffen mit Grossi am Freitag. Israel unterstütze eine diplomatische Lösung, könnte aber auch "unabhängige Maßnahmen" ergreifen: Ein Hinweis, der als Drohung mit einem Präventivschlag gegen Irans Atomanlagen zu verstehen ist.

Atomdokumente als Diebesgut

Konkret wirft Israel dem Iran vor, vor zwei Jahrzehnten Unterlagen der IAEA entwendet zu haben, um seine vermuteten geheimen nuklearen Aktivitäten weiterhin vor der Atombehörde verstecken zu können. Westliche Regierungen und Experten gehen davon aus, dass der Iran bis etwa 2003 ein geheimes militärisches Atomprogramm verfolgt hat.

Bennett hatte am Dienstag Dokumente veröffentlicht, die den Vorwurf des Diebstahls von IAEA-Unterlagen durch den Iran beweisen sollen. Sie stammen aus dem geheimen Atomarchiv des Iran, das Israel seinerseits im Jahr 2018 durch eine Operation des Auslandsgeheimdienstes Mossad sichergestellt und außer Landes gebracht hatte. Bennett erklärte, anhand der vorgestellten Schriftstücke könne man erkennen, wie die IAEA bei der Untersuchung des iranischen Atomprogramms vorging und worauf sie besonders achtete. Auf Basis dieser Erkenntnisse habe Teheran Berichte gefälscht und Beweise versteckt, um die Untersuchungen der IAEA ins Leere laufen zu lassen.

Diese Darstellung sei vereinfachend, sagt allerdings Behrooz Bayat, ehemaliger Berater der IAEA im Gespräch mit der DW. "So leicht kann auch der Iran die Inspekteure der Atomenergiebehörde nicht täuschen. Wir reden von Experten einer UN-Behörde, die kein Vertrauen in den Iran hat. Deswegen werden Inspektionen durchgeführt. Selbst wenn der Iran gewusst hätte, wonach die Inspekteure suchen, könnte er nicht so leicht einfach Spuren verschwinden lassen."

"Einfluss Israels"

Tatsächlich wurden in den vergangenen Jahren nukleare Spuren gefunden, so im Bezirk Turkusabad nahe der Hauptstadt Teheran. Der damalige israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte 2018 vor der UN-Generalversammlung die internationale Aufmerksamkeit auf jenen Ort gelenkt: Es gebe dort ein "geheimes Atomlager zur Lagerung riesiger Mengen an Ausrüstung und Material aus dem geheimen iranischen Atomwaffenprogramm".

Seither will die IAEA wissen, woher diese Spuren stammen und welchem Zweck sie dienten. IAEA-Chef Rossi zufolge kooperiert Teheran bislang in dieser Frage nicht. Der Iran hatte stets behauptet, alle seine Nuklearaktivitäten hätten ausschließlich zivilen Zwecken gedient. Im jüngsten Bericht der IAEA für ihren Gouverneursrat, veröffentlicht am Mittwoch, wird festgestellt: "Es gibt ungeklärte Fragen in Bezug auf Nuklearmaterial, das zuvor an drei Standorten im Iran -neben Turkusabad in den Städten Marivan und Varamin - gefunden worden ist, die vom Iran nicht als Standort nuklearer Aktivitäten deklariert wurden.

Der Bericht sei "nicht fair" und spiegele nicht die "Realität der Verhandlungen zwischen dem Iran und der IAEA" wider, erklärte Saeed Chatibsadeh, Sprecher des iranischen Außenministeriums. Der von Israel ausgeübte politische Druck habe die IAEA möglicherweise dazu veranlasst, sich in ihrem Bericht von "technischen Fragen" entfernt zu haben und sich statt dessen mit "politischen Themen" zu befassen, argwöhnte Chatibsadeh.

"Irans Umgang mit der Wahrheit ist bekannt"

Im Bericht der IAEA wird festgestellt, der Iran habe für die Funde der radioaktiven Spuren "keine technisch glaubhaften" Erklärungen geliefert. "Wir wissen, dass der Iran nicht die ganze Wahrheit über sein Atomprogramm sagt", gibt der Atom-Experte Behrooz Bayat im Gespräch mit der DW zu bedenken. "Genau deswegen wurde eine internationale Vereinbarung mit dem Iran getroffen, um im Gegenzug zur Aufhebung der Sanktionen dieses Programm unter strenge Aufsicht zu stellen."

Iran verfügt jetzt über 18 Mal mehr angereichertes Uran als im internationalen Atomabkommen von 2015 vereinbartBild: SalamPix/abaca/picture alliance

Trotz mutmaßlich israelischer Sabotageaktionen verfügt der Iran nach Angaben der IAEA nun über 18 Mal mehr angereichertes Uran als im internationalen Atomabkommen von 2015 vereinbart. Nach dem einseitigen Ausstieg der USA aus dem Atomdeal 2018 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump hatte Washington harte Wirtschaftssanktionen verhängt. Der Iran wartete ein Jahr ab und begann dann schrittweise seine Uran-Anreicherung wieder hochzufahren und damit gegen die Auflagen zu verstoßen.

Nach dem Amtsantritt von Joe Biden war der Weg für eine Rückkehr zum JCPoA im Prinzip geöffnet. Seit April finden zu diesem Zweck in Wien Gespräche zwischen dem Iran sowie Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland statt; die USA nehmen indirekt teil, moderiert wird das Format von der EU. Nun könnte die Konfrontation über die Aufklärung zurückliegender iranischer Atomaktivitäten die bisherigen diplomatischen Bemühungen zurückwerfen.

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