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Politik

Iran: Wahlkampf in sozialen Netzwerken

12. April 2017

Am 19. Mai wählen die Iraner einen neuen Präsidenten. Die Kandidaten stehen noch nicht fest. Der Wahlkampf läuft jedoch schon seit Wochen: in sozialen Netzwerken, obwohl die oft nur schwer zu erreichen sind.

Screenshot Instagram Iran Rouhani
Instagram-Nutzer Rohani mit Frauen, die sich nicht an die strengen Kleidervorschriften halten Bild: Instagram/hrouhani‌

"Ohne meine Regierung gäbe es im Iran gar keine sozialen Netzwerke", rühmt sich Irans Präsident Hasan Rohani am 10. April selbst. Es ist seine letzte Pressekonferenz vor dem Beginn des offiziellen Wahlkampfs für die Präsidentschaftswahlen im Iran.  Am 19. Mai wählen die Iraner den nächsten Präsidenten. Noch aber steht nicht fest, wer überhaupt zur Wahl steht. Erst am Dienstag, 11. April, hat die amtliche Registrierungsfrist für die Präsidentschaftskandidaten begonnen. Die Kandidaten haben fünf Tage Zeit, um sich anzumelden. Danach kommt die erste Hürde auf dem Weg ins Präsidentenamt: Der sogenannte Wächterrat muss die Kandidatur zulassen. 

Der Wächterrat ist ein Teil des politischen Systems im Iran und bestätigt vor Wahlen die "ideologische Qualifikation" der Kandidaten. Auch der amtierende Präsidenten Rohani muss sich dieser Prüfung noch einmal unterziehen. Dabei hat der als Reformer geltende Amtsinhaber sogar innerhalb der Administration beträchtlichen Gegenwind: Am 10. April weigerte sich das staatliche Fernsehen, Rohanis Pressekonferenz live zu übertragen. Der Intendant des iranischen Radio- und Staatsfernsehens IRIB wird direkt vom Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Chamenei ernannt. Er gehört zu den konservativen Kreisen.

Dafür aber war Rohanis Pressekonferenz live auf Instagram zu sehen, einem der wenigen im Iran zugelassenen sozialen Netzwerke. Auf Instagram hat Rohani über eine Million Anhänger - mehr noch als der hoch populäre Trainer der iranischen Fußball-Nationalmannschaft. "Das  reformorientierte Lager hat seine Basis in den jungen, gut ausgebildeten Schichten der Gesellschaft", sagt  der Politologe Sadegh Zibakalam von der Universität Teheran im Gespräch mit der DW. "Über soziale Medien erreichen sie ihre Anhänger am besten." 

Rohani hatte seinen Anhängern im letzten Wahlkampf einiges versprochen. Vor vier Jahren hatte er angekündigt, sich für ein Ende der Internet-Blockade einzusetzen. Alle Iraner sollten das Recht auf einen bequemen Zugang zu allen Informationen weltweit bekommen.

Facebook und Twitter immer noch gesperrt

"Das konnte und kann Präsident Rohani alleine nicht erreichen", urteilt der Journalist Reza Haghighatnejad im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Seit 2012 werden netzpolitische Entscheidungen von Irans Oberstem Rat für Cyberspace getroffen. Diese Behörde hat Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Chamenei ins Leben gerufen, ihm ist sie rechenschaftspflichtig. Die Regierung hat nur einen Vertreter in diesem Rat."

Der Iran ist eine junge Nation: Das Durchschnittsalter liegt bei 30 Jahren. Mehr als die Hälfte der 80 Millionen Iraner ist laut offiziellen Angaben online. Und das, obwohl der Zugang zu vielen populären Webseiten wie Facebook und Twitter im Iran gesperrt ist. Viele Iraner umgehen die Zensur jedoch mit VPN-Zugängen. Das gilt auch für Politiker: Fast alle Mitglieder der reformorientierten Regierung besitzen Twitter-Accounts. Das Twitter-Tabu im Iran habe Aussenminister Mohammad Javad Zarif gebrochen, sagt Politologe Zibakalam.

Der Kurznachrichtendienst Twitter ist ein heikles Medium im Iran. Nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen 2009 war Twitter der Kanal zur weltweiten Verbreitung von Nachrichten über die Protestbewegung. Die Demonstranten selbst nutzten Twitter häufig zur Koordination ihrer Aktionen. Twitter wurde das Medium der "Grünen Bewegung". Während der Amtszeit des umstrittenen Präsidenten Mahmoud Ahmadinedschad war Twitter streng kontrolliert. Der Hardliner hat in seinen zwei Amtszeiten zwischen 2005 und 2013 mit Drohungen gegen Israel und dem Ausbau des Atomprogramms kontinuierlich für Spannungen mit dem Westen gesorgt - und damit für die politische und wirtschaftliche Isolierung des Landes.

Twitter: Jetzt auch Wahlkampfinstrument der Hardliner

"Zarif hat während der Atomverhandlungen angefangen, über Twitter das junge Publikum im Iran zu informieren. Die konservativen Kreise waren eigentlich gegen diese Verhandlungen, und dazu kommt, dass sie alle staatlichen Medien im Iran kontrollieren", erinnert sich der Teheraner Zibakalam: "Gegen Zarif konnten sie aber nichts unternehmen. Aber dann haben sie ebenfalls angefangen, soziale Netzwerke zu nutzen." 

Nur wenige Wochen vor der Präsidentenwahl meldete sich Ex-Präsident Ahmadinedschad auf Twitter zurück. "Ich bin es, Frieden, Liebe und beste Grüße", rief der Hardliner Anfang März seinen Anhängern in einer auf Twitter verbreiteten Videobotschaft auf Englisch zu und warb um Follower. Seine Initiative wurde bereits damals als neue Wahlkampfstrategie der Hardliner gewertet.

Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei, dessen Wort in der Islamischen Republik praktisch Gesetz ist, hatte dem radikalen Fundamentalisten schon 2016 von einer Kandidatur abgeraten, und der 60-Jährige verzichtete. 

Nach mehreren Dementis kandidiert der ehemalige iranische Präsident  Ahmadinedschad nun aber doch für die Präsidentenwahl am 19. Mai. Zusammen mit seinem langjährigen Stellvertreter Hamid Baghaei ließ er sich an diesem Mittwoch im Innenministerium registrieren. Dabei hatte Ahmadinedschad zuvor immer wieder betont, dass er seinen langjährigen Stellvertreter Hamid Baghaei, der als Unabhängiger antreten wird, im Kampf gegen Amtsinhaber Hassan Rohani unterstützen werde.

 

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