1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Iranische Fußballerinnen in Berlin

Shora Azarnoush2. September 2016

Ein sogenanntes Fußball-Rückspiel nach zehn Jahren: Klar, dass es dabei nicht nur um den normalen sportlichen Wettkampf geht. Es handelt sich um Sport, aber auch um zivilgesellschaftliches Engagement.

Iranisches Frauenfußballteam in Zweierreihe im Trikot (Foto: DW) und
Bild: DW/E. Norouzi

In der globalisierten Fußballwelt machen exorbitante Transfersummen für die Stars Schlagzeilen, Trainerwechsel und Korruptionsaffären. Eine Männerdomäne, ob auf dem Rasen, am Spielfeldrand oder in den Suiten der Luxushotels, wo die Deals eingefädelt werden.

Von all dem sind die Aktivitäten des gemeinnützigen Vereins Discover Football weit entfernt, der im Jahr 2009 gegründet wurde und von 20 Frauen aus Berlin getragen wird. Auch sie engagieren sich auf globaler Ebene im Fußball, aber eben anders. Sie engagieren sich für Gleichberechtigung, Emanzipation und Frauenrechte weltweit. Sie setzen Fußball gezielt als Empowerment-Strategie ein.

Den Anstoß für die Initiative gab vor zehn Jahren das Spiel des Kreuzberger Frauenfußballvereins Al-Dersimspor gegen die iranische Frauenfußball-Nationalmannschaft in Teheran. Das Spiel endete 2:2. Immer wieder wurden Anläufe für ein Rückspiel unternommen, doch stets wurde die Ausreise der iranischen Mannschaft verzögert oder verhindert.

Begeisterung auf den Zuschauerrängen im Willy-Kressmann-Stadion in KreuzbergBild: DW/E. Norouzi

Festival als Signal

Am vergangenen Mittwoch nun fand im Rahmen des Discover Football-Festivals in Berlin eine Art Rückspiel zwischen dem Kreuzberger Club Discover Football (dem damaligen Verein Al-Dersimspor) und dem Teheraner Verein Yaran Hejazi statt. Diesmal gewannen die Berlinerinnen 4:2.

Während im Team der Berlinerinnen fast alle Spielerinnen vom Hinspiel teilnahmen, war von iranischer Seite nur noch eine von 2006 dabei. Doch auch diese Mannschaft war mit vielen ehemaligen Nationalspielerinnen hochkarätig besetzt. Etwas wehmütig stellt die Spielerin Peyvand Darwisch im Interview mit der Deutschen Welle fest: „"Für mich ist es zu spät, um Medaillen zu gewinnen. Für mich ist Fußball jetzt eher eine Art Aktivismus."

Die Berliner Organisatoren von Discovery Football brachten für das Festival Frauenmannschaften aus vielen Ländern für ein großes Turnier zusammen. Darunter bewusst solche aus Ländern, wo es um Frauenrechte schlecht steht, etwa Saudi-Arabien oder Afghanistan.

"Das Runde muss ins Eckige" gilt auch bei Fußball für Frauen-PowerBild: DW/E. Norouzi

Selbstbewusste Iranerinnen

Den iranischen Teilnehmerinnen ging es auch darum, das Bild der iranischen Frauen in den westlichen Medien zu korrigieren. „Ich spiele nicht Fußball, um eine starke Frau zu werden. Ich bin eine starke Frau, die Fußball spielt!“ betont etwa Tanin Naraghi.

"Es gibt Einschränkungen und Ungleichheiten", räumt sie ein. Doch auch im Iran studieren und arbeiten Frauen. Und in ihrer Freizeit trieben sie Sport, erklärt Naraghi. "Mir ist wichtig, was wir als Frauen und Bürgerinnen unter den herrschenden Verhältnissen erreichen konnten."

An den Universitäten des Iran stellen Frauen die Mehrheit der Studenten. Das beunruhigte konservative Kräfte so sehr, dass sie sich vor vier Jahren dazu entschlossen, Frauen von vielen Studiengängen an staatlichen Hochschulen auszuschließen. Auch in der Wirtschaft sind Frauen noch stark unterrepräsentiert.

Entspannte Atmosphäre am SpielfeldrandBild: DW/E. Norouzi

Unterstützung von Rohani

Auch die iranischen Fußballfrauen sind sehr aktiv. Als Zuschauer sind allerdings, wie auch beim Spiel vor zehn Jahren, nur Frauen zugelassen. Zudem gibt es immer wieder Schwierigkeiten, wenn Mannschaften an internationalen Turnieren teilnehmen wollen. So stand etwa letztes Jahr die Teilnahme der Kapitänin der Footsal-Nationalmannschaft, Niloufar Ardalan, bei der Weltmeisterschaft in Guatemala in Frage, weil ihr Ehemann ihr die Ausreise nicht genehmigen wollte. Zudem zeigten die Behörden wenig Interesse daran, der Mannschaft dabei zu helfen, rechtzeitig Visa für die Teilnahme zu bekommen.

Doch der gemäßigte iranische Präsident Hassan Rohani setzte sich persönlich für die Mannschaft ein und am Ende konnte Niloufar Ardalan mit einer Sondergenehmigung der Staatsanwaltschaft gegen den Willen ihres Mannes an dem Turnier teilnehmen.

"Wir müssen uns engagieren für unseren Sport", sagt die Spielerin Naraghi. Darum sei sie nach Berlin gereist. Und es geht ihr auch nicht nur um Symbolik, wie sie klar macht: "Wir wollen auch potentiellen Sponsoren zeigen, dass es sich lohnt, in den Frauensport zu investieren - auch im Iran!"

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen