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Politik

Iranische Umweltaktivisten im Hungerstreik

Maryam Ansary
9. August 2019

Seit mehr als 560 Tagen sitzen acht iranische Umweltaktivisten in Untersuchungshaft; sie müssen mit schwersten Strafen rechnen. Der Vorwurf: Hochverrat und Spionage. Nun sind sie in den Hungerstreik getreten.

Iran inhaftierte Umweltaktivisten
Bild: iranhumanrights

Sie warten auf ihren Prozess - seit mehr als 560 Tagen. Acht iranischen Umweltaktivisten werden von der Anklage Spionage und Hochverrat vorgeworfen. Zwei von ihnen, Nilufar Bayani und Sepideh Kashani, sind schon seit Anfang August im Hungerstreik, berichtet die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Die Mitglieder der Gruppe waren vom Geheimdienst der iranischen Revolutionsgarden im Januar 2018 festgenommen worden. Seitdem sitzen sie im berüchtigten Hochsicherheitsgefängnis Evin im Norden der Hauptstadt Teheran.

Nach Informationen von Human Rights Watch sind jetzt drei weitere Mitglieder der Gruppe, Human Jokar, Amir Hossein Khaleghi und Taher Ghadiri, in den Hungerstreik getreten. Die Inhaftierten verlangen einen fairen Prozess und vor allem ihre Freilassung gegen Kaution.

Sam Rajabi: seit 560 Tagen in U-HaftBild: HRI

Ein hochpolitisches Thema

Mysteriöse Verhaftungen und Prozesse mit schweren Folgen für die Betroffenen sind keine Seltenheit im Iran. Doch der Fall der Umweltaktivisten ist besonders undurchsichtig. Der Kampf gegen die Umweltverschmutzung im Iran ist ein hochpolitisches und gleichzeitig sensibles Thema. Der Iran leidet unter enormer Wasserknappheit. Die Zerstörung der Natur und Wälder und vor allem der Wasserreservoire aus Wirtschaftsinteressen haben Spuren hinterlassen. An vielen Wirtschaftsunternehmen, die sich um Nachhaltigkeit nicht kümmern, sind die Revolutionsgarden oder andere staatliche Einrichtungen finanziell beteiligt.

"Die größte Sorge für uns ist, dass wir nichts über den Prozess wissen", sagt Katayoun Radjabi, die Schwester des inhaftierten Aktivisten Sam Radjabi, im DW-Interview. "Mein Bruder wurde am 25. Januar 2018 mit acht weiteren Naturschutzaktivisten im Iran verhaftet und wird seitdem rechtswidrig in der Untersuchungshaft festgehalten. Die Anklage lautet auf Spionage und Zusammenarbeit mit den feindlichen Staaten." Mit Ländern wie Israel und den USA zusammenzuarbeiten, ist eines der schwersten Verbrechen im Mullah-Staat.

Ein ungeklärter Todesfall

Tot in der Zelle aufgefunden: Kavous Seyed EmamiBild: Farhangohonar

Unter den im Januar 2018 Festgenommenen war auch der bekannte Umweltschützer Kavous Seyed Emami, Gründer und Chef der Persian Wildlife Heritage Foundation (PWHF). Er wurde einen Monat nach der Festnahme tot in seiner Zelle gefunden. Laut Auskunft der Behörden soll er sich das Leben genommen haben, eine Behauptung, die weder untersucht noch bewiesen wurde - vor allem, weil dieser "Selbstmord" in einem Gefängnis passiert ist, in dem die Gefangenen rund um die Uhr beobachtet werden.

Die Vorgänge hinter den Gefängnismauern sind völlig ungeklärt - ebenso wie die Prozessführung. Bisher waren die Aktivisten einige Male in nicht öffentlichen Sitzungen vor Gericht erschienen. "Im Oktober 2018 bekam unser Anwalt Mohammad Hossein Aghasi die Möglichkeit, meinen Bruder vor dem Untersuchungsrichter zu vertreten", sagt Katayoun Radjabi, die in Deutschland lebt. "Der Anklagepunkt der Spionage, die im Iran mit der Todesstrafe bestraft werden kann, wurde fallen gelassen. Jedoch wurde er wegen der Zusammenarbeit mit der Naturschutzbehörde in den USA vor sieben Jahren und der Gefährdung der inneren Sicherheit angeklagt."

Brisantes Thema: Wasserverschmutzung im IranBild: IRNA/A. Rahmani

Inzwischen darf Anwalt Aghasi den Angeklagten nicht mehr verteidigen. Als die Anklage Ende Januar 2019 offiziell verlesen wurde, teilte der Richter Sam Radjabi mit, dass die Mitwirkung seines Verteidigers unerwünscht sei. Ein Grund wurde nicht genannt.

Kein fairer Prozess

"Im Iran wird einem Kriminellen innerhalb kürzester Zeit der Prozess gemacht. Die Umweltaktivisten sitzen dagegen seit über 18 Monaten in U-Haft - obwohl die Regierung Ruhani und der Leiter der iranischen Umweltschutzbehörde deutlich gemacht haben, dass die Spionagevorwürfe gegen die Umweltschützer falsch sind", sagt Dr. Adolkarim Lahiji, Rechtsanwalt und Präsident der Internationalen Föderation für Menschenrechte, der den Fall verfolgt.

Auch der Nationale Sicherheitsrat des Landes und mehrere Abgeordnete haben festgestellt, dass keine Beweis für die Spionagevorwürfe gegen die Umweltschützer vorlägen. Im DW-Interview sagt Abdolkarim Lahiji, dass dieser Fall "von Anfang an voller Rechtswidrigkeiten" und "weit entfernt" von einem fairen Prozess sei.

In den vergangenen Wochen haben mehr als 100 Akademiker im Iran in einem Offenen Brief an Justizminister Ebrahim Raisi, der als Hardliner bekannt ist, die Freilassung der Umweltaktivisten gefordert. Weitere 90 Umweltinitiativen im Iran fordern einen fairen Prozess und das Recht auf Verteidiger für die inhaftierten Aktivisten. Die Behörden haben bisher nicht reagiert. Nach Auskunft von Human Rights Watch würden die Familien der Inhaftierten unter Druck gesetzt, zu den Vorgängen zu schweigen.

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