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PolitikIran

Irans Angriff auf Israel und die Hilflosigkeit der EU

2. Oktober 2024

Wie die Vereinten Nationen fordert auch die EU sowohl den Iran als auch Israel auf, den Konflikt nicht weiter zu eskalieren. Großen Einfluss werden die Appelle wohl nicht haben.

Nahostkonflikt Israel
Iranische Raketen im Himmel über Israel. Fast alle konnten abgefangen werden, sagt die israelische ArmeeBild: Ammar Awad/REUTERS

"Ich verurteile die Ausweitung des Nahost-Konflikts durch eine Eskalation nach der anderen. Das muss aufhören. Wir brauchen unbedingt einen Waffenstillstand." Mit diesen drei Sätzen reagierte der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, auf die iranischen Raketensalven gegen Israel. Es ist ein Appell an alle Konfliktparteien, die Kämpfe einzustellen: an den Iran, die Terror-Milizen der libanesischen Hisbollah und der palästinensischen Hamas sowie an Israel. Diese dringende Aufforderung hatte der UN-Chefdiplomat in den vergangenen Wochen schon mehrfach an die Akteure gerichtet; bislang ohne erkennbare Folgen.

Menschen in Israel suchen während eines Luftalarms Schutz vor iranischen GeschossenBild: Ronen Zvulun//REUTERS

Die Europäische Union und viele europäische Spitzenpolitiker reagierten in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ähnlich wie der Repräsentant der Weltgemeinschaft. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, er verurteile die iranischen Angriffe mit 181 ballistischen Raketen auf Israel auf das Schärfste. "Der Iran riskiert einen Flächenbrand. Das muss verhindert werden", so der Kanzler. Die Hisbollah und der Iran müssten ihre Angriffe auf Israel sofort einstellen, um die Rückkehr der geflüchteten Menschen im Norden Israels und im Süden des Libanon zu ermöglichen.

"Gefahr einer unkontrollierbaren Situation"

Der Außenbeauftragte der Europäischen Union, Josep Borrell, der sich zurzeit in Mexiko aufhält, erklärte, die Verpflichtung der EU, die Sicherheit Israels zu schützen, bleibe bestehen. Gleichzeitig forderte er alle beteiligten Parteien, also auch Israel, zur Zurückhaltung auf.

Die israelische Regierung hatte angekündigt, dass der weitgehend abgewehrte iranische Angriff vom Dienstagabend Konsequenzen haben werde. Ein Gegenangriff ist nicht ausgeschlossen. Die Spirale der Angriffe und Gegenangriffe im Nahen Osten könne zu einer "unkontrollierbaren Situation" führen, warnte Borrell auf der Internetplattform X.

In der Beurteilung einig: Der EU-Außenbeauftragte Borrell (li.) und UN-Generalsektretär Guterres fordern einen Waffenstillstand (Archivbild)Bild: Craig Ruttle/REUTERS

Die EU hat wie die USA den Iran bereits mit einer Reihe von Sanktionen belegt - wegen Waffenlieferungen an Russland, wegen Menschenrechtsverletzungen und wegen der mutmaßlichen Entwicklung von Atomwaffen. Eine weitere Verschärfung wurde bislang nicht angekündigt. Innerhalb der EU sind die Auffassungen, wie Erklärungen zum Nahen Osten verfasst werden sollen, nicht einheitlich. Einige Staaten - wie Irland, Belgien oder Spanien - neigen eher der palästinensischen Seite zu, andere - wie Ungarn oder Tschechien - stehen ohne Einschränkungen zu Israel.

G7 kommt zusammen

Die Mahnungen und Appelle aus dem Westen machen in der Region wenig Eindruck. Auch nach dem ersten iranischen Raketen-Schlag gegen Israel und einer begrenzten Antwort der israelischen Seite Ende April gab es die gleichen Reaktionen und Warnungen vor einer Eskalation. Damals reagierten die Außenministerinnen und Außenminister der wichtigsten sieben Industrienationen des Westens gemeinsam, als sie sich gerade zufällig auf Capri aufhielten.

Nach dem jüngsten Angriff des Iran hat die Vorsitzende der G7-Gruppe, die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, ihre Kolleginnen und Kollegen zu einer Videokonferenz an diesem Mittwoch eingeladen. Sie wolle darüber beraten, teilte Meloni in Rom mit, wie die G7-Staaten einen Waffenstillstand im Süden des Libanon gemäß des UN-Beschlusses aus dem Jahr 2006 unterstützen könnten.

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron sagte in Paris, er habe die französischen Truppen und Marine-Einheiten im Nahen Osten mobilisiert. Sie sollen helfen, Teheran in die Schranken zu weisen. Einzelheiten nannte der Präsident nicht. US-Präsident Joe Biden hatte amerikanische Einheiten angewiesen, Israel bei der Abwehr der Raketenangriffe zu helfen. Die USA stünden an der Seite Israels, so US-Außenminister Anthony Blinken. Die Angriffe des Iran seien "nicht hinnehmbar."

Demonstranten in Teheran feiern den Schlag gegen Israel. Wann kommt die Vergeltung?Bild: Atta Kenare/AFP

Russland, das als Verbündeter des Iran gilt, rief alle Parteien im Nahen Osten auf, den Konflikt nicht auszuweiten "Wir haben Kontakte mit allen Seiten des Konflikts. Wir halten diese Kontakte aufrecht und fordern von allen Seiten Zurückhaltung", sagte Dmitri Peskow in Moskau. Er ist der Sprecher des russischen Machthabers Wladimir Putin. Russland wird in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine vom Iran mit der Lieferung von Kampfdrohnen unterstützt.

"Iran könnte einen israelischen Schlag nicht abwehren"

In Europa wartet man nun ab, ob und wie Israel auf den massiven iranischen Angriff reagieren wird. Es werde einen Gegenschlag der israelischen Armee auf Einrichtungen im Iran und militärische Infrastruktur geben, prognostizierte Behnam Ben Taleblu. Der Iran-Analyst bei der "Stiftung für Verteidigung und Demokratie" in Washington sagte im Gespräch mit der DW, Israel habe einen militärischen Vorteil. "Die Chancen für ein erfolgreiches Abfangen (israelischer Geschosse) durch die Islamische Republik Iran liegen nahe Null." Die aus Russland gelieferten Luftabwehrsysteme im Iran könne die israelische Luftwaffe umgehen. Schläge gegen verbündete Milizen des Iran in Gaza, im Libanon und im Jemen sowie Geheimdienstoperationen und gezielte Tötungen könnten Teile der Vergeltung sein.

"Wir sind bereits in einer Art Krieg in der Region", so der Iran-Spezialist. "Es kommt nur darauf an, wie man die Intensität, die Grausamkeit und den geografischen Radius definiert."

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02:23

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Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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