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PolitikAsien

Irans COVID-Kampf: Skepsis und Illusionen

16. Februar 2021

Die Corona-Bekämpfung bleibt herausfordernd für den Iran. Das kommende Neujahrsfest wird den Kampf erschweren. Woher die 120 Millionen Dosen der "nationalen Impfstrategie" kommen sollen, steht in den Sternen.

Intensivstation in einem Krankenhaus in Teheran
Intensivstation in einem Krankenhaus in TeheranBild: Fatemeh Bahrami /AA/picture alliance

"Vor uns liegen sehr schwierige Tage." Mit diesen Worten stimmte der iranische Gesundheitsminister Saed Namaki am Samstag im Fernsehen die Bevölkerung auf das, was folgte, ein. Namaki bestätigte, dass die erstmals in Großbritannien aufgetretene Corona-Virusvariante auch im Iran angekommen ist.

In der vergangenen Woche wurden drei Todesfälle nach einer Infektion mit dem mutierten Virus registriert. Darunter eine 71-jährige Frau aus Teheran, die seit Wochen Ihre Wohnung nicht verlassen hatte. "Das Virus wird sich bald in jeder Stadt und jedem Dorf verbreiten", so die pessimistische Vorhersage des Gesundheitsministers.

Infektionsrisiko Neujahrsfest

Was die Lage verschlimmern dürfte: In knapp einem Monat feiern die Iraner ihr traditionelles Neujahrsfest. Das neue Jahr beginnt mit dem Frühlingsanfang am 21. März. Es ist das wichtigste Fest der Nation und traditionell eine Zeit für Einkäufe, Reisen, Verwandtenbesuche. Namaki forderte die Iraner auf, Versammlungen zu vermeiden und zuhause zu bleiben - wohlwissend, dass kaum einer seinen Appell befolgen wird. Viele Iraner sind wütend auf den Gesundheitsminister, sie werfen ihm ein katastrophales Krisenmanagement vor.

Ebenfalls am Samstag hatten die Medien über ein weiteres Corona-Opfer berichtet: Die 33-jährige Krankenschwester Mahshid Godarz, die sich bei der Arbeit in der Intensivstation des Teheraner Loghman-Krankenhauses mit dem Coronavirus infiziert hatte. Sie war im siebten Monat schwanger, ihr Baby konnte gerettet werden.

Warum sich überhaupt eine hochschwangere Pflegekraft um Corona-Patienten kümmern musste, fragen die Kommentatoren das Gesundheitsministerium. Bereits im November hatten sie über die 27-jährige Krankenschwester Maryam Rahmini aus Shiraz berichtet. Auch sie war im siebten Monat schwanger, als sie nach einer Infektion mit dem Virus starb.

Allein in den ersten zehn Monaten der Pandemie sind mehr als 200 Ärzte und Pflegekräfte an COVID-19 gestorben, nachdem sie sich bei Corona-Patienten angesteckt hatten. Seit November 2020 veröffentlichte das Ministerium keine Statistiken mehr zu solchen Fällen.

Nationale Impfstrategie mit vielen Unbekannten

Vergangene Woche nun die Ankündigung vom Ministerium: Zuerst sollten Ärzte und Pflegekräfte geimpft werden. Bislang sind nach offiziellen Angaben 600.000 Dosen des russischen Vakzins Sputnik V im Iran eingetroffen, von zwei Millionen Dosen, die vergangenen Monat bestellt wurden. Laut offiziellen Zahlen hat das Land 700.000 Ärzte und Pflegemitarbeiter. 600.000 schwerkranke Menschen sollen ebenfalls bis zum Neujahrsfest am 21. März zuerst geimpft werden. Für beide Gruppen werden also 1, 3 Millionen Dosen gebraucht – nur für die Erstimpfung. Der russische Impfstoff muss zwei Mal verabreicht werden.

Ärzte und Pflegemitarbeiter sollen bis zum Neujahrsfest am 21. März zuerst geimpft werdenBild: Majid Asgaripour/WANA/REUTERS

Die nationale Impfstrategie, die vor kurzem vom Gesundheitsministerium veröffentlicht wurde, sieht vor, dass binnen eines Jahres 60 Millionen der 82 Millionen Iraner geimpft werden können. Und zwar, indem 200 Impfzentren aufgebaut werden sollen, die insgesamt jeden Monat zehn Millionen Impfdosen verabreichen sollen. Woher die 120 Millionen Dosen kommen sollen, ist nicht klar.

Iran und Russland hätten vereinbart, den Sputnik-Impfstoff gemeinsam zu produzieren, teilte das Gesundheitsministerium im Januar mit. Wann die Produktion im Iran beginnen kann, ist allerdings nicht bekannt. Inzwischen hat Teheran die anfängliche Skepsis gegenüber "gefährlichen" westlichen Impfstoffen offenbar überwunden und im Rahmen der internationalen Covax-Initiative auch 4,2 Millionen Dosen des Impfstoffs von AstraZeneca bestellt.

Darüber hinaus entwickelt Teheran zwei eigene Impfstoffe gegen das neuartige Coronavirus und arbeitet zusammen mit kubanischen Experten an dem Vakzin "Soberana 02". Optimistische iranische Wissenschaftler gehen davon aus, dass einheimische Impfstoffe ab Sommer in die Produktion gehen könnten.

Schlimme Lage im Süden des Landes

"Wenn wir jetzt nicht aufpassen werden, wird schon bald die vierte Corona-Welle über uns hereinbrechen", warnte Präsident Rohani vergangene Woche. Die Corona-Ampeln im West- und Süd-Iran stehen wieder auf Rot. Die Aufnahmekapazität der Krankenhäuser in den Städten der Provinz Chusestan mit insgesamt drei Millionen Einwohnern ist erschöpft.

Bislang sind nach offiziellen Angaben 600.000 Dosen des russischen Vakzins Sputnik V im Iran eingetroffenBild: Saeed Kaari/dpa/AP/picture alliance

Die offizielle Zahl der Neuinfektion steigt seit Anfang Februar landesweit um täglich mehr als 7000. Bis jetzt sind fast 59.000 Menschen im Zusammenhang mit einer COVID-19-Erkrankung im Iran gestorben. Diese Statistik erfasst allerdings nur Patienten, die in Krankenhäusern positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Aufgrund mangelnder Testkapazitäten geht die iranische Ärztekammer davon aus, dass die wirkliche Zahl der Sterbefälle drei bis vier Mal höher ist.

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