1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Chamenei: Proteste sind ausländische Verschwörung

3. Oktober 2022

Nach dem Tod einer jungen Frau in Polizeigewahrsam dauern die Proteste gegen das Regime unvermindert an. Die Sicherheitskräfte sind angewiesen, mit harter Hand vorzugehen. Dazu passt die Lage an einer Teheraner Uni.

Demonstrantinnen von hinten aufgenommen, die ihr Kopftuch in die Luft strecken.
Frauen, die ihr Kopftuch abreißen - ein mutiger Protest im IranBild: SalamPix/ABACA/picture alliance

In der iranischen Hauptstadt Teheran sind Sicherheitskräfte örtlichen Medienberichten zufolge mit Gewalt gegen Studierende vorgegangen. In der Nacht zu Montag riegelten Polizisten und Milizen den Campus der renommierten Scharif-Universität nach Protesten ab. Auch mehrere Professoren der Elite-Universität sollen nach Angaben des iranischen Nachrichtenportals "Emtedad" verprügelt worden sein.

Seit Beginn der landesweiten Proteste im Iran demonstrierten Studierende an zahlreichen Universitäten gegen die Führung der islamischen Republik und ihren repressiven Kurs. Die Behörden sagten daraufhin in vielen Städten Vorlesungen ab. Auch an der Scharif-Uni wurden alle Vorlesungen ab Montag bis auf weiteres ausgesetzt. Tausendfach in den sozialen Medien geteilte Videos, deren Echtheit zunächst nicht verifiziert werden konnte, zeigten eine starke Präsenz von Sicherheitskräften.

Keine Vorlesungen, aber viele Studierende kommen zum Demonstrieren an der Scharif-Universität in TeheranBild: UGC

Mobilisierung trotz Internetblockaden

Zuvor hatte Irans Parlamentssprecher Mohammad Bagher Qalibaf erklärt, die Proteste wegen des Todes der 22-jährigen Mahsa Amini könnten das Land destabilisieren. Er wies die Sicherheitskräfte an, hart gegen diejenigen vorzugehen, die die Sicherheit der Islamischen Republik gefährdeten.

Posts auf den sozialen Medien zeigen, dass die Proteste und die Zusammenstöße mit der Polizei in Teheran trotz der Netzblockaden durch die Regierung weitergehen. Viele Menschen warfen den Milizen im Internet vor, mit Gewalt und scharfer Munition gegen Studierende vorzugehen. Die Staatsmedien sprachen unterdessen von einer ruhigen Lage und warfen den Medien im Ausland vor, Lügen zu verbreiten.

"Dieses Mal könnte das Regime im Iran stürzen"

02:31

This browser does not support the video element.

Reform- oder Umsturzforderungen

Derweil versuchte der Parlamentssprecher, Teile der Demonstranten zu kriminalisieren. Während die jetzigen Proteste darauf abzielten, die Regierung zu stürzen, seien bei früheren Kundgebungen über die Bezahlung von Lehrern und Rentnern lediglich Reformen gefordert worden. "Ich fordere diejenigen auf, die berechtigterweise demonstrieren, ihre Proteste nicht instrumentalisieren zu lassen für Umsturzforderungen."

Irans geistlicher Führer Ajatollah Ali Chamenei machte in einer ersten Erklärung zu den Protesten die USA und Israel für die Unruhen verantwortlich. Die Proteste gingen nicht von "gewöhnlichen Iranern" aus, sagte er laut staatlichen Medien.

Vor gut zwei Wochen hatte die Sittenpolizei Mahsa Amini wegen ihres angeblich "unislamischen Outfits" festgenommen. Was mit Amini danach geschah, ist unklar. Die Frau fiel ins Koma und starb am 16. September in einem Krankenhaus. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben; die Polizei weist das zurück. Seit dem Tod der jungen Frau demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs von Regierung und Sicherheitskräften.

Neue Sanktionen

Deutschland fordert zusammen mit anderen EU-Staaten angesichts des Vorgehens iranischer Sicherheitskräfte gegen die Frauenproteste weitere EU-Sanktionen gegen das Land. "Für diejenigen, die für den Tod von Mahsa Amini und die gewalttätige Unterdrückung der Proteste in Iran Verantwortung tragen, muss es Konsequenzen geben", hieß es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. "Deswegen haben wir gemeinsam mit Frankreich, Dänemark, Italien, Spanien und Tschechien unseren Partnern in der Europäischen Union sechzehn konkrete Vorschläge unterbreitet, gegen welche Einzelpersonen und Organisationen in Iran Sanktionen verhängt werden sollen."

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock lobte auf Twitter den Mut der iranischen Frauen. Es sei "schwer zu ertragen", dass die außenpolitischen Möglichkeiten begrenzt seien, schreibt Baerbock weiter. "Aber wir können ihre Stimme verstärken, Öffentlichkeit schaffen, anklagen und sanktionieren. Und das tun wir." 

fab/jj (dpa, ape)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen