1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikAsien

Irans Regierungssystem kurz erklärt

16. Juni 2021

Am 18. Juni wird der neue Präsident der Islamischen Republik Iran gewählt. Er ist der Chef der Exekutive, steht aber im Schatten des religiösen Führers.

Iran Khamenei Militär
Bild: leader.ir

Die Islamische Republik Iran wurde am 1. April 1979 gegründet. Zuvor hatte eine revolutionäre Bewegung aus weltlichen und religiösen Kräften das Regime von Schah Mohammed Reza Pahlevi gestürzt. Der damals 77-jährige charismatische Ayatollah Chomeini, Leitfigur des religiösen Flügels der revolutionären Kräfte, wurde der geistliche und politische Führer des Landes. Er gründete seine Führungsrolle auf die von ihm ausgearbeitete Regierungsform namens "Welayat-e Faqih", übersetzt: "Statthalterschaft des Rechtsgelehrten". 

Die zentrale Machtposition im Staat wird demnach mit dem religiösen Führer als oberstem Rechtsgelehrten besetzt. Er wird auf Lebenszeit ernannt, und zwar vom sogenannten Expertenrat. (Zu dessen Zusammensetzung und Rolle unten mehr.)

Unbegrenzte Kompetenzen

Der religiöse Führer hat das letzte Wort in allen in allen staatlichen Angelegenheiten. Er ist zudem Oberbefehlshaber der Armee und der paramilitärischen Revolutionsgarden und ernennt den Justizchef. Er steht dem Nationalen Sicherheitsrat vor und kann den Staatspräsidenten absetzen. Die wichtigsten Ressorts wie Verteidigung, Information, Innen- und Außenpolitik sowie kulturelle Angelegenheiten kann der Staatspräsident nur in Absprache mit dem religiösen Führer besetzen. Auch der staatliche Rundfunk ist ihm unterstellt; private Sender gibt es im Iran nicht.

Zu den demokratischen Elementen im iranischen Staatsaufbau gehören das Präsidentenamt und das Parlament. Allerdings spielt dabei der Volkswille nur eine stark eingeschränkte Rolle, wofür die „vorgeschaltete" Institution des Wächterrats sorgt.

Wächterrat 

Der Wächterrat ist zuständig für die Zulassung und damit Vorauswahl der Kandidaten für das Amt des Staatspräsidenten, für einen Sitz im Parlament und für die Mitgliedschaft im Expertenrat. Der Wächterrat besteht aus zwölf Mitgliedern, die Hälfte davon Theologen, die vom religiösen Führer ernannt werden. Die übrigen sechs sind weltliche Rechtsgelehrte, die der Chef der iranischen Justiz beruft und die vom iranischen Parlament bestätigt werden müssen. Da der Justizchef wiederum direkt vom religiösen Führer ernannt wird, ist davon auszugehen, dass er keine Mitglieder in den Wächterrat beruft, die dem religiösen Führer nicht genehm sind.   

Bei der jetzt anstehenden Präsidentschaftswahl wollten knapp 600 Bewerber kandidieren, sieben wurden vom Wächterrat akzeptiert. Das Gremium hat weitere Aufgaben: Es überprüft sämtliche Parlamentsbeschlüsse und Gesetzvorhaben auf ihre Vereinbarkeit mit islamischen Werten. Können sich Parlament und Wächterrat auf keine gemeinsame Position verständigen, vermittelt der sogenannte Schlichtungsrat, dessen 35 Mitglieder vom religiösen Führer ernannt werden.  

Expertenrat 

Der Rat besteht aus 86 Geistlichen, die für acht Jahre vom Volk gewählt werden, allerdings auch hier nach einer Vorauswahl durch den Wächterrat.  Dieses Gremium wiederum wählt den religiösen Führer und wacht über seine Amtsführung - theoretisch. Über den seit 1989 amtierenden  Ayatollah Chamenei hat der Expertenrat noch nie ein kritisches Wort verloren.  

Präsident 

Der Präsident wird alle vier Jahre gewählt, seine Amtszeit ist auf zwei aufeinander folgende Legislaturperioden begrenzt. Er muss als Chef der Exekutive die sogenannte "Staatspolitik" umsetzen, die vom religiösen Führer vorgegeben wird.  Ein Beispiel dafür ist die internationale Nuklearvereinbarung von 2015. Ayatollah Chamenei hatte die wesentlichen Bedingungen vorgegeben, unter denen ein solches Abkommen in seinem Sinne wäre, darunter der weiter bestehende Zugriff auf Nukleartechnologie, wenn auch unter verschärften Kontrollen und Auflagen. Diesen "Deal" auf internationaler Bühne unter Dach und Fach zu bringen und die notwendigen Schritte dahin zu gestalten, war Aufgabe der Regierung mit dem Präsidenten an der Spitze.  

Parlament 

Die Parlamentarier werden alle vier Jahren aus dem Kreis der zugelassenen Kandidaten vom Volk gewählt. Die Bewerber um einen Parlamentssitz erhalten ihre Unterstützung nicht von Parteien, sondern von klerikalen und wirtschaftlichen Interessengruppen. Das Parlament ist die gesetzgebende Institution des Iran. Allerdings muss bei Gesetzesvorhaben ihre Vereinbarkeit mit der islamischen Rechtstradition beachtet werden. In der Verfassung der islamischen Republik ist der Islam als Staatsreligion verankert. Gesetzesvorschläge kommen von den Ministern oder den Abgeordneten. Ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz kann vom Wächterrat solange an das Parlament zurückverwiesen werden, bis es seinen Vorstellungen entspricht.