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Irans Rolle im syrischen Bürgerkrieg

Birgit Svensson19. Februar 2013

Die Islamische Republik ist für Assad zu einem unersetzlichen Bündnispartner geworden. Längst ist es den Mullahs gelungen, ihren Machteinfluss in Damaskus zu erweitern und ein Netzwerk von Milizen in Syrien aufzubauen.

Baschar al-Assad in Teheran bei Ayatollah Ali Khamenei, 2. 10. 2010. (Foto: AP)
Bild: AP

Demonstrativ präsentiert sich der syrische Präsident im Staatsfernsehen an der Seite eines Mitglieds des iranischen Sicherheitsrates: Damaskus habe die Mittel um zurückzuschlagen, sagt Baschar al-Assad. Und Irans stellvertretender Außenminister, Hussein Amir Abdullahian, prophezeit, dass Israels Angriff auf Syrien "erhebliche Folgen" für die Stadt Tel Aviv haben werde.

Doch wer zurückschlagen wird, macht dieses Szenario bereits deutlich. Baschar al-Assad selbst hat nicht mehr die Kraft, dies auch wirklich alleine zu tun. Vielmehr scheint es so, als habe die Führung in Teheran bereits die Regie in Damaskus übernommen, auch wenn der syrische Diktator nicht müde wird zu betonen, dass er sich eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten seines Landes verbiete.

Akteur im syrischen Bürgerkrieg

Doch der Iran mischt sich massiv ein und dies nicht erst, seitdem Israel jüngst ein noch immer ungeklärtes Ziel in Syrien bombardierte. Syrien behauptet, dass ein militärisches Forschungslabor getroffen wurde, die USA sprechen von einem Waffenkonvoi. Eines jedoch ist unstrittig: unter den Toten sind auch Iraner.

Proteste von Exil-Syrern und Assad-Gegnern gegen Ahmadinedschad in BerlinBild: Reuters

Es ist kein Geheimnis, dass die Islamische Republik dem syrischen Regime von Anfang an half, als der Aufstand vor fast zwei Jahren begann. Diese Hilfe hat mit dem Verlauf der Ereignisse immer größere Dimensionen angenommen. Waren es anfangs noch versteckte Lieferungen von Technologie und Waffen, die Überstellung von militärischen Ausbildern, politischen Beratern und Geheimdienstinformationen, ist Teheran inzwischen offen zur Bürgerkriegspartei geworden.

Vor wenigen Tagen hatten Bewaffnete in Syrien einen Kommandeur der iranischen Revolutionsgarde getötet. Nach Angaben der iranischen Botschaft im Libanon handelt es sich um Hussam Choschnewis, den Chef der sogenannten Iranischen Wiederaufbaukommission im Libanon. Demnach wurde der Kommandeur der Eliteeinheit auf dem Weg von der syrischen Hauptstadt Damaskus in das Nachbarland von "bewaffneten terroristischen Gruppen" getötet.

Auch iranisches Militär im Einsatz

Aber auch Spezialeinheiten der "Iranischen Republikanischen Garde" (IRG) kämpfen zusammen mit der syrischen Armee gegen die Aufständischen. Und mehr noch: Wie gut informierte Kreise in Bagdad berichten, sollen jetzt sogar normale Infanteriesoldaten der iranischen Armee Dienst in Syrien leisten und die abtrünnigen Soldaten der syrischen Armee ersetzen.

Sie werden aus dem iranischen Aserbaidschan und dem kurdischen Teil an der Grenze zum Irak abgezogen und nach Syrien geschickt. Sie sollen dort zwar nicht für Kampfeinsätze eingesetzt werden, wohl aber Waffendepots bewachen und zum Unterhalt von Militärbasen dienen.

Bester Beweis der personellen Präsenz Irans in Syrien waren die 48 Männer, die im September von Rebellengruppen in Damaskus entführt wurden und erst Anfang Januar im Austausch gegen 2.000 in syrischen Gefängnissen einsitzende Oppositionelle frei kamen. Die syrische Regierung bezeichnete die iranischen Geiseln als muslimische Pilger, die Geiselnehmer behaupteten, sie seien Mitglieder der Republikanischen Garde Teherans.

Syrische Rebellen lassen die verschleppten Iraner freiBild: FARS

Inzwischen gab ein Kommandeur der IRG, General Salar Abnoush, in einem Interview mit einer arabischen Zeitung offen zu, dass Teheran "den syrischen Sicherheits- und Geheimdienst ausbildet".

Iran nehme am "Krieg in Syrien" sowohl militärisch als auch kulturell teil. Was er mit kulturell meinte, führte der General nicht weiter aus. Pilger hat er damit mit Sicherheit nicht gemeint. Dann schon eher die Mitglieder der Al-Quds-Brigaden, die ebenfalls in Syrien operieren.

Ghasem Suleimani – der "wahre Herrscher von Bagdad"

An die Medien weitergereichte amerikanischen Geheimdienstinformationen zufolge soll es ein geheimes Treffen des mächtigsten Mannes im Iran, Ajatollah Ali Khamenei, mit dem iranischen Sicherheitsrat gegeben haben, um die Rahmenbedingungen zu diskutieren, wenn das syrische Regime stürzt.

Khamenei soll daraufhin den Einsatz der Al-Quds-Brigaden befohlen haben, die Operationen gegen den Westen und seine Alliierten durchzuführen, weil sie die syrische Opposition unterstützen. Teheran könne nicht tatenlos zusehen, wenn seine nationale Sicherheit bedroht sei, wird Khamenei zitiert. Er ernannte Generalmajor Ghasem Suleimani, Kommandeur der Al-Quds-Brigaden, als Kontaktperson für Syriens Präsident Assad, um den Aufstand gemeinsam niederzuringen.

Die Al-Quds-Brigade ist die Spezialeinheit der iranischen Revolutionsgarden (Pasdaran) und für exterritoriale Operationen zuständig. Das arabische Wort "Quds" heißt "Jerusalem". Im Irak sind diese Leute bestens bekannt.

Ghasem Soleimani, Kommandeur der Al-Quds-BrigadenBild: Irna

"Der wahre Herrscher von Baghdad"

Gemäß ihrem Auftrag, dem Iran nahestehende Kräfte zu unterstützen, forcierten ihre Mitglieder massiv den Aufstieg der Schiiten im Zweistromland. Dabei war ihnen jedes Mittel recht, was zum Ziel führte. An den Anschlägen gegen die US-Streitkräfte sollen Al-Quds-Brigadiere genauso beteiligt gewesen sein, wie später bei den blutigen Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und Sunniten.

Auch Suleimani ist ein alter Bekannter im Irak. Die US-Administration hat ihn auf ihre Terrorliste gesetzt. Trotzdem solle es Geheimtreffen zwischen ihm und hohen US-Funktionären im Büro von Iraks Staatspräsident Talabani gegeben haben, was die Amerikaner stets dementierten. Der britische Guardian nannte Suleimani einst den "wahren Herrscher von Bagdad". Dass er nach Syrien geschickt wurde, verwundert deshalb nicht.

Im Jahre 2006 haben Syrien und Iran einen Beistandspakt geschlossen, als der Krieg im Irak tobte, der damalige US-Präsident George W. Bush beide Länder als Schurkenstaaten bezeichnete und sie auf die "Achse des Bösen" setzte. Seitdem hat der Iran seinen Einfluss in der Region kontinuierlich ausgeweitet und den sogenannten "schiitischen Halbmond" begründet: Vom Irak über Syrien bis zur libanesischen Hizbollah und der palästinensischen Hamas, hat Teheran seine Einflusssphäre stetig erweitert.

Eine "Achse des Widerstands" gegen den Westen

Die Islamische Republik betrachtet deshalb die Aufstände in Syrien als Stellvertreterkrieg mit den USA und Israel sowie anderen westlichen Staaten, die wiederum ihren Einfluss im Mittleren Osten ausweiten würden.

Als "Achse des Widerstands" gegen den Westen verstehen die Regierenden in Teheran deshalb ihre Allianz mit dem alawitischen Regime in Syrien und der ebenfalls schiitischen Hizbollah im Libanon.

"Es ist keine Übertreibung, den Iran als Grundpfeiler des syrischen Regimes zu bezeichnen", sagt Loay Safi, Mitglied des oppositionellen Syrischen Nationalrats. "Teheran liefert politische, technische, militärische, geheimdienstliche und finanzielle Unterstützung nach Damaskus. Die Folge ist, dass der Iran versucht, immer mehr auch die Kontrolle über diverse politische Initiativen zu übernehmen."

Es wäre daher nicht verwunderlich, wenn die Al-Quds-Brigaden ihrem Namen Ehre machen wollen und den Sturm auf Jerusalem im Blick haben. Mit ihrem Engagement in Syrien sind sie Israel gefährlich nahe.