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Politik

Ire verweigert "un-dänischen" Handschlag

Nancy Isenson kkl
1. Januar 2019

Dänemark verlangt künftig einen Handschlag bei der Einbürgerung. Nicht alle Dänen sind damit einverstanden. Und der Ire Billy O'Shea, der dänischer Staatsbürger werden will, sagt jetzt schon: "Nein."

Dänemark Kopenhagen Rathaus
Bild: Getty Images/Afp/Eric Baradat

In einem Artikel auf der dänischen Website politiken.dk erklärte Billy O'Shea, warum er sich nicht zum Handschlag zwingen lassen wolle. Der 61-jährige Autor und Übersetzer lebt seit 1981 in Dänemark und hat vor kurzem die dänische Staatsbürgerschaft beantragt.

Deutsche Welle: Vor Weihnachten hat das dänische Parlament ein Gesetz verabschiedet, wonach bei der Einbürgerung ein Handschlag künftig fester Bestandteil der Zeremonie sein soll. Was haben Sie gegen den Händedruck?

Billy O'Shea: Für mich ist das eine Frage eines wichtigen demokratischen Prinzips. Die Regierung sagt, der Handschlag soll den Respekt des neuen Staatsbürgers für dänische Traditionen und die dänische Kultur symbolisieren, und ich meine, dass man Respekt nicht per Gesetz verordnen kann. Meiner Meinung nach ist Respekt etwas, das in einer Demokratie zwischen Menschen von gleichem Status und gleichen Rechten entsteht, aber nichts, das befohlen werden kann. Wenn man Respekt von den Leuten verlangt, bekommt man keinen Respekt, sondern Unterwürfigkeit.

Das Problem ist folgendes: Um die dänische Staatsbürgerschaft beantragen zu können, darf man nicht arbeitslos sein. Man darf keine Vorstrafen haben. Man muss die Landessprache beherrschen. Man muss sich mit der dänischen Geschichte und der dänischen Kultur befasst haben, und man muss nachweisen, wie oft man in den letzten zwölf Jahren außer Landes gewesen war.

Billy O'Shea: Staatsbürgerschaft nur ohne HandschlagBild: Privat

Wenn die Antragsteller all das vorweisen können und dann noch bis zu zwei Jahre auf die Bewilligung des Einbürgerungsantrags gewartet haben, kommt jetzt die Regierung und sagt im letzten Moment: Sie müssen uns beweisen, dass Sie kein religiöser Extremist sind. Das finde ich eine Frechheit. Es ist einfach zu  viel. Es ist, als würde die Regierung immer noch eine zusätzliche Barriere aufrichten, die ehrliche, hart arbeitende Menschen zu überwinden haben, wenn sie Bürger des Landes werden wollen, in dem sie leben.

In Ihrem Artikel für politiken.dk schreiben Sie, dass das "un-dänisch" sei. Warum?

Dänemark ist ein Land mit einer sehr langen und starken demokratischen Tradition. Und ich meine, dass diese Regierung sich dieser Tatsache nicht genügend bewusst ist.

Natürlich gehört der Handschlag zur dänischen Kultur. Und ich denke nicht daran, die zu verteidigen, die aus religiösen Gründen den Handschlag mit einer Person des anderen Geschlechts verweigern. Ich halte das für mittelalterlich und - ganz ehrlich - für recht lächerlich. Zur Begrüßung oder als Zeichen des gegenseitigen Respekts schüttelt man sich natürlich die Hände. Wie ich in meinem Artikel schrieb: Wenn man Leute zu einer Party einlädt, gibt man seinen Gästen natürlich die Hand. Man stellt aber kein Schild auf, auf dem steht: "Alle haben mir die Hand zu geben, sonst gibt's Ärger." Das ist einfach schlechtes Benehmen. Nach meinen Erfahrungen tun Dänen so etwas nicht.

Kann es nicht sein, dass die Regierung damit ein echtes Problem angeht?

Nein, auf keinen Fall. Erstens hat die Regierung bisher nicht belegen können, dass irgendjemand bei irgendeiner Gelegenheit, irgendeinem offiziellen Anlass den Vertretern der Öffentlichkeit den Handschlag verweigert hat. Das ist einfach nie passiert. Also gibt es auch keinen Grund dafür.

Zweitens aber: Wenn das wirklich ein echtes Problem in Dänemark werden sollte, dann kann die Regierung es immer noch regulieren, wenn es soweit ist.

Und drittens: Seien wir doch realistisch. So hält man religiöse Extremisten einfach nicht davon ab, Bürger eines Landes zu werden. Ein religiöser Fundamentalist, der wirklich den Handschlag mit einer Person des anderen Geschlechts verweigert, wird sich ohnehin nicht um die Staatsbürgerschaft bemühen. Und wenn doch, könnte es sein, dass er an diesem einen Tag eine Ausnahme macht, wenn es unbedingt nötig ist.

Sie haben einen Brief an die Ministerin für Einwanderung und Integration, Inger Stojberg, geschrieben. Was hat sie geantwortet?

Die Antwort war recht einfach: Wenn ich nicht einem Vertreter der Behörden die Hand geben will, bekomme ich die Staatsbürgerschaft nicht.

Ministerin Stojberg: Staatsbürgerschaft nur mit HandschlagBild: picture-alliance/dpa/T. Eisenkrätzer

Ich habe nicht vor, mir es anders zu überlegen. Meinen Antrag habe ich vor kurzem gestellt. Die Bearbeitungszeit in Dänemark dauert bis zu zwei Jahre. Dann habe ich alle Bedingungen erfüllt bis auf die eine, dem Bürgermeister von Kopenhagen die Hand zu geben. Ich habe großen Respekt vor dem Bürgermeister, vor seinem Amt und vor dem Staat Dänemark. Aber ich werde ihm nicht unter Druck die Hand geben. Das sollte in einer Demokratie nicht vorkommen.

Welche Reaktionen haben Sie auf Ihren Artikel bekommen?

Ich hatte erwartet, in Zeitungen und Social Media dafür gekreuzigt zu werden. Die Reaktionen ganz normaler Dänen waren das genaue Gegenteil. Ich habe große Unterstützung bekommen für das, was ich geschrieben hatte, und war sehr gerührt davon.

Eine Umfrage hat kürzlich gezeigt, dass 52 Prozent der Dänen gegen dieses Gesetz sind. Nur 36 Prozent sind dafür, der Rest ist unentschieden. Es gibt also für diese Regelung keine wirkliche Unterstützung im Volk. Das hat die Regierung ganz allein aus ihrem eigenen Willen gemacht.

Warum wollen Sie nach all den Jahren dänischer Staatsbürger werden?

Nach 37 Jahren im Land habe ich keinen Zweifel mehr, dass ich den Rest meines Lebens hier bleiben werde. Und wenn man in einem Land bleiben will, sollte man sich auch dazu bekennen und Staatsbürger werden, finde ich.

Als EU-Bürger müssten Sie Ihren irischen Pass nicht aufgeben, um in Dänemark zu bleiben...

Nein. Es geht nur darum, Respekt für das Land zu zeigen, in dem ich lebe, und ein echter Teil dieser Gesellschaft zu werden.

Das Gespräch führte Nancy Isenson.