Nach schwersten Gefechten ist die westsyrische Stadt nun vollständig in der Hand der Terrormiliz "Islamischer Staat". Die Einwohner sind auf der Flucht. Zerstören die Dschihadisten nun das Weltkulturerbe?
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Die IS-Dschihadisten sind wieder in der Offensive. Wenige Tage nach der Eroberung der irakischen Provinzhauptstadt Ramadi haben Einheiten des "Islamischen Staates" jetzt auch in Syrien nach erbitterten Schlachten die Oberhand über das historische Palmyra. Nach Angaben der syrischen Staatsmedien und der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die ihre Informationen über ein Netz von Aktivisten vor Ort bezieht, zogen sich die syrischen Truppen zurück. Stützpunkte des Militärgeheimdienstes in der Wüste sowie der Militärflughafen und das Gefängnis von Palmyra seien aufgegeben worden.
Im Kampf um die Stadt hatten sowohl die Terrormiliz als auch Regierungssoldaten Palmyra heftig bombardiert, wie Augenzeugen berichteten. Viele Familien hätten die Flucht ergriffen, hieß es weiter. Nach offiziellen Angaben aus der syrischen Hauptstadt Damaskus konnten regierungstreue Milizen inzwischen fast alle Zivilisten aus der antiken Stadt in Sicherheit bringen.
UNESCO ruft zum Schutz von Palmyra auf
Palmyras gut erhaltene Ruinen aus den ersten Jahrhunderten nach Christus gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die einstige Handelsmetropole der legendären Königin Zenobia gilt als einer der bedeutendsten Komplexe antiker Bauten im Nahen Osten. Mit Blick auf die Zerstörungswut der IS-Dschihadisten im Irak zeigte sich die Chefin der Kulturorganisation der Vereinten Nationen, Irina Bokowa, alarmiert. Sie rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, alles zu tun, um die Zivilbevölkerung und die antiken Ruinen zu schützen.
Palmyra - Zerstörung einer antiken Oase
Die antiken Ruinen Palmyras sind Zeugnis einer goldenen Zeit. Die Terrormiliz "Islamischer Staat" fährt mit ihrer Zerstörung fort. Nach der Sprengung von kostbaren zwei Tempeln, traf es nun noch andere antike Bauwerke.
Bild: picture-alliance/dpa/Scholz
Sinnlose Terrorakte
Der Zerstörungswut der IS-Dschihadisten fiel auch ein antiker Triumphbogen zum Opfer, der zwischen 193 und 211 nach Christus erbaut wurde. "Das ist die pure Zerstörung", beurteilt der Chef der Altertumsbehörde, Mamun Abdulkarim, die Sprengung. "Die Racheakte sind nicht mehr ideologisch getrieben, denn jetzt sprengen sie auch Gebäude ohne religiöse Bedeutung."
Bild: Louai Beshara/AFP/Getty Images
Zeugnisse antiker Grabkultur
Auch mehrere diese mehrstöckigen Grabtürme haben die Dschihadisten gesprengt, sagte der Leiter der syrischen Antikenverwaltung, Mamun Abdelkarim. Unter den Türmen, die zwischen 44 und 103 n. Chr. gebaut wurden, ist auch der berühmte vierstöckige Turm von Elhabel. Das Ruinenfeld der antiken Oasenstadt gehört seit 1980 zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Bild: Reuters/Sandra Auger
Tempelanlage gesprengt
Die schlimmsten Befürchtungen der Archäologen sind wahr geworden: Der Terroristen des "Islamische Staat" haben eines der bedeutendsten Bauwerke Palmyras gesprengt: den rund 2000 Jahre alten Baalschamin-Tempel, hier vor der Zerstörung. Durch die Explosion wurden der innerste heilige Bereich und die äußeren Säulen zum Einsturz gebracht. Auch die übrigen Anlagen Palmyras sind weiterhin akut bedroht.
Bild: picture-alliance/dpa/Scholz
Ruinen einer Oase
Die Ruinen der Stadt Palmyra, die einst durch Reichtum, Handel und Palmen erblühte, liegen mitten in der syrischen Wüste. Karawanen durchquerten sie jahrhundertelang, auf ihrem Weg zur Seidenstraße. Dann verblasste die goldene Zeit über die Jahrtausende, der Wüstensand verwehte die Stadt. Seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien ist die UNESCO besorgt um das Weltkulturerbe.
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Gottes Tempel
Der Baal-Tempel galt als eines der bedeutendsten historischen Bauwerke der arabischen Welt. Im 1. Jahrhundert n. Chr. bauten ihn die Palmyrer im römischen Stil und widmeten ihn der babylonischen Gottheit "Baal". Rom soll ihn bezahlt haben, als Dank für den Beitritt der Stadt ins Römische Reich. Der riesige Baal-Tempel war nach allen Himmelsrichtungen ausgerichtet. Der IS hat ihn gesprengt.
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Monument im römischen Stil
Das Tetrapylon liegt an der Straßenkreuzung. Vier mal Vier schlanke Säulen aus Rosengranit, die aus den Steinbrüchen von Assuan stammen, bilden vier überdachte Nischen. Früher befanden sich in ihnen Statuen. Heute sind die Säulen fast alle nachgebildet, nur noch eine ist antik.
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Orientalische Dramen
Palmyra trug in vielem die Züge einer griechisch-römischen Stadt: die Säulenhalle, die Thermen oder das Amphitheater. Auf dessen Bühne, eine Palastfront, spielten sich orientalische Dramen ab. Die in aramäischer Sprache verfassten Stücke sind nicht erhalten. Das Theater wurde auch für Tier- und Gladiatorenkämpfe genutzt.
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Forum der Oberschicht
Hier war einst die steinerne Oberschicht Palmyras versammelt: 200 Statuen standen damals ihr zu Ehren in den Säulenhallen der Agora, dem Marktplatz. An der Südweststrecke der Agora befinden sich die Überreste eines Bauwerks, das vermutlich ein Tagungsort des "Stadtrats" war. Dem gehörten die Vertreter der einflussreichsten Kaufmannsfamilien an, die die Geschicke der Wüstenstadt lenkten.
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Luxuriöse Gräber
Vor den Toren der Stadt liegen verschiedene Gräberfelder. Große Familien bauten hohe Türme mit Grabfächern für mehrere Generationen. Einige der letzten Ruhestätten sind kunstvoll verzierte Sarkophage. Es gibt auch etliche unterirdische Grabanlagen, die mit reicher Bauornamentik oder Fresken verziert sind. Die Gräber sind ein Zeugnis des Alltagslebens und des Reichtums der damaligen Zeit.
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Drohende Verwüstung
Im 3. Jahrhundert n.Chr. wurde Palmyra zum Militärstützpunkt. Nach der Herrschaft von Zenobia folgte ein Wechselbad der Mächte. Die goldene Zeit verblasste, der Glanz der Stadt wurde vom Wüstensand begraben. Seit 2011 hat der Bürgerkrieg Spuren in der Ruinenstadt hinterlassen. Jetzt droht die weitreichende Zerstörung der antiken Ruinenstadt.
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Falls Palmyra vom IS zerstört werden sollte, wäre dies "ein unersetzlicher Verlust für die Menschheitsgeschichte" und auch für das syrische Volk, wies der Direktor des Vorderasiatischen Museums Berlin, Markus Hilgert, darauf hin. Schließlich sei die Oasenstadt nicht nur "Identitätsort" für die Bevölkerung, sondern potenziell auch ein zentrales touristisches Ziel in dem Land.
IS kontrolliert 50 Prozent von Syrien
Im Nordirak hatten IS-Kämpfer im Frühjahr einmalige Kulturstätten zerstört, darunter die Ruinen der Jahrtausende alten Stadt Nimrud und die Grabungsstätte Ninive. Aufnahmen ihrer Taten stellten sie ins Internet.
Nach dem Vormarsch in Palmyra kontrolliert der IS nun etwa die Hälfte der Fläche Syriens, wie der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abel Rahman, erklärte. Die Extremisten hätten zudem fast alle Ölfelder des Landes eingenommen.