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Politik

Islamkonferenz: Erfolge trotz Türenknallens

Richard A. Fuchs
27. September 2016

Zehn Jahre Dialog zwischen Staat und Muslimen in Deutschland: Beim Festakt zeigten sich die Minister zufrieden, die Verbände weniger. In Zeiten von Extremismus und Islamkritik ist umstritten, wie es weitergehen soll.

Islamische Religionspädagogin Tuba Isik und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (Foto: pictrue alliance/dpa/M. Kappeler)
Bild: pictrue-alliance/dpa/M. Kappeler

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat bei einem Festakt die Deutsche Islamkonferenz (DIK) als "Kompass für die Zukunft" gewürdigt. Bei der Jubiläumsveranstaltung zum zehnjährigen Bestehen sollte über "Herausforderungen und Chancen für das nächste Jahrzehnt" debattiert werden. 

Der Innenminister dankte seinem Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU), der den institutionalisierten Dialog zwischen Muslimen und Vertretern von Bund, Ländern und Gemeinden ins Leben gerufen hatte. "Ihre Entscheidung war gut und weitsichtig", sagte de Maizière. Djavad Mohaghehi, Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft Deutschlands, würdigte das bisher Erreichte ebenfalls: "Das Nebeneinander wurde zu einem Miteinander."

Öffentlich über Extremismus debattieren

Der Minister rief die islamischen Verbände dazu auf, sich stärker von Hass und Gewalt durch islamistische Terroristen abzugrenzen und klar Stellung für die demokratische Grundordnung zu beziehen. "Ich wünsche mir eine starke Debatte zur Eindämmung von Terrorismus", sagte der Innenminister an die Adresse der neun Verbände, die in der Islamkonferenz den Vertretern des deutschen Staats gegenübersitzen.

Er will wieder über Sicherheit und Extremismus sprechen: Innenminister Thomas de Maizière bei seiner RedeBild: picture-alliance/dpa/ M. Kappeler

Er halte es für ratsam, diesen Dialog über Extremismus und Sicherheit wieder öffentlich zu führen. De Maizière hatte erst im Jahr 2014 das höchst umstrittene Thema von der Tagesordnung genommen, um die festgefahrenen Gespräche wieder zu beleben. Den Bombenanschlag auf eine Moschee in Dresden verurteilte de Maizière scharf: "So etwas wollen wir in Deutschland nicht."

Er rief die islamischen Verbände in Deutschland aber auch auf, repräsentative, transparente und nachvollziehbare Strukturen aufzubauen. Gelinge dies nicht, könne eine Anerkennung als Religionsgemeinschaft und als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht erfolgreich sein. Zu enge Verbindungen einiger Verbände zur türkischen Regierung von Staatspräsident Reccep Tayyip Erdogan hält der deutsche Minister für integrationsfeindlich: "Einflussnahme aus dem Ausland können wir nicht akzeptieren."

Der Islam soll sich in Deutschland zuhause fühlen

Er hat den Dialog zwischen Muslimen und dem deutschem Staat initiiert: Finanzminister Wolfgang SchäubleBild: picture alliance/dpa/F. Singer

Der heutige Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) blickte zurück. Schäuble hatte den Dialog vor gut zehn Jahren ins Leben gerufen und in den Anfangsjahren konservative wie säkulare Muslime gleichermaßen eingeladen. Das führte zu teilweise erbitterten Auseinandersetzungen innerhalb der muslimischen Gemeinden. Dass es Streit gebe, sei ein Segen, sagte Schäuble: "Das ist das Salz in der Demokratie." Auch wenn immer wieder die Türen geknallt hätten, sei das Ergebnis "natürlich eine Erfolgsgeschichte".

Als praktische Erfolge der Konferenz nannte der Minister den islamischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen, die Einrichtung theologischer Lehrstühle an Universitäten und die Leitfäden für islamische Bestattungen. Derzeit verhandelt das Gremium über die Einführung islamische Seelsorge beim Militär, in Gefängnissen und in Krankenhäusern. Zudem wird die Gründung eines islamischen Wohlfahrtsverbands diskutiert. Gebraucht werde jetzt "ein Islam, der sich in Deutschland zuhause fühlt", so Schäuble weiter.  

Wer vertritt den Islam in Deutschland?

Aus Sicht der Verbände ist die Bilanz bestenfalls durchwachsen. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, plädierte im DW-Interview für eine Fortsetzung der Islamkonferenz. "Wir müssen miteinander und nicht übereinander reden", forderte er. Bekir Alboğa, Vorsitzender des umstrittenen türkischen Verbands Ditib, sieht derzeit keine Gesprächsgrundlage. "Es herrscht vielfach Schweigen“, sagte er mit vorwurfsvollem Blick an die Adresse der Bundesregierung.

Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, wünscht sich ein Ende des "Extremismusvorbehalts". Man müsse die Verbände als Gesprächspartner ernst nehmen, forderte er. Man müsse sie auch in ihrer jetzigen Form akzeptieren, sagte Mazyek: "Islamisches Leben findet nun mal in Moscheen statt - und nicht auf Bahnhöfen und Straßen.“

Szene aus dem deutschen Alltag: Eine Schülerin mit Kopftuch in einer Schule in StuttgartBild: picture-alliance/dpa/W.Kastl

Sineb El Masrar, deutsche Publizistin mit marokkanischen Wurzeln, hob in der Debatte um die Zukunft der Islamkonferenz hervor, wie strittig die Zusammensetzung des Gremiums sei. "Dass in der dritten Runde der Islamkonferenz nur Verbände am Tisch sitzen, das ist problematisch", kritisierte die Publizistin. Der deutsche Staat enge damit den Dialog auf einen kleinen organisierten Teil der Muslime ein. Der Innenminister erwiderte die Kritik mit dem Aufruf, auch säkulare und liberale Muslime sollten sich in Verbandsform organisieren: "Die Verbände sind nun mal das Gesicht des organisierten Islam in Deutschland."

Die islamkritische Soziologin und ehemalige Teilnehmerin der Islamkonferenz, Necla Kelek, erklärte die Islamkonferenz für gescheitert. Im Interview mit dem Deutschlandfunk forderte sie die Bundesregierung auf, mehr Druck auf die Verbände zu machen. Diese sollten sich zur Demokratie verpflichten und zur Gleichberechtigung von Mann und Frau.

Auch die katholische Kirche habe sich schließlich nicht von alleine zur Aufklärung durchringen können, argumentierte die Soziologin. Wolfgang Schäuble nahm dies zum Anlass, auf den besonderen Wert des zehnjährigen Dialogs hinzuweisen: "Die Deutsche Islamkonferenz ist einer der Orte, an dem wir um Gemeinsamkeiten ringen können."

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