Israel appelliert an die UN: Mehr Druck auf Hamas
6. August 2025
Während Israel vor dem UN-Sicherheitsrat mehr internationalen Druck auf die islamistische Terrororganisation Hamas fordert, lösen Berichte über eine mögliche vollständige Einnahme des Gazastreifens durch Israel Besorgnis aus. Ein solcher Schritt könne "katastrophale Folgen für Millionen Palästinenser" haben und das Leben der verbleibenden Geiseln in Gaza weiter gefährden, warnte der führende UN-Diplomat Miroslav Jenca in New York.
Millionen Menschen sind von Hungersnot betroffen
Jenca wies auf die katastrophale Situation hin, in der sich mehr als zwei Millionen Menschen im Gazastreifen wegen der Abschottung des Küstengebiets durch die israelischen Streitkräfte befänden. Nach UN-Angaben droht den Menschen in Gaza eine Hungersnot. Der palästinensische UN-Botschafter Riad Mansur appellierte an Israel, in Verhandlungen einzutreten. Zwar verurteile er das Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023, Israels Kriegsführung könne durch diese Tat aber nicht gerechtfertigt werden.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beriet unterdessen mit Armeechef Ejal Zamir über das weitere Vorgehen. Am Montag hatten mehrere israelische Medien berichtet, Netanjahu dringe trotz Einwänden der Militärführung auf eine vollständige Einnahme des Gazastreifens. Das israelische Sicherheitskabinett müsste einen solchen Plan jedoch erst einmal billigen.
Netanjahu: "Hamas will keinen Deal"
Netanjahu äußerte sich bisher nicht öffentlich zu den Plänen. Er sagte aber, monatelange indirekte Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas über einen Deal für eine Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln seien ergebnislos geblieben. "Ich verstehe genau, was die Hamas will: Sie will keinen Deal." Er sei nun noch entschlossener, die Geiseln zu befreien und die Hamas zu eliminieren.
Oppositionsführer Jair Lapid warnte die Regierung davor, Gaza vollständig einnehmen zu lassen. "Das, worauf Kabinett und Regierung zusteuern, wird dazu führen, dass alle Geiseln sterben", schrieb er auf der Online-Plattform X. Die Verschleppten würden durch Hunger, durch Folter oder durch Einsätze des israelischen Militärs getötet.
Scharfe Töne von Saar
Israels Außenminister Gideon Saar beschuldigte Länder, die jüngst eine Anerkennung Palästinas als Staat angekündigt hatten, ein Waffenruhe-Abkommen zunichtegemacht zu haben. "Lassen Sie mich das klarstellen: Diese Länder haben den Krieg verlängert", sagte Saar vor dem UN-Sicherheitsrat. Die Hamas trage mit ihrem Massaker vom 7. Oktober 2023 in Israel nicht nur die Verantwortung für den Beginn des Krieges, sondern auch für dessen Fortdauern, weil sie die Geiseln nicht freilasse und die Waffen nicht niederlege, so Saar.
"Der internationale Druck muss auf der Hamas liegen", forderte der Außenminister im mächtigsten UN-Gremium. "Alles andere verlängert diesen Krieg nur." Die Islamisten setzten Folter und Hunger gezielt als Propagandamittel ein, betonte Saar und bezog sich auf schockierende Hamas-Videos von abgemagerten Geiseln.
Neuer Räumungsaufruf der israelischen Armee
Noch vor Beratungen über eine mögliche Ausweitung des Kriegs im Gazastreifen veröffentlichte die israelische Armee einen Räumungsaufruf für Wohngebiete im Süden der Stadt Gaza. Ein Militärsprecher forderte in arabischer Sprache die Einwohner des Viertels Al-Saitun dazu auf, sich sofort in Richtung Süden in die humanitäre Zone Al-Mawasi zu begeben. Entsprechend vorherigen Warnungen weite die Armee ihren Einsatz in Richtung Westen aus, hieß es.
Seit Kriegsbeginn vor 22 Monaten ist fast die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens zu Binnenvertriebenen geworden. Viele Menschen mussten seitdem bereits mehrfach flüchten. Selbst in Al-Mawasi kam es immer wieder zu tödlichen Angriffen.
Israel steht wegen seines Vorgehens im Gazastreifen am Mittelmeer zunehmend unter internationalem Druck. Zuletzt hatten Frankreich und Kanada angekündigt, Palästina als Staat anzuerkennen. Großbritannien drohte Israel ebenfalls mit einem solchen Schritt, falls die israelische Regierung den Gaza-Krieg und das Leiden der palästinensischen Zivilbevölkerung nicht beenden sollte.
Weitere Kulturschaffende melden sich zu Wort
Unterdessen haben sich mehr als 160 weitere Schauspieler, Musiker und Medienleute dem Aufruf zu einem Stopp deutscher Waffenlieferungen an Israel angeschlossen. Zu den 162 Unterzeichnern zählen nach Angaben der Kampagnengruppe Avaaz unter anderen die Musiker Nina Chuba und Clueso, Regisseur Fatih Akin, der israelische Golden Globe Gewinner Ari Folman oder Schauspielerin Sandra Hüller.
Vergangenen Donnerstag hatten bereits mehr als 200 Prominente in einem offenen Brief Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zu einem Stopp der Waffenlieferungen sowie zu weiteren Sanktionen gedrängt.
haz/wa/jj (dpa, rtr, afp)
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