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Politik

Israel, die Hisbollah und der Iran

26. Juni 2017

Immer näher reichen Iran und die libanesische "Hisbollah" an die israelischen Grenzen heran. Scharmützel auf den Golanhöhen weisen auf Israels Nervosität hin. Auch gegenüber einem anderen Land wappnet sich Israel.

Israel Syrien Golan Konflikte
Bild: Getty Images/AFP/J. Marey

Am Montagmorgen konnte die israelische Armee zunächst Entwarnung geben: Die Detonationen, die Bewohner der Golan-Höhen in der Ferne, auf syrischem Territorium jenseits der annektierten Gebiete gehört hatten, gingen aller Wahrscheinlichkeit nach auf Kämpfe zwischen Rebellengruppen und der syrischen Armee zurück. Ein paar Geschosse waren offenbar auch über die Grenze geflogen und hatten leichte Schäden an den Einrichtungen der UN-Friedenstruppen auf dem Golan angerichtet. Aber die waren offenbar überschaubar; zudem handelte es sich allem Anschein nach um Irrläufer. Auch konnte das israelische Militär keine entsprechenden Projektile finden.

Ob sich die Armee dennoch zu einem Gegenschlag entschloss, ist umstritten. Medienagenturen zitieren Berichte, denen zufolge Israel einen Angriff auf syrische Armee-Einheiten ausgeführt habe. Dabei sei ein syrischer Soldat ums Leben gekommen. Die israelische Armee bestreitet, dass es einen solchen Angriff gegeben habe. Offenbar hat die Armee aber schon vorher syrische Stellungen angegriffen. Das berichtet die israelische Zeitung "Haaretz" unter Berufung auf das Militär. Dabei sollen ein syrischer Militärlastwagen und zwei Artilleriegeschütze getroffen worden sei. Auch dabei habe es sich auf eine Reaktion auf fehlgeleitete Geschosse auf israelisches Gebiet gehandelt. Im April hatte die israelische Luftwaffe auf einen Beschuss von den Golanhöhen mit einem Angriff auf den Flughafen von Damaskus reagiert. 

Auch am Samstag soll Israel auf fehlgeleitete Geschosse militärisch reagiert haben. Dabei, berichtet "Haaretz" unter Berufung auf syrische Medien, seien zwei Menschen getötet worden.

Nach dem Angriff hatte die syrische  Armee eine Erklärung veröffentlicht. Darin verurteilte sie die israelische "Aggression". Zugleich warnte Syrien Israel davor, "ein solches Verhalten zu wiederholen".

Im Gefecht: Rebellen beschießen die syrische ArmeeBild: Reuters/A. Al-Faqir

Israelisch-jordanische Zusammenarbeit

Die Irrläufer und Gegenattacken sind ein deutlicher Hinweis darauf, wie angespannt die Lage in Israels nördlichem Grenzgebiet ist. Die Aufmerksamkeit des Militärs richtet sich nicht nur auf Syrien, sondern auch auf die Grenze zum Libanon. Seit einiger Zeit, berichtet "Haaretz", stimmten sich Israel und Jordanien diplomatisch eng ab. Beide Ländern teilen eine Sorge: dass der Iran sich mit Hilfe seiner Revolutionsgarden aus Syrien immer näher an die Grenze der beiden Ländern heranarbeiten könnte. Auch die Hisbollah, fürchten sie, könnte die Gunst der Stunde nutzen, um sich dauerhaft in Grenznähe zu den beiden Staaten zu positionieren.

Aufmerksam hatte Israel einen iranischen Raketenangriff auf Stellung der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) in der vergangenen Woche verfolgt. Für die Attacken hatte Iran unter anderem Raketen des Typs Zulfiqar eingesetzt. Diese haben eine Reichweite von rund 700 Kilometern. Nun ist das israelische Militär in Sorge, auch die libanesische Terrororganisation Hisbollah könnte in den Besitz dieser Raketen gelangen und damit israelische Stellungen angreifen.

Israel greift Ziele in Syrien an

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Die Botschaft der Raketen

Der Angriff, zitiert das Internet-Magazin "Al-Monitor" einen hochrangigen, namentlich nicht genannten israelischen Offizier, sei eine Warnung vor allem an die sunnitischen Kämpfer in Syrien gewesen. "Aber darin erschöpft er sich nicht. Er war ebenso eine Botschaft an die gesamte Region und die dortigen Akteure - inklusive der US-Koalition und natürlich Israels."

Ebenso sei das Militär über die starke Präsenz schiitischer Kräfte an der syrisch-irakischen Grenze besorgt. "Das weist darauf hin, dass nun ein weiterer Schritt bevorsteht, um einen schiitisch beherrschten Streifen von Teheran bis zum Mittelmeer zu schaffen."

Eine besondere Rolle spielt in diesem Unternehmen offenbar die Hisbollah. An der Grenze zum Libanon baut Israel laut Al-Monitor seine Verteidigungsstellungen massiv aus. Wälle werden aufgeschüttet, Zementmauern hochgezogen, neue Verbindungswege gebaut, Radaranlagen installiert. Zugleich wurden die Kommandoeinheiten zusammengefasst, das mehrschichtige System der Luftverteidigung neu ausgerichtet, Szenarien eines möglichen Krieges durchgespielt.

Israel geht stark davon aus, dass die Hisbollah im Besitz einer hochentwickelten Luftverteidigung ist. Das würde es dem israelischen Militär sehr erschweren, Erkundungsflüge über libanesischem Territorium durchzuführen.

Kampftraining unter realen Bedingungen

Zudem hat die Hisbollah in den zurückliegenden Jahren durch den Krieg in Syrien tausende Kämpfer unter realen Gefechtsbedingungen trainieren können. In Zusammenarbeit mit russischen und iranischen Kräften dürften sie ihre technischen und logistischen Fähigkeiten ausbauen und ihre Kommandostrukturen verfeinern können.

Vor  allem aber hat sich das Aufmarschgebiet der Hisbollah durch die Präsenz in Syrien erheblich ausgeweitet. Ihre Hand könnte absehbar bis an den Golan reichen. Das, so ein Hisbollah-Sprecher gegenüber Al-Monitor, werde die israelische Verteidigung erheblich schwächen: "Eine verbreiterte Front  wird Israel zwingen, seine Truppen über ein weiteres Gebiet zu verteilen, so dass diese ausdünnen. Eine Front, die sich von Naqura (einer libanesischen Ortschaft am Mittelmeer, direkt an der Grenze zu Israel, Anm. d. Red.) bis zum Golan erstreckt, wird Israel im Kriegsfall größere Schwierigkeiten als bislang bereiten."

Auch ideologisch gerüstet: Hisbollah-Anhänger bei einem Umzug im Süden des LibanonsBild: Getty Images/AFPM. Zayyat

Möglichkeiten der Konfliktvermeidung

Zu einer Konfrontation muss es allerdings nicht zwangsläufig kommen. Der Libanon ist geschwächt, nicht zuletzt auch durch die knapp zwei Millionen syrischen Flüchtlinge, die er inzwischen beherbergt. Auch ist in der libanesischen Gesellschaft der Widerstand gegen einen weiteren Krieg der Hisbollah gegen Israel gewachsen.

Umgekehrt würde ein solcher Krieg Israel vor erhebliche Herausforderungen stellen. Offen ist, inwieweit das Militär die Bevölkerung vor Raketenangriffen schützen kann. Zudem mangelt es dem israelischen Militär seit langem an Kampferfahrung auf den Golanhöhen.

Insofern spricht vieles dafür, dass beide Seiten einen Krieg vorerst vermeiden dürften. Tatsache aber ist, dass Iran durch den Syrienkrieg viel näher an Israel heranreicht als je zuvor.

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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