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PolitikAsien

Israel erhöht Druck auf Iran in Syrien

24. Januar 2021

Mit Luftangriffen auf pro-iranische Stellungen im Osten Syriens zeigt Israel, dass es Irans militärische Präsenz nirgendwo in Syrien akzeptiert.

Israel Golan-Höhen Panzermanöver
Israelisches Panzermanöver auf den Golan-Höhen Anfang JanuarBild: JALAA MAREY/AFP/Getty Images

Während die israelische Armee Panzermanöver auf den besetzten syrischen Golan-Höhen abhielt, griff sie am 12. und 13. Januar gleichzeitig in der Provinz Deir ez-Zor im Osten Syriens Stellungen der iranischen Revolutionsgarden und ihrer Verbündeten aus der Luft an. Laut der Publikation "Al Monitor" wurden über 35 Stellungen attackiert, etwa 80 Personen getötet. Es folgten Evakuierungen, Abtransport von Waffen, Sicherung der Unterstände, Ausheben neuer unterirdischer Schutzanlagen, meldet "Al Monitor." 

Die Angriffe, die noch kurz vor der Amtseinführungen des neuen US-Präsidenten Joe Biden ausgeführt wurden, fügen sich in die Strategie ein, die Israel seit Jahren gegen die Präsenz iranischer Kräfte in Syrien unternimmt. Ursprünglich hatten sich diese Kräfte weiter im Süden des Landes aufgehalten, um so nah wie möglich an die Grenze Israels vorzurücken. Doch der Versuch stieß auf entschlossene Gegenwehr Israels, das von Anfang an klar macht, dass es eine flächendeckende und dauerhafte Präsenz iranischer Truppen in Syrien nicht duldet.

Ausweichen an die irakische Grenze

"Das Festsetzen iranischer Stellungen in Syrien verlangsamt sich infolge der Aktivitäten des israelischen Militärs deutlich", hatte Aviv Kochavi, Generalstabschef der israelischen Streitkräfte, Anfang Dezember gegenüber der Zeitung "Jerusalem Post" erklärt. Im Jahr 2020 habe das israelische Militär noch einmal zusätzliche Anstrengungen gegen iranische Stellungen in Syrien unternommen. Sowohl Qualität wie Quantität der Angriffe habe man gesteigert. "Wir haben im vergangenen Jahr rund 500 Stellungen beschossen, dazu kamen zahlreiche verdeckte Missionen", so Kochavi weiter. Unter diesem Druck entschlossen sich die Iraner, ihre Truppen weiter in den Osten Syriens zu verlagern. Allerdings mussten sie angesichts der Angriffe vom 12. und 13. Januar feststellen, dass sie auch dort nicht sicher sind. " Dennoch werde die Option, sich aus Syrien zurückzuziehen, in der iranischen Staatsspitze nicht diskutiert, heißt es in "Al-Monitor."

Israels Armeechef Kochavi: "Irans Militärpräsenz in Syrien eingedämmt"Bild: picture alliance/AP Photo/O. Bality

Bündnisse durch Geld und Glauben

Gleichzeitig mit den Revolutionsgarden wurden auch Kämpfer der von ihnen dirigierten nichtstaatlichen Verbündeten angegriffen, wie die libanesische Hisbollah, die afghanische Fatemiyoun-Brigaden, die pakistanischen Zainebiyoun-Brigaden, aber auch diverse syrische regimetreue Milizen.

Nur wegen Covid auf Distanz: Irans Außenminister Sarif und Syriens Präsident AssadBild: picture-alliance/AP/SANA

Diese Gruppen wurden von Teheran seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs 2011 mit unterschiedlichen Strategien rekrutiert. Syrisch-schiitische Gruppen wurden vor allem mit Hinweisen auf die schiitischen Heiligtümer gelockt, die vor dem "Islamischen Staat" (IS) geschützt werden müssten. Diese nicht zuletzt ideologische Motivation erlaubt es, den so Angesprochenen nur geringfügige Summen auszuzahlen: Die meisten Mitglieder erhielten äußerst niedrige Gehälter, teils gerade einhundert US-Dollar im Monat. Anders gingen die Revolutionsgarden - aus ihrem Budget stammt das Geld - mit den ausländischen Gruppen um. Deren Kämpfer erhalten bis zu 700 US-Dollar.

Um ihre Präsenz in Syrien dauerhaft zu sichern, haben die Revolutionsgarden in Syrien auch eine Reihe von Schulen eröffnet. Durch deren Bau hoffen sie sich der Loyalität der Syrer ebenso zu versichern wie durch kleinere, nach Beginn der der Corona-Pandemie errichtete medizinische Zentren. Dort werden etwa Vitamin-Gaben und Masken verteilt. "Es handelt sich um eine sehr kleine Geste", heißt es in einer Studie der amerikanischen Denkfabrik "Atlantic Council. "Dennoch sahen viele syrische Zivilisten die Geste als sehr bedeutsam an. Manche glaubten sogar, der Iran würde die Syrer niemals wieder verlassen."

Aggressiv oder defensiv?

Zu den Motiven für den Versuch, in Syrien weiträumig Fuß zu fassen, gebe es zwei miteinander konkurrierende Theorien, sagt Iran-Experte Clement Therme vom "Institute d'études politiques de Paris" gegenüber der DW. "Die erste Theorie besagt, dass es dem Land um den Revolutionsexport gehe. Der Iran versteht sich seit 1979 als revolutionärer Staat. Als solcher steht er in Konkurrenz zu den konservativen Staaten der Golfhalbinsel. Anders als sie hat er sich auch die Gegnerschaft zu Israel auf die Fahne geschrieben."

Afghanische Milizionäre im Kampf gegen den IS im IrakBild: picture-alliance/dpa/M. Voskresenskiy

Der anderen Theorie zufolge wolle sich der Iran durch seine militärische Präsenz in Syrien vor den USA und Israel schützen. "Ist der Iran einmal in Syrien präsent, so das Argument, kann er einem Angriff bereits weit im Vorfeld entgegentreten. Aus dieser Sicht dient die Präsenz des Landes in Syrien der nationalen Sicherheit."

Beide Erklärungsmuster für Irans Politik in Syrien spiegeln sich laut dem Pariser Experten Clement Therme im internationalen Auftreten Teherans wider: "Während sich die Regierung in der Regel moderat gibt, zeigt sich das Zentrum um den religiösen Führer Ali Chamenei aggressiv. Daraus resultieren die unterschiedlichen Botschaften, die aus dem Land kommen. Dieser Umstand macht diplomatische Verhandlungen sehr schwierig. Denn um Vertrauen aufzubauen, muss ein Staat mit einheitlicher Stimme sprechen." Genau das tue der Iran aber nicht.

Wenig Begeisterung für Syrien-Engagement

Zugleich verfolgen die Iraner in Syrien auch ökonomische Interessen. Einem Bericht der Nachrichtenseite Bloomberg vom Mai 2020 zufolge hat der Iran zwischen 20 und 30 Milliarden US-Dollar in die Unterstützung von Präsident Baschar Al-Assad und den Kampf gegen den "Islamischen Staat" investiert. "Dieses Geld versucht er nun natürlich wieder zurückzuholen", sagt Clement Thermes. "Zudem hofft man in Teheran, durch die Präsenz in Syrien die US-Sanktionen zu umgehen." Dieses Kalkül sei in der iranischen Gesellschaft allerdings umstritten. "Viele Bürger sind der Ansicht, die Präsenz iranischer Truppen diene dem Iran überhaupt nicht. Für sie ist durchaus zweifelhaft, inwiefern das Land etwa von einem Wiederaufbau Syriens profitieren kann. Tatsächlich muss der Iran ja mit anderen bedeutenden Akteuren, vor allem Russland, konkurrieren."

Trauer um in Syrien gefallene Kämpfer der iranischen Revolutionsgarden Bild: Mizan

 

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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